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Der Puppenfänger (German Edition)

Der Puppenfänger (German Edition)

Titel: Der Puppenfänger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joana Brouwer
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Weckgläser aufbewahrt wurden.
    »Bin ich froh, dass du gekommen bist! Hilf mir auf die Beine. Ich schaff das nicht allein. Ich glaube, ich habe mir das Schienbein gebrochen«, jammerte sie und sah Heide mit schmerzverzerrtem Gesicht an. »Fährst du mich zum Arzt?«
    »Wolltest du Apfelkompott stibitzen und bist dabei hingefallen?«, Heide gab sich die größte Mühe, ihre Stimme neutral klingen zu lassen. Beate würde die Hiobsbotschaft über ihren zukünftigen Ehemann früh genug erfahren. »Ich habe nicht geahnt, dass du eine Meisterin der Vorratshaltung bist und frage mich, wer die gigantischen Massen Erdbeeren, Pflaumen und Karotten essen wird, und auch, wo man heutzutage noch Weckgläser und die passenden Einmachringe kaufen kann.«
    Beate presste die Lippen aufeinander, stöhnte vor Schmerzen laut auf und hielt Heide ihren ausgestreckten Arm entgegen. »Verkohl mich nicht. Hilf mir! Ich kann nicht allein aufstehen.«
    Während Heide sich bückte, um ihr beim Aufstehen zu helfen, überlegte sie, was Beate dazu brachte, gerade jetzt zu verreisen. Sie war schließlich krankgeschrieben, und man konnte nie wissen, welch böses Ende … Noch ehe sie den Gedanken zu Ende gesponnen hatte, sprang Beate blitzschnell auf, stieß Heide mit beiden Fäusten gegen die Brust und warf sich dann unter Einsatz ihrer ganzen Körperkraft auf sie. Heide stürzte rücklings auf den Steinboden und schlug hart mit dem Hinterkopf auf. Als sie sich wieder aufrappeln wollte, breitete sich ein dumpfer Schmerz in ihrer Hand aus und zwang sie auf den Boden. Sie sah Beates Fuß, der auf ihrem Handrücken stand, blieb einen Moment bewegungslos liegen, hob ihren Kopf und blickte in den Lauf einer Pistole, die Beate auf sie gerichtet hatte.
    »Mein Gott, du bist so doof!«, keifte Beate in einer unerträglichen Lautstärke.
    »Was soll das?«, murmelte Heide und fühlte, wie ihr Herzschlag von der Brust über die Halsschlagader in die Stirn kroch und sich dann langsam, aber stetig wild pochend im ganzen Körper ausbreitete. Sie überlegte, wo Beate die Pistole versteckt haben mochte, kam zu dem Schluss, dass sie nur unter dem weiten Rock gewesen sein konnte, und fragte sich fast im selben Moment, ob Beate mit ihrem Kommen gerechnet und sie bereits beobachtet hatte, als sie auf das Grundstück gefahren war. Dabei hörte sie Beates Stimme, zuerst dröhnend, dann leiser, unterlegt von einem rauschenden Ton, der anschwoll, lauter wurde, sich schmerzhaft zuerst in Heides Ohren und anschließend in ihrem Kopf ausbreitete. Sie versuchte, ruhiger zu werden und das stechende Pochen in Hand und Kopf zu ignorieren. Ihr wurde schlecht. Möglicherweise, sann sie, während sie sachte einer Ohnmacht entgegenglitt, hatte sie sich beim Aufprall auf den Estrich eine Gehirnerschütterung zugezogen. Sicherlich musste sie sich gleich übergeben. Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen … Sie hatte zwar einen Dickkopf, wie Dieter immer behauptete, aber er war schließlich nicht aus Stein …
    *
    »Glaubst du ihm?«, fragte Michel, als Dieter und er nebeneinander zurück in den Vernehmungsraum gingen.
    Dieter fuhr sich nachdenklich mit dem Zeigefinger über den Nasenrücken. Er war sich nicht sicher, ob man Thomas Orthes glauben durfte. Seine Aussage deckte sich nicht mit dem Geständnis, dessen Absender angeblich Schöllen gewesen war. Wer war vergewaltigt und misshandelt worden? Alexandra Rosenbring oder ihre Zwillingsschwester Christina? Nach dem, was er soeben von Heide erfahren hatte, war es Alexandra gewesen.
    Sie betraten den Raum, setzten sich wieder, und Michel schaltete erneut das Tonbandgerät ein.
    »Herr Orthes, uns liegt die Information vor, dass auch Alexandras Zwillingsschwester Christina das Opfer einer Vergewaltigung wurde«, begann Dieter fast sanft, die Augen auf das Gesicht seines Gegenübers gerichtet.
    Thomas Orthes schüttelte den Kopf. Er erwiderte Dieters Blick. Einen Moment spielte ein leichtes ironisches Lächeln um seine Mundwinkel, aber es verschwand ebenso schnell, wie es gekommen war. »Das Geständnis ist falsch. Das weiß ich sicher, denn es stammt von mir. Schöllen und Laxhoff haben nicht Christina vergewaltigt, sondern Alexandra. Ich habe ihren Namen nicht genannt, weil ich befürchtet habe, man könnte über ihre Identität eine Verbindung zu mir herstellen.«
    Orthes schwieg und sah nachdenklich vor sich auf die Tischplatte. Er selbst hatte das erpresste Geständnis mit Schöllens erzwungener Unterschrift in den Briefkasten der

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