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Der Puppenfänger (German Edition)

Der Puppenfänger (German Edition)

Titel: Der Puppenfänger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joana Brouwer
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verlassen. Sie legte das Brot in den Einkaufskorb des Rollators, öffnete mit einer Hand die Ladentür und fasste mit der anderen die alte Dame am Arm. »So, Tante Martha, genug gequasselt, jetzt ab mit dir nach Hause. Der Gerald taucht bald wieder auf, und dass du von einer Katze geträumt hast, könnte daran liegen, dass es dem alten Gorhus nicht gutgeht und die Familie mit dem Schlimmsten rechnet.«
    »Das kann nicht sein«, widersprach Tante Martha, als sie den Laden verließ. »Die Katze, dieser Teufelsbraten, hat gefaucht. Der Hermann ist sein Leben lang sanft gewesen. Wenn der stirbt, besucht mich ein verschmustes Kätzchen und keine Wildkatze.«
    Tante Martha verließ den Laden. Sie schob ihren Rollator bedächtig an Heides Golf vorbei über den Parkplatz, stoppte ihn an den Eingangsstufen zur Apotheke, zog ihn einmal schnell zurück, drückte ihn schwungvoll nach vorne und ließ ihn mühelos über die flache Holzrampe rollen. Dann verschwand sie samt ihrer Gehhilfe in der Apotheke.
    »Was möchten Sie denn nun?«, fragte Renate Lübhein barsch.
    »Ich nehme den Bienenstich.«
    »Die Berliner hat mein Mann mir erst am Mittag in den Laden gebracht.«
    »Ich nehme die kleine Platte Bienenstich«, wiederholte Heide.
    »Der Bienenstich ist von heute Morgen, aber auch noch frisch«, murmelte die Ladenbesitzerin, als sie das Gebäck mit einem Tortenheber auf eine Servierpappe legte und alles sehr sorgfältig in Papier einschlug.
    *
    Gleich nachdem die Kundin das Geschäft verlassen hatte, griff Renate Lübhein zum Telefon. Zuerst rief sie Marianne Wanner auf ihrem Festnetzanschluss an, ließ es wenige Male klingeln und legte wieder auf. Mit der Handy-Nummer hatte sie mehr Glück. »Hallo Marianne?«, fragte sie knapp. »Ich sollte dir Bescheid sagen, wenn ich sie sehe.«
    »Ja!«
    »Sie war im Laden, hat Kuchen gekauft. Bienenstich! Obwohl ich ihr die Berliner empfohlen hatte. Sie ist ein Querkopf!«
    »Ja!«
    »Wo bist du?«
    »Ich war auf dem Friedhof und steige gerade ins Auto ein.«
    »Wenn du dich beeilst, triffst du sie vor der Apotheke. Sie trägt ein graues Kostüm, schwarze Pumps, rotes T-Shirt, gewelltes, brünettes Haar. Sie unterhält sich mit Tante Martha und hört sich mit großem Interesse deren Gruselgeschichten an.«
    »Hmm.«
    »Sie ist neugierig und nimmt, glaube ich zumindest, kein Blatt vor den Mund.«
    »Ich danke dir, Renate«, murmelte Marianne Wanner. Sie beendete das Gespräch und rief Simone Schöllen an.
    »Sie ist da, Simone. Ich sehe sie. Sie spricht mit Tante Martha.«
    »Ich habe Angst, Marianne.«
    »Du musst keine Angst haben.«
    »Nein.«
    »Ist Richard noch bei dir?«
    »Ja.«
    »Grüß ihn und sag ihm, dass er vorsichtig sein soll.«
    »Er möchte dich sprechen, Marianne!«
    *
    Tante Martha verließ die Apotheke in dem Moment, in dem Heide sich auf die Zehenspitzen stellte und versuchte, über die bunten Rollos hinweg ins Innere des Verkaufsraums zu schauen. Sie fasste Heide am Arm, blickte sie aus ihren graublauen Augen an und fragte:
    »Warum so neugierig, junge Frau? Was fehlt jetzt noch?«
    »Kopfschmerztabletten«, erwiderte Heide und lächelte.
    »Da schau einer an. Eine Reise aufs Land. Und wofür? Für ein paar Tabletten!«
    »Ich möchte bei meiner Bekannten einen netten Kurzurlaub verbringen. Sie heißt Beate Buttenstett. Vielleicht finde ich endlich Zeit zum Wandern und Radfahren.«
    »Soso, junge Frau. Sie gucken sich also nur die Gegend an. Sie wolln hier niemanden aushorchen, und Sie sind auch nicht neugierig?«
    »I wo!«, wehrte Heide ab.
    »Sicher wolln Sie die Menschen kennenlernen, die hier im Dorf wohnen?«
    »Selbstverständlich interessieren mich die Menschen, die hier wohnen.«
    Die alte Dame lachte laut. »Wie heißt du?«
    »Ich heiße Heide, und Sie dürfen mich duzen.«
    »Fein! Heide! Besuch mich mal. Beate erzählt dir, wo du mich finden kannst. Oder du fragst einfach irgendjemanden, der dir hier übern Weg läuft, wo ich wohn. Ich mache uns ’ne leckere Tasse Tee. Das kann niemand so gut wie ich, und dann sprechen wir über all die Dinge, die du wissen willst.«
    »Dinge, die ich wissen will? Woher wissen Sie, was ich wissen will?«
    »Ich weiß es, mein Kind, glaub mir, ich weiß es. Ich geh jeden Dienstag zu Dörte. Kennst du Dörte schon?« Sie machte eine Kopfbewegung zum Friseurgeschäft. »Siehst du die kleine Rothaarige hinter der Kasse? Das ist Dörte, Renates Schwägerin. Hier sind alle miteinander verwandt.«
    »Sind Sie auch mit Beate

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