Der Purpurkaiser
Andererseits hatte er sich das ganze Labyrinth hindurch schon so aufgeführt, als machten sie einen Ausflug zum Vergnügungspark.
»Wahrscheinlich eine riesige Spinne«, murrte Henry missmutig. Typisch, dachte er, schon wieder so ein Vieh.
Aber das Ding, das dann aus dem Halbdunkel angeschossen kam, war keine riesige Spinne.
Neunzig
D as machte Spaß, fand Brimstone. Jetzt, wo Beleth hier war, machten die Dämonen brav, was sie zwecks Errichtung des zweiten Portals gesagt bekamen.
Und was das für ein Portal war! In seinem ganzen Leben hatte Brimstone nichts auch nur annähernd Vergleichbares gesehen. Es war riesig. Die meisten Portale erlaubten nur ein oder zwei Personen zugleich den Durchgang. Hier aber spannte sich ein alles überragender Torbogen durch das Hauptschiff, in den bereits zehn Personen nebeneinander passten. Beleth plante offensichtlich eine regelrechte Invasion.
Die Dämonen schufteten wie die… nun ja, wie die Teufel. Bizarre Holzgerüste waren im Handumdrehen hochgezogen und ebenso schnell wieder abgebaut. Ziegel klackte auf Ziegel, Stein krachte auf Stein, Metallscheiben wurden einzementiert und durch die gesamte Konstruktion schlängelte sich Kupferdraht. Es war ein nagelneues Modell. Bestimmt hatte Beleth in Hael schon einen Prototyp bauen lassen, denn er instruierte seine Mannschaft routiniert bis in die kleinsten Einzelheiten.
Drei Dämonen zerrten ein langes Kabel in die Kirche und verbanden es fachmännisch mit dem neuen Portal. Sie eilten herbei und warfen sich zu Beleths Füßen in den Staub.
»Fertig, Eure Herrlichkeit«, sagte einer.
Beleth streckte die Hand aus und legte einen Schalter um. Ein dicker blauweißer Blitzstrahl prasselte das Kabel entlang. Als er das Portal erreichte, loderte das Drahtgeflecht auf und zerschmolz und hinterließ ein grün leuchtendes Kraftfeld zwischen den Säulen.
Die bewaffneten Dämonen marschierten in dichten Reihen darauf zu.
Einundneunzig
P alaemon hob seine Lanze und Nymph trat mit ihrem Bogen vor.
Henry schrie panisch auf. »Nicht schießen! Nicht schießen!« Zum Schießen aber war es bereits zu spät. Flapwazzle hing an Henry wie ein Brusthaartoupet und alles, was Flapwazzle getroffen hätte, hätte auch Henry verletzt. »Es ist Flapwazzle!«, rief Henry und umarmte den Endolg. »Es ist Flapwazzle!«
»Lasst gut sein«, sagte Pyrgus. »Das ist ein Endolg.« Er grinste. »Na, du!«
Palaemon und Nymph traten widerstrebend zurück.
»Es ist Flapwazzle«, sagte Henry noch einmal und strahlte. »Ich dachte, du wärst tot, Flapwazzle. Wie – was machst du hier?«
»Deinen Arsch retten«, sagte Flapwazzle säuerlich. »Wie immer.«
Henry lauschte begierig jedem Wort, als Flapwazzle ihnen erzählte, was passiert war. Die Flutwelle in der Kanalisation hatte den Endolg an Henrys Zuflucht vorbei immer weiter die Röhren hinuntergetragen, bis er an einen Rechtsknick gekommen war und ins Mauerwerk geschmettert wurde. Als Flapwazzle das Bewusstsein wiedererlangte, trieb er im Fluss.
»Endolgs ertrinken nicht so schnell«, erklärte er ernst. »Erst mal brauchen wir ohnehin nicht so viel Luft und außerdem können wir auch dem Wasser ein bisschen Sauerstoff entnehmen wie Fische. Wir sterben zwar unter Wasser irgendwann, aber das dauert eine Weile.«
»Und was hast du dann gemacht?«, fragte Henry aufgeregt. »Nachdem du im Fluss zu dir gekommen bist?«
»Bin ans Ufer geschwommen«, sagte Flapwazzle. »Was denkst du denn?«
Und das nächst gelegene Ufer war das der Palastinsel. Flapwazzle ließ sich von der Sonne trocknen – Endolgs sind noch langsamer, wenn sie klatschnass sind –, dann kehrte er in der Hoffnung, Henry zu finden, zum Palast zurück.
»Das war sehr mutig von dir«, sagte Henry und lächelte Flapwazzle an. »Wo Quercusia dich doch hatte einsperren lassen.«
Flapwazzle machte eine Wellenbewegung, die Henry als Schulterzucken verstand. »Quercusia besitzt die Aufmerksamkeitsspanne eines Kopfsalats. Außerdem ist sie inzwischen selbst wieder eingesperrt.«
Comma fragte: »Mutter ist wieder eingesperrt?« Er sah erleichtert aus.
»Was ist passiert?«, fragte Henry.
»Ich bin mir nicht sicher.« Flapwazzle war von Henry hinuntergeglitten und redete jetzt vom Boden aus mit ihnen. »Irgendjemand meinte, der Befehl sei von Cossus Cossus gekommen, Lord Hairstreaks Torwächter.«
Pyrgus sah Blue an. »Hairstreak hat wahrscheinlich kapiert, dass sie den Ärger, den sie macht, gar nicht wert ist.«
»Sie ist
Weitere Kostenlose Bücher