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Der Purpurkaiser

Titel: Der Purpurkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbie Brennan
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jedes Flüstern nach draußen in die winkeligen Flure. Nirgendwo im ganzen Palast war ein Gespräch unter vier Augen weniger möglich.
    Pyrgus’ Blick wurde langsam wieder klarer. »Schon gut, Blue«, sagte er leise. »Dann gehen wir eben in Vaters Gemächer.«
    Es waren längst seine Gemächer; er war schließlich der designierte Kaiser. Was war denn los mit ihm? Was träumte er mitten in der Nacht im Thronsaal vor sich hin? Aber immerhin: Sein Vorschlag war vernünftig. Die Kaiserlichen Gemächer waren permanent gegen Lauschzauber geschützt.
    Sie gingen schweigend nebeneinanderher, die salutierenden Wachen nahmen sie kaum wahr. Als sie sich den Wohnräumen näherten, kamen all die grauenhaften Erinnerungen in Blue wieder hoch. Jedes Mal, wenn sie die Gemächer betrat, musste sie wieder daran denken, glaubte sie das Blut ihres Vaters riechen zu können. Es schnürte ihr die Kehle zu, aber sie ließ sich nichts anmerken.
    Pyrgus schloss die Tür. »Was ist denn los?«
    »Ich kann den Torhüter nirgends finden«, sagte Blue.
    Schon wieder dieser verträumte Gesichtsausdruck. »Ist das alles? Mr Fogarty ist in der Gegenwelt. Er wird morgen früh wieder zurück sein.«
    »Nein, das ist nicht alles!«, sagte Blue zornig. Aber ihre Neugierde überwog: »Was macht er denn in der Gegenwelt?«
    »Ich hab ihn gebeten, Henry zu meiner Krönung einzuladen«, sagte Pyrgus. »Ich möchte, dass der mein Hochedler Gefährte wird – hab ich dir doch erzählt.«
    »Warum ist er dann bis morgen weg?«
    »Henry?«
    »Nein, Pyrgus – Mr Fogarty! Was ist denn los mit dir?«
    Pyrgus zuckte die Schultern. »Er hat noch eine persönliche Angelegenheit zu regeln.«
    »Was für eine persönliche Angelegenheit?«
    »Hab ich ihn nicht gefragt.«
    Blue schloss kurz die Augen; sie hätte platzen können. Pyrgus war es anscheinend völlig egal, was um ihn herum vorging – selbst wenn es einen so wichtigen Würdenträger wie den Torhüter betraf.
    »Hör mal, Blue, ich bin ein bisschen müde; wenn das also alles ist, was du von mir wolltest, dann sollten wir lieber – «
    »Das ist natürlich nicht alles. Jemand hat vor, dich zu ermorden.«
    Nicht einmal das vermochte ihn aufzurütteln. Er fragte nur: »Und wer?«
    »Das weiß ich nicht. Wenn ich es wüsste, hätte ich ja wohl gesagt: Lord Hairstreak hat vor, dich zu ermorden, oder: Der Herzog von Burgund hat vor, dich zu ermorden, oder? Tatsächlich weiß ich nicht einmal mit Sicherheit, dass du gemeint bist, aber es erscheint mir am wahrscheinlichsten.«
    Auf einmal war Pyrgus wieder der Alte. Er runzelte die Stirn. »Noch mal von vorn, Blue. Das muss ich ganz genau wissen. Was hast du gehört und von wem?«
    Blue griff spontan nach seinem Arm. »Ach, Pyrgus, als wir den Aufstand der Nächtlinge niedergeschlagen haben, hab ich gedacht, dass damit alles aufhört. Aber es hört nicht auf, stimmt’s? Und jetzt haben wir nicht einmal mehr Vater, der sich um alles kümmert.«
    Ein seltsamer Ausdruck huschte über Pyrgus’ Gesicht. Er machte sanft seinen Arm frei und legte ihn seiner Schwester um die Schultern. »Nein, Blue, es hört nicht auf. Und es wird, glaube ich, auch nie ganz aufhören. Aber vielleicht wird es besser. Erzähl mir, was du gehört hast.«
    »Ein Mitglied der Kaiserlichen Familie soll ermordet werden. Ich fürchte, damit bist du gemeint – ich wüsste nicht, wer sonst.«
    »Du«, sagte Pyrgus. »Oder Comma.«
    »Du bist der designierte Kaiser«, sagte Blue.
    Pyrgus nickte. Er ging zu dem bequemen ledernen Ohrensessel, den sein Vater so geliebt hatte, und setzte sich. Er gähnte. »Entschuldige, Blue, ich habe einen langen Tag hinter mir.« Er nickte erneut und wirkte sehr nachdenklich. »Du hast wohl Recht – am wahrscheinlichsten ist es, dass ich das Ziel bin.« Er sah auf. »Und du hast keinerlei Informationen darüber, wer dahintersteckt?«
    Blue schüttelte den Kopf. »Nein. Bis jetzt nicht.«
    »Wird wohl Lord Hairstreak sein.« Er klang nicht nur müde, er klang alt. Wie er dort in dem Ohrensessel saß, so zusammengesunken und mit diesem Ausdruck im Gesicht, sah er plötzlich total wie ihr Vater aus.
    »Das denke ich auch.«
    Pyrgus hob den Kopf, noch eine Geste, die sie schmerzlich an ihren Vater erinnerte. »Ist deine Quelle vertrauenswürdig?«
    »Madame Cardui«, sagte Blue. Sie legte ihre Quellen nur selten offen, aber vor Pyrgus hatte sie keine Geheimnisse.
    »Die Bemalte Dame? Der vertraue ich.«
    »Ich auch.«
    »Sie versucht doch bestimmt, noch mehr

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