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Der Purpurkaiser

Titel: Der Purpurkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbie Brennan
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gehorchen, als ob er eine Marionette war, die an ihren eigenen Fäden zog.
    Aber das Schlimmste war die Stimme in seinem Kopf.
    »Um es einmal auf den Punkt zu bringen«, sagte sie gerade in einem durchdringenden, schrillen Ton, der einen schier verrückt machen konnte, »wir stellen keine getrennten Wesen mehr dar, sondern eine Verschmelzung. Jawohl, eine Verschmelzung von Körper und Geist, manche würden auch noch die Seele mit anführen, die Seele oder die Psyche, falls es da einen Unterschied gibt, aber hier betreten wir den Bereich der Theologie, nicht wahr, denn es gibt ja Völker – die Halekclans zum Beispiel –, die die Existenz einer seelischen Dimension gänzlich bestreiten. Folglich sollten wir – « Und so weiter und so weiter, ohne Ende immer weiter.
    »Jetzt sei doch endlich still, still, still!«, kreischte Chalkhill lautlos. Der Wurm hatte seit seiner Einführung pausenlos geredet. Wenn das noch lange so weiterging, wurde er wirklich verrückt. »Warum hält dieses Viech nicht einfach die Klappe?«, fragte er den Larvenmeister.
    »Der Wurm? So sind sie eben. Die meisten Leute gewöhnen sich schließlich daran.«
    »Die meisten?«, wiederholte Chalkhill. »Und was ist mit denen, die sich nicht daran gewöhnen?«
    »Die hängen sich auf.«
    »Was ein interessantes Rechtsproblem aufwirft«, sagte der Wurm in Chalkhill, der die gesprochene Unterhaltung eindeutig verfolgt hatte. »Handelt es sich dann um Selbstmord oder Mord? Manche Rechtsanwälte sind der Ansicht, dass die symbiotische Beziehung letzten Endes ein neues Wesen hervorbringt, woraus folgt, dass das Sichaufhängen einzig einen Akt der Selbsttötung darstellt. Andere jedoch halten dagegen, dass die zwei fühlenden Wesen – Wangaramas und Elf – zwar miteinander verbunden sind, aber weiterhin eigenständige Persönlichkeiten bleiben, in welchem Falle der Selbstmord des einen die Ermordung des anderen mit einschließt. In dem Fall Jessup gegen Trentonelf hat der ehrenwerte Richter Bedstraw darüber hinaus auf die Möglichkeit einer verborgenen Einflussnahme vonseiten des Wangaramas hingewiesen, was das Schreckgespenst der Sterbehilfe auf den Plan bringt, die selbst eine Straftat darstellt, wenn das Strafmaß auch geringer ist als bei Mord ersten Grades, und nichtsdestotrotz – «
    »Kann man sich den Wurm nicht einfach wieder rausnehmen lassen?«, fragte Chalkhill, der verzweifelt versuchte, den inneren Monolog zu überhören. »Kann ich mir den Wurm nicht einfach wieder rausnehmen lassen?« Er würde es vielleicht gerade lange genug durchstehen, um Pyrgus bei seiner Krönung ermorden zu können, aber keine Stunde länger, dann würde der Wurm rausmüssen.
    »Ich fürchte, die Entfernung ist ein wenig vertrackter als die Einführung. Der Vorgang dauert etwa sechs Monate.«
    »Sechs Monate?«, explodierte Chalkhill. »Ich kann dieses Quasselvieh unmöglich sechs Monate lang mit mir herumtragen!«
    Am Eingang zur Sporthalle gab es etwas Unruhe, als sich ein Bote in Hairstreak-Livree arrogant an den Wachen vorbeischob.
    »Dies alles stellt die Situation freilich nur aus elfischer Sicht dar«, sagte der Wurm gerade, »aber wir könnten einen frischen Blick auf die Situation gewinnen, wenn wir, um es einmal so auszudrücken, die andere Seite der Gleichung aufmachen. Auf dem diesjährigen Internationalen Wangarami-Kongress oder IWaKon, wie er der Bequemlichkeit halber genannt wird, gab es eine faszinierende Debatte zu diesem – «
    Larvenmeister Wainscot brachte einen mitfühlenden Blick zustande. »Sechs Monate ist tatsächlich eine vorsichtige Schätzung«, erklärte er. »Aber die einzige andere gangbare Alternative ist ein chirurgischer Eingriff, der leider einen von drei Wirten das Leben kostet. Nicht gerade zu empfehlen.«
    »Wer von Ihnen ist Chalkhill?«, fragte der Bote laut.
    »Er.«
    »Eine scheinbar einfache Frage, um die jedoch, wie wir Wangarami sagen, ›der Mensch drum ist‹. Denn zunächst einmal müsste definiert werden, was Identität eigentlich ausmacht, und das sieht auf den ersten Blick zwar ganz leicht aus, aber – «
    »Ich.« Was denn nun schon wieder?, fragte Chalkhill sich. Was hatte Lord Hairstreak denn jetzt noch mit ihm vor?
    »Lord Hairstreak lässt seine Grüße ausrichten«, sagte der Bote steif, »und hat mir aufgetragen, Sie darüber in Kenntnis zu setzen, dass er Ihrer Dienste in der bezeichneten Angelegenheit wegen einer unvorhergesehenen Wendung nicht länger bedarf. Kurz gesagt, die Operation wurde

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