Der Rabbi schoss am Donnerstag
Wachen.»
«Das ist richtig. Aber wir haben keine bewaffneten Wachen. Und die Kassierer haben strengste Anweisung, sie nicht zu benutzen.»
«Ja, aber warum haben Sie sie dann überhaupt?»
«Weil eine Waffe den Männern ein Gefühl der Sicherheit verleiht. Wenn jemand kommt und die Bank ausrauben will, erwartet man nicht, dass sie die Helden spielen. Aber falls alles außer Kontrolle gerät und jemand wild in der Gegend rumballert …»
«Warum haben Sie den Revolver dann nicht mitgenommen, als Sie gingen?», fragte Lanigan.
«Weil ich keinen Waffenschein habe.»
«Wieso?», fragte Jennings. «Ein Meisterschütze wie Sie, und außerdem Bankier?»
Gore lächelte. «Eben aus diesem Grund. Ich könnte mich genötigt fühlen, die Waffe zu gebrauchen, und später würde ich es dann bereuen. Deswegen umgehe ich diese Möglichkeit, indem ich keinen Waffenschein beantrage. Ich wollte Sie am Montagmorgen anrufen, damit Sie jemanden schicken und die Waffe wieder zur Bank bringen lassen.»
«Zu schade, dass Sie nicht gestern Abend angerufen haben, sobald Sie merkten, dass der Junge sie mitgenommen hatte. Dann wäre Jordon jetzt vielleicht noch am Leben.»
25
«War es etwas Ernstes? War es wirklich ein Notfall, David?», fragte Miriam, als der Rabbi nach Hause kam.
Er schüttelte den Kopf. «Nichts als die krankhafte Phantasie einer einsamen und verbitterten alten Frau.» Er lächelte. «Unter anderem beschuldigte sie ihre Schwiegertochter, ein Komplott gegen mich angezettelt zu haben. Kennst du sie überhaupt?»
«Molly Mandell? Na ja, ich sehe sie, wenn ich am Ersten des Monats deinen Scheck zur Bank bringe, und dann sehe ich sie gelegentlich bei Zusammenkünften der Schwesternschaft. Sie kann manchmal ganz schön freimütig sein, vor allem, wenn es die Rechte der Frauen angeht. Nach allem, was ich gehört habe, zählt sie nicht zu deinen Verehrerinnen.» Sie zögerte; dann fügte sie hinzu: «Es heißt, die Mandells sind mit den Maltzmans befreundet.»
«Was ist so schlimm daran?»
«Schlimm? Gar nichts, glaube ich, aber es ist doch merkwürdig, weil die Maltzmans so viel älter sind als die Mandells.»
«Und was hat das, deiner Ansicht nach, zu bedeuten?»
«Nun ja, Henry Maltzman mag dich nicht, David. Das merke ich jedes Mal, wenn er herkommt. Spürst du das nicht?»
«Doch, ich habe es bemerkt. Wie du gesagt hast, er hat sich verhalten wie die Offiziere, vor allem wie die unteren Offiziersgrade, als ich Kaplan in der Army war. Und Henry Maltzman ist auch heute noch ganz Offizier. Die gaben damals zähneknirschend zu, dass wir vom Chaplain’s Corps wohl dazu beitrügen, die Moral der Truppe aufrechtzuerhalten, und dass wir daher bis zu einem gewissen Grade nützlich seien. Davon abgesehen jedoch gab es überhaupt keine Verständigung. Ich glaube, sie ärgerten sich darüber, dass sie uns keine Befehle geben konnten, obwohl sie einen höheren Dienstgrad hatten. Genau wie, glaube ich, beim Medical Corps. Ein Captain von den Medizinern erzählte mir einmal, dass er jedes Mal, wenn er einem Colonel von der Infanterie befohlen hätte, das Hemd auszuziehen, er mindestens eine Minute abgewartet hätte, bis das Zähneknirschen abklang und er etwas durchs Stethoskop hören konnte. Ja, ich glaube, Henry Maltzman würde einen willfährigeren Rabbi vorziehen. Er würde vielleicht sogar versuchen, etwas in dieser Hinsicht zu unternehmen. Überraschen würde mich das nicht.»
«Und was willst du dagegen tun?»
«Gar nichts», antwortete er schlicht. «Ich kann nichts tun.»
Sie ärgerte sich über ihn. «Soll das heißen, dass du aufgibst? Du hast schon früher mal Schwierigkeiten mit Vorsitzenden gehabt, aber da hast du dich gewehrt, und …»
«Diesmal ist es etwas anderes», entgegnete er.
«Wieso ist es anders?», wollte sie wissen.
«Jetzt haben sie einen Vorstand mit nur fünfzehn Mitgliedern, und da genügen acht Stimmen, um meinen Vertrag nicht zu verlängern.» Er lächelte bedrückt. «Vielleicht habe ich mich selbst in die Falle manövriert, als ich den Vertrag auf Lebenszeit ablehnte. Obwohl, selbst wenn ich einen lebenslangen Vertrag hätte, könnten sie mich immer noch ganz einfach loswerden, indem sie für etwas stimmen, das ich auf gar keinen Fall dulden kann. Aber jetzt ist es eben noch leichter für sie.»
«Und du willst nichts unternehmen?»
«Was kann ich tun? Die einzelnen Vorstandsmitglieder bitten, mich nicht zu feuern? Und wie wäre meine Position dann?»
«Was willst du denn aber
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