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Der Rabbi schoss am Donnerstag

Der Rabbi schoss am Donnerstag

Titel: Der Rabbi schoss am Donnerstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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kann mich der Stimme enthalten. Aber solange ich Mitglied dieses Vorstands bin, halte ich es für meine Pflicht, mich in finanziellen Fragen zu engagieren. Vielleicht ist das nicht richtig, aber so denke ich nun mal.»
    «Ach was, Mike, vertagen wir’s doch!», rief jemand.
    «Sicher! Was soll das Hin und Her? Herb möchte eine Woche Zeit, um sich die Aufstellung anzusehen. Warum nicht? Ich hätte eigentlich gern selber auch ein bisschen mehr Zeit.»
    «Ist es nicht egal, ob jetzt oder nächste Woche?»
    Andelman sah sich unsicher um. «Nun ja, wenn der Vorstand allgemein es so will …»
    Rasch ließ Maltzman darüber abstimmen. «Alle, die für die Vertagung der Diskussion über das Budget sind, sagen Ja. Alle, die dagegen sind, sagen Nein. Die Ja-Stimmen haben gewonnen.»
    Als die Sitzung kurz darauf geschlossen wurde, winkte Maltzman Herb Mandell, er möge doch auf ihn warten. Als die anderen durch den Korridor zum Parkplatz hinausgegangen und die beiden allein im Zimmer zurückgeblieben waren, sagte Maltzman: «Ich wollte Ihnen nur sagen, Herb, dass Sie Ihre Sache einfach fabelhaft gemacht haben. Diese Idee, zu erklären, es verstoße gegen Ihre Prinzipien als Buchhalter, die war –» er suchte nach dem richtigen Wort –, «die war genial. Und jetzt verstehen Sie sicher auch, warum ich wollte, dass Sie das tun. Wäre der Einwand von einem meiner Freunde gekommen, hätte die Gegenseite Unrat gerochen. So aber – nichts!» Er zwinkerte ihm zu und knuffte ihn spielerisch in den Arm.

31
    Als der Anruf am Montagmorgen kam, war sein erster Impuls, Jennings, McLure oder sogar Sergeant Holcombe zu schicken. Aber es war schönes Wetter, ein kühler Tag Anfang November, und so fand er dann, er werde einen Tag in Boston vermutlich genießen, vor allem, weil er einmal vom Büro wegkam, obwohl das bedeutete, dass er nach Hause fahren und sich in Zivil werfen musste, da er das für passender hielt, wenn er außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs etwas zu tun hatte.
    Schon als er die Halle betrat, registrierte sein erfahrener Verstand das Bürogebäude automatisch als zweitklassig. Es war ein altes Haus, modernisiert mit einem neuen Selbstbedienungslift und imitierter Mahagonitäfelung aus Plastik. Diese Renovierung erstreckte sich jedoch nicht auf die oberen Stockwerke. Dort waren die Flure mit abgetretenen braunen und gelben Linoleumplatten belegt, die sich mit dem kranken Limonengrün der Wände bissen.
    Die Kanzlei von Charles Sawyer, Rechtsanwalt, passte zum Stil des übrigen Gebäudes. Auf dem Fußboden lagen die gleichen braun-gelben Linoleumplatten, und die Wände prangten im selben Limonengrün. Es war ein kleiner Raum mit einem einzigen Fenster, vor dem sich unmittelbar ein anderes Bürogebäude erhob. An einer Wand standen mehrere Stühle und ein kleiner runder Eichentisch, auf dem ein Stapel alter Zeitschriften lag. An einem kleinen Schreibtisch saß eine grauhaarige Frau mit freundlichem Gesicht, die flink irgendeinen Text tippte. Als Lanigan eintrat, hielt sie inne und blickte ihm fragend entgegen.
    «Ich bin Chief Lanigan von der …»
    «Ach ja!» Und mit einer Kopfbewegung zu einer Tür neben ihr, die nur angelehnt war, sagte sie: «Gehen Sie nur hinein. Er hat gerade nichts zu tun.»
    Das innere Büro war zwar ein wenig größer, hatte aber auch nur ein Fenster. An einer Wand stand ein verglaster Bücherschrank mit Gesetzesfolianten, mit Aktenheftern, Papieren und Firmensiegeln auf den unteren Regalen. Vor einem großen, grünen Metallschreibtisch stand ein einziger Besucherstuhl. Sobald mehr als nur ein Mandant anwesend war, mussten die anderen, wie Lanigan vermutete, entweder stehen, oder es wurden Stühle aus dem Vorzimmer hereingeholt.
    Hinter dem Schreibtisch, die Hände auf dem Bauch verschränkt und in seinem Drehsessel wippend, saß Charles Sawyer, ein lächelnder Mann mit rundem Schädel und kleinen Ohren, die so flach anlagen, als seien sie festgeklebt. Seine Haare waren schütter und grau.
    «Ich bin Chief Lanigan von der Polizei Barnard’s Crossing, und …»
    «Können Sie sich ausweisen?»
    «Aber sicher.» Lanigan holte seine Brieftasche heraus und zeigte seine Marke vor.
    Das kleine höfliche Lächeln auf Sawyers Lippen vertiefte sich zu einem richtigen Lächeln. «Wenn es um kriminelle Angelegenheiten geht, muss ich vorsichtig sein», erklärte er. «Ich hatte mal einen Reporter hier, der sich als einer von den Leuten des District Attorney ausgab.» Laut rief er: «Emily, wann war

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