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Der Rabbi schoss am Donnerstag

Der Rabbi schoss am Donnerstag

Titel: Der Rabbi schoss am Donnerstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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Gewiss, wir haben keinen von Ihren Leuten in unserem Club, Rabbi, aber ich glaube auch nicht, dass jemals für einen ein Antrag gestellt worden ist. Merkwürdig ist nur, dass ausgerechnet Larry Gore für Segal gutsagte, und der ist, wie ich hörte, mit Jordon verwandt.»
    «War Gore dabei, als er das sagte?», erkundigte sich Lanigan.
    «O nein!» Dr. Springhurst schüttelte den Kopf. «Manchmal brachte ihn Gore mit her und holte ihn wieder ab, wenn er nach Hause fuhr. Ellsworth fuhr nicht gern im Dunkeln. Aber Gore blieb niemals hier. Er ging immer sofort zum Schießstand hinunter. Er ist ganz wild auf die Schießerei, wie ich hörte. Club-Champion, glaube ich.»
    «Ganz recht. Larry trinkt nicht», bestätigte Megrim. «Ich erinnere mich gut an den Abend, als Jordon über Segal und Ihre Leute im Allgemeinen herzog. Er hasse sie, weil alle Juden Christen geworden seien, und solchen Unsinn. Aber ich habe ihn noch öfter so reden hören. Er machte kleine, garstige Bemerkungen. Na schön, ich mache mit. Ich werde meinen Antrag zurückziehen.» Als ihm ein Gedanke durch den Kopf schoss, sah er Rabbi Small neugierig an. «Ich nehme an, von Ihrem Standpunkt aus war Jordons Tod die Strafe des Himmels für seine Einstellung Ihrer Rasse gegenüber, nicht wahr?»
    «Aber nein!», widersprach der Rabbi schnell. «Dieser Gedanke wäre mir zuwider.»
    Megrim riss die Augen auf. «Wirklich?»
    «Selbstverständlich», antwortete der Rabbi. «Weil die logische Folgerung daraus wäre, dass entweder jeder böse Mensch, der lebt und wohlhabend ist, gar nicht richtig böse ist, oder dass Gott nicht weiß, was er tut.»
    Dr. Springhurst lachte. «Aha, dann glauben Sie also genau wie wir daran, dass die Bösen nach dem Tod bestraft werden.»
    «N-nein, daran glauben wir auch nicht», antwortete der Rabbi. «Das würde heißen, den Menschen seines freien Willens berauben. Wir glauben, dass Tugend ihr eigener Lohn ist und dass das Böse seine eigene Strafe birgt.»
    «Aber wenn er gesund, wohlhabend und glücklich ist?», warf Lanigan ein.
    «Ist er trotzdem reduziert. Durch seine Sünde ist er weniger, als er war. Das ist wie ein Staubkörnchen auf einem feinen Mechanismus. Es hält ihn nicht an, aber es verhindert, dass er mit der Präzision funktioniert, die er ursprünglich besaß. Und jede weitere Sünde und Schlechtigkeit vermindert das Potenzial der Maschine weiter.»
    «Und eine gute Tat ist wie ein Öltropfen auf dem Mechanismus?», fragte Dr. Springhurst.
    «So ungefähr.»
    Megrim warf einen Blick auf die Uhr und stand auf. «Wenn wir pünktlich zur Sitzung kommen wollen, müssen wir jetzt gehen.»
    «Moment noch, Albert», sagte Dr. Springhurst. «Ich möchte den Rabbi nur noch fragen, was er damit meinte, als er sagte, dass Lohn und Strafe nach dem Tod den Menschen seines freien Willens berauben.»
    Der Rabbi, der – ebenso wie Lanigan – auch aufgestanden war, blieb stehen. «Nun», sagte er, «es kommt darauf an, was Sie unter freiem Willen verstehen.»
    «Die Freiheit der Wahl, natürlich. Das Recht, zu wählen …»
    «Zwischen Brot und Toast?», unterbrach ihn der Rabbi herausfordernd. «Zwischen rechts und links an einer Kreuzung? Diese Art von freiem Willen haben die niederen Tierarten. Für den Menschen bedeutet der freie Wille die Freiheit der Wahl, etwas zu tun, von dem er weiß, dass es falsch, böse, schlecht ist, nur, weil es ihm materiellen Vorteil bringt. Aber dazu bedarf es einer fairen Chance, nicht entdeckt und bestraft zu werden. Würde jemand stehlen, wenn er von Polizei umgeben wäre und sicher wüsste, dass er verhaftet und bestraft werden wird? Und andererseits, wie viel ist eine gute Tat wert, wenn man des Lohnes sicher ist? Da Gott angeblich allsehend und allwissend ist, bleibt keine Übertretung unentdeckt, bleibt keine gute Tat verborgen. Was für ein freier Wille ist denn das? Wie unterscheidet er sich von dem freien Willen der Versuchsratte, die mit Futter belohnt wird, wenn sie in einem Irrgarten den einen Weg wählt, und einen elektrischen Schock erhält, wenn sie den anderen wählt?»
    «Und was geschieht denn Ihrem Glauben zufolge nach dem Tod?»
    Der Rabbi lächelte. «Wir geben nicht vor, das zu wissen.»
    Dr. Springhurst machte ein nachdenkliches Gesicht. «Ein überaus interessanter Standpunkt.» Er erhob sich und reichte Rabbi Small die Hand. «Sagen Sie, trinken Sie auch gelegentlich mal ein Glas? Oder verstößt das gegen Ihre Prinzipien oder Ihre Religion?»
    «Nein, nein, ich trinke

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