Der Rache dunkle Saat - Booth, S: Rache dunkle Saat - One Last Breath
und wurden in der Phantasie nicht nur mit dem Teufel, sondern auch mit sämtlichen frevelhaften Bräuchen assoziiert, die sich die Leute vorstellen konnten – einschließlich Kannibalismus.
In diesem Ruf mussten sich die Zigeuner und Landstreicher geaalt haben, die sich jedes Jahr zum Beggars’s Banquet versammelt hatten. Wahrscheinlich hatten sie den Mythos sogar gepflegt, da sie wussten, er würde dafür sorgen, dass man sie in Ruhe ließ.
Ein tiefes Grollen, das Cooper bereits seit längerem gehört hatte, kam näher, und am Himmel über Castleton waren Blitze zu sehen. Er legte die Hand auf den Griff des schmiedeeisernen Tors. Eigentlich hätte das Tor mit einer Kette und einem Vorhängeschloss gesichert sein sollen, doch es öffnete sich fast wie von selbst, als er es berührte. Auf der ersten Terrasse,
deren Oberfläche vom Wasser aufgeweicht worden war, das von der Felswand herunterlief und vom Eintrittskartenhäuschen abprallte, sah er mehrere Fußabdrücke.
»Kommt nicht in Frage«, sagte er. »Ich gehe da auf keinen Fall noch mal rein. Nicht alleine und nicht im Dunkeln.«
Als er nach seinem Handy tastete, fiel ihm ein, dass er den ganzen Weg zurück in den Ort hätte gehen müssen, um Empfang zu haben. Oder aber er hätte jemanden überreden müssen, ihn ins Haus zu lassen.
Cooper wollte sich gerade vom Tor abwenden, hielt jedoch in der Bewegung inne. Die letzten Lichtfetzen der Lampen am Weg reichten ein kurzes Stück hinter das Eintrittskartenhäuschen, ehe sie von der Finsternis in der Höhle verschluckt wurden. Nachdem sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte er die Umrisse der zurückgelassenen Seiler-Ausrüstung auf den Terrassen erkennen – die Schlitten und die Haspeln sowie die Winde mit ihren rotierenden Haken.
Und wenige Meter weiter hinten auf der obersten Terrasse sah er an einem der Rollenpfosten eine zusammengesackte menschliche Gestalt, die sich nicht bewegte.
Als er seine Taschenlampe hervorholte und ihren Strahl auf die Gestalt richtete, erkannte er einen gekrümmten Rücken in einer dunklen Jacke und Beine, die in einem unnatürlichen Winkel auf dem Boden lagen. Die Gestalt befand sich am Rand der Dunkelheit, die zum Devil’s Dining Room führte, und er wusste, dass er nichts Lebendiges vor Augen hatte.
Vorsichtig näherte sich Cooper über die Terrasse der Gestalt. Er berührte sie an der Schulter und verspürte dabei bereits vor Aufregung ein Prickeln, da er wusste, dass irgendetwas nicht stimmte. Als er die Hand auf den Stoff legte, gab dieser nach, und seine Finger drangen in die Schulter ein, als bestünde sie aus Stroh. Die Gestalt kippte zur Seite. Aus ihren Ärmeln fiel Staub, und als sie ihm ihr blasses, unförmiges Gesicht
zuwandte, starrten aufgemalte Augen an ihm vorbei an die von Ruß geschwärzte Decke.
Irgendwo in der Dunkelheit der Höhle hörte Cooper ein metallisches Kratzen, das vom Spannen einer kräftigen Feder verursacht wurde.
»Legen Sie die Taschenlampe hin, und drehen Sie sich um«, sagte eine Stimme. »Oder Sie sind genauso tot wie diese Puppe.«
41
Vor der Speedwell Cavern konnte Diane Fry die Straße sehen, die zum Winnats Pass hinaufführte. Die Flanken des Passes hatten eine sonderbare Form, doch dafür gab es ohne Zweifel einen guten geologischen Grund. Korallenriffe und tropische Lagunen – unglaublich, aber wahr.
Ben Cooper hatte ihr außerdem erzählt, dass die alte A625 von Erdrutschen am Mam Tor zerstört worden sei. Es fiel ihr schwer, das zu glauben, nachdem sie den größten Teil ihres Lebens zwischen Straßen verbracht hatte, die sich nicht vom Fleck rührten. Doch von der Speedwell Cavern aus sah sie die erodierten Hänge des Hügels, wo der Schiefer von den gewaltigen Niederschlagsmengen, die in dieser Gegend fielen, gelockert worden war. Selbst sie erkannte, dass Tausende Tonnen Fels ins Tal hinuntergerutscht waren, die Straßen mitgerissen und die meterbreite Asphaltfläche in Stücke zerbrochen hatten.
Ein Mitarbeiter der Höhlen-Betreiberfirma wartete in einem Raum am oberen Ende einer steilen Treppe auf sie. Er bestand darauf, dass sie weiße Schutzhelme aufsetzten, von denen ein ganzer Haufen auf dem Tisch lag.
»Haben Sie bei uns angerufen?«, fragte Fry.
»Ja.«
»Und wie ist Ihr Name, Sir?«
»Page.«
»Mr. Alistair Page?«
»Das ist richtig.«
Fry musterte ihn einen Augenblick lang.
»Ich würde mich später gerne noch mit Ihnen unterhalten, Mr. Page«, sagte sie.
Ein Führer eskortierte
Weitere Kostenlose Bücher