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Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Titel: Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Poore
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Titel dieser Lieutenant trug oder wo genau sein Platz im Räderwerk der Assurance Mutual war, doch die Mitarbeiter sahen, dass er genügend Mumm hatte, Fish zu widersprechen, ohne dass er in den Hintern getreten wurde. Ansonsten schien er von den gleichen Halbwahrheiten und Märchen umgeben wie der Big Boss persönlich. Manchmal traf man ihn in Zimmern an, obwohl niemand ihn hatte eintreten sehen, und er besaß eine Hand aus Holz. Diejenigen, die zu wissen behaupteten, welchen Wagen er fuhr, schworen Stein und Bein, dass er den Mumm hatte – oder den explosiv schlechten Geschmack –, eine exakte Nachbildung jenes Wagens zu fahren, in dem JFK ermordet worden war. Andere flüsterten, es sei keine Nachbildung.
    Mr. Scratch war auf die eine oder andere Weise dafür bekannt, dass er die Versicherungsmathematik sehr hoch einschätzte.
    Irgendwie besaß er Statistiken über Lebensweise und Sterblichkeit, die dreitausend Jahre zurückreichten. Auf der Grundlage dieser Statistiken hatte er Tabellen erstellt.
    Diese Tabellen waren geradezu unheimlich.
    »Einmal hat Scratch eine Vorhersage getroffen«, flüsterte man sich zu. »In Lexington gab es einen Autoverkäufer mit drei Kindern, zum zweiten Mal verheiratet, anscheinend vollkommen gesund, sportliche Betätigung. Nahm vielleicht fünf Drinks die Woche und rauchte nicht. Doch Scratch bezog den Stress von der Scheidung mit in die Rechnung ein, dazu noch irgendeinen Urgroßvater aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg, der einen Schlaganfall hatte, alles multipliziert mit der Gegend, wo er wohnte, und geteilt durch die Schuhgröße, und sagte voraus, dass dieser Typ an seinem einundvierzigsten Geburtstag den Löffel abgeben würde. Er überredete ihn zu einer großen Sofortauszahlung für eine Police mit jeder Menge Kleingedrucktem und ersparte der Versicherung hundert Riesen, als der Typ tatsächlich an seinem einundvierzigsten ins Gras biss. Scratch hatte es bis auf den Tag genau ausgerechnet.«
    Mr. Scratchs Wissenschaft war eine Philosophie. Neue Leute, die an den anspruchsvollen Unis im Osten ihren Abschluss gemacht hatten, neigten dazu, mit dieser Philosophie konform zu gehen.
    Die andere Philosophie, vorangetrieben von niemand anderem als Fish persönlich, lautete, niemals jemandem auch nur einen Cent zu zahlen, wenn es sich vermeiden ließ. »Weisen Sie alle Ansprüche ab«, war das Erste, was Schadenssachbearbeiter und Ermittler lernten. Immer, wenn jemand die Versicherungsleistung einforderte, sagte man »Nein.« Wenn er erneut fragte, gab man ihm so wenig, wie gerade möglich. Man ließ ihn um jeden bescheidenen Cent betteln. Wie sich herausstellte, fragten viele Leute gar nicht erst zweimal nach und waren zu stolz zum Betteln.
    Zwischen diesen beiden Philosophien wurden viele gute Leute aufgerieben und jede Menge Geld verdient.
    ***
    Die Assurance Mutual belegte den größten Teil eines Chicagoer Bürohochhauses. Fish hatte darauf bestanden, sämtliche Büros und Korridore mit poliertem Mahagoni zu verkleiden und an den Wänden gerahmte Bilder mit Szenen aus der Geschichte aufzuhängen. Beispielsweise George Washington beim Überqueren des Delaware oder Daniel Boone mit einer Gruppe von Siedlern, die er nach Kentucky führte.
    Das größte dieser Gemälde war ein Bild von Pocahontas, die John Smith davor rettete, dass ihm der Kopf an einem Felsen eingeschlagen wurde.
    Es hing einen ganzen Tag lang neben dem Aufzug, bevor Mr. Scratch es bemerkte.
    »Nehmen Sie das herunter!«, befahl er dem Hausmeister mit seltsam trauriger Stimme.
    »Nun ja, Sir – Mr. Fish hat mich beauftragt, es dort aufzuhängen«, wagte der Hausmeister zu widersprechen.
    Mr. Scratch bedachte ihn mit einem frostigen Blick. Das Gemälde wurde heruntergenommen.
    ***
    Die Arbeitsbienen bei der Assurance Mutual wussten nur sehr wenig über das Privatleben ihrer Bosse.
    Sie kannten beispielsweise nicht den Grund, weshalb sie Fish morgens häufiger sahen als nachmittags, der darin bestand, dass Fish nach dem Mittagessen meist betrunken war.
    Sie wussten nicht, das Mr. Scratch der Teufel war. Sie wussten nicht, dass er seit Anbeginn der Zeit an gebrochenem Herzen litt. Oder dass er den Film Mary Poppins liebte – jawohl, liebte!
    ***
    Scratch lud Fish an seinem sechsundzwanzigsten Geburtstag zu einer Party ein. Sie charterten einen Privatjet und flogen nach Süden. Auf dem ganzen Weg tranken sie Mai Tais.
    »Amüsier dich«, sagte Scratch zu Fish und hob sein Glas.
    Fish amüsierte sich.
    Der Jet

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