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Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Titel: Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Poore
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leuchteten dunkelrot.
    »Den Wagen«, fuhr er fort, »mit meiner Unsterblichkeit an Bord, versteckt unter dem Werkzeugregal?«
    Daughterry nickte. »Die Union hat ihn«, sagte er.
    »Hol ihn zurück.«
    »Na hör mal …«
    Der Teufel sprang Daughterry an und hätte ihm bestimmt einen Finger abgebissen, doch Daughterry wehrte sich und stieß den Teufel von sich.
    Der Teufel war einen Moment überrascht. Dann fiel ihm offensichtlich wieder ein, dass er sterblich war. Er war am Boden zerstört, ließ die Schultern hängen und schlurfte in die entfernteste Ecke des Kellers.
    »Hol ihn zurück«, krächzte er. »Bitte.«
    Daughterry erwiderte, dass er es versuchen wollte und dass es am besten sei, wenn sie jetzt erst mal eine Runde schliefen.
    ***
    Am nächsten Morgen schlich Daughterry nach oben.
    Es dauerte nicht lange, und er schlich wieder nach unten.
    »Schlechte Neuigkeiten«, verkündete er in den dunklen Keller hinein.
    »Du hast den Wagen nicht bekommen«, sagte der Teufel. Er fühlte sich ein wenig mutiger als vorher. Weniger mutig als vorher ging auch kaum.
    »Die Unionstruppen benutzen den Wagen offenbar als rollende Apotheke.«
    »Dann kann man sicher mit ihnen verhandeln. Biete ihnen Geld, falls nötig …«
    »Der Wagen steht an einem Ort, wo ich nicht willkommen bin«, unterbrach ihn Daughterry. »Man überquert die Linien der Union nicht, wenn man kein Soldat der Union ist.«
    Der Teufel nickte. Er schaute sehr ernst drein.
    »Ich bin bereit, meine Angst zu überwinden«, sagte er. »Ich gehe hin und rede, mit wem ich reden muss. Wenn eine Uniform der Union alles ist, was es dazu braucht.«
    Er schloss die Augen und strich mit beiden Händen durch die Luft, als wollte er einen Poncho überstreifen. Dann stand er still. Er sah verblüfft aus.
    »Hast du möglicherweise versucht, eine Uniform herbeizuzaubern?«, fragte Daughterry.
    »Ich? Bestimmt nicht«, log der Teufel.
    Der Boden erzitterte.
    Staub rieselte von der Kellerdecke.
    »Sie haben wieder angefangen«, stellte Daughterry fest.
    Der Teufel riss die Augen auf. Er zitterte. Seine Hände zuckten.
    Dann verengte er die Augen. Er zitterte immer noch, aber seine Hände, zu Fäusten geballt, waren ruhig.
    »Ich könnte jemand aus der Stadt sein«, sagte er.
    »Was?«
    Kanonenschüsse, ganz nah. Der Teufel zuckte zusammen.
    »Wer weiß schon, dass ich nicht einfach der gute Mr. John Scratch aus Gettysburg bin?«, sagte er und stieg die Kellertreppe hinauf. »Ein harmloser alter Bursche aus der Stadt kann Fragen nach einer fahrenden Apotheke stellen, ohne Verdacht zu erregen, oder nicht? Vielleicht sogar unter dem Werkzeugregal kramen und …«
    »Nein!«
    »Ja.«
    »Aber …«
    Doch der Teufel war bereits verschwunden.
    ***
    Der Teufel fand den Garten genauso vor, wie er ihn zurückgelassen hatte, mitsamt der plattgedrückten Sonnenblumen, auf denen er gekauert hatte. In der Straße hatten zurückweichende Unionstruppen eine Barrikade errichtet. Mobiliar, Feuerholz, Ochsenkarren und Wagenräder waren zerschossen und in die Luft gejagt worden. Hier und da waren auch Wohnhäuser in Mitleidenschaft gezogen.
    In der einen Sekunde lag die Straße verlassen. In der nächsten kam ein Zug Pferdewagen mit darauf montierten schwenkbaren Geschützen in Sicht. Es war ein Zug der Konföderierten, bewacht von konföderierten Soldaten in selbstgenähten Uniformen, mit langen Haaren und staubig von Kopf bis Fuß.
    Der Zug wurde von mehreren Offizieren geführt. Einer von ihnen preschte auf den Teufel zu, zückte seinen Degen und drückte ihm die Spitze an den Hals.
    »Was hast du hier zu suchen?«, fragte der Soldat, ein Wald von Haaren in einem alten Ledermantel mit einem Strohhut auf dem Kopf.
    »Ich heiße John Scratch«, sagte der Teufel. »Ich bin Fotograf und aus der Gegend. Ich wollte die Linien entlanglaufen, um …«
    »Sie tragen keine Uniform«, stellte der Offizier fest und wandte sich zu seinen Soldaten um. »Hazard! Scatlock!«, brüllte er.
    Zwei Berittene lösten sich aus dem Zug und kamen herbeigaloppiert. »Sir!«
    »Ein Mann ohne Uniform«, sagte der Offizier. »Er treibt sich hier draußen herum, um einen Blick auf General Lees Nachschub zu werfen. Wenn Sie mich fragen, sieht er verdammt nach einem Spion aus.«
    »Hören Sie!«, protestierte der Teufel, doch der Offizier gab seinem Pferd die Sporen und ritt weiter. Über die Schulter rief er den beiden Soldaten zu, dass der Spion bis nach Sonnenuntergang hinter den konföderierten Linien

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