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Der Ramses-Code

Der Ramses-Code

Titel: Der Ramses-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Klonovsky
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verdienen Sie zuviel; einem Assistenzprofessor stehen keine 1500 Franken im Jahr zu, schon gar nicht, wenn er so jung ist wie Sie. Ich werde veranlassen, daß man Ihr Gehalt halbiert. Das haben mir Ihre älteren Kollegen vorgeschlagen. Auf Wiedersehen, Monsieur Champollion.«
    Wie betäubt verließ Jean-François das Arbeitszimmer des Großmeisters. Dieses Gesindel, dachte er, und nun erst verstand er, was die Leute auf der Straße über die adligen Rückkehrer sagten: Sie hätten nichts vergessen und nichts dazugelernt.
    Aufgewühlt lief er zu Jacques-Joseph.
    »Was soll ich tun?« rief er verzweifelt. »Ich kann doch nicht auf einmal gemäß der Bibel unterrichten! Das ist doch grotesk. Und sie halbieren mir mein Gehalt, jetzt, wo ich heiraten und einen Hausstand gründen will!«
    »Ich habe es geahnt«, sagte Jacques-Joseph düster.
    »Entschuldige, daß ich deine Warnungen ignoriert habe, aber die helfen mir auch nicht weiter. Ich werde keine Pfaffen-Anschauungen unters Volk tragen.«
    »Ich glaube, was das angeht, habe ich eine Idee. Dein Buch wird doch gerade gedruckt und erscheint in den nächsten Tagen. Du mußt es dem König widmen!«
    »Wie bitte? Ausgerechnet dem Oberhaupt dieser Adelsverschwörung?«
    »Eben darum! Der alte Ludwig ist dem Vernehmen nach eher harmlos und versöhnungsbereit, ganz anders als die Ultras um seinen Bruder Karl von Artois. Man sagt, er sei ein durchaus liebenswürdiger Greis, den sein jahrelanges Gichtleiden mit dem menschlichen Elend vertraut gemacht und milde gestimmt habe. Wenn du ihm deine Arbeit widmest, wird er es dir sicherlich nicht abschlagen, und kein Großmeister wird es wagen, Theorien zu verbieten, die in einem dem König zugeeigneten und von diesem gnädig angenommenen Werk stehen.«
    Jean-François’ Augen strahlten auf. »Ach, mein Bester, wenn ich dich nicht hätte! Eine glänzende Idee!«
    Das fand auch Fourier, bei dem die Brüder am Abend in der Präfektur saßen. Fouriers Arbeitszimmer hatte sich in einem entscheidenden Detail verändert: Statt des Napoleon-Bildes hing nun ein drittklassiges Porträt Ludwigs XVIII. an der Wand. Der greise Monarch blickte darauf in der Tat recht gütig drein.
    »Die Frage ist freilich, wie lange er noch an der Machtbleibt«, erklärte er nachdenklich. »Hinter ihm warten die Ultras, und man weiß nicht, ob Ludwig überhaupt noch viel bestimmt im Lande oder ob wir es vor allem ihm zu danken haben, daß es nicht schlimmer zugeht. Auf jeden Fall verspüre ich, Republikaner bis auf die Knochen, geradezu Sehnsucht nach Napoleon. Früher habe ich im Namen Napoleons das Volk bedrängt, heute soll ich es im Namen Ludwigs zertreten! Ach, wenn doch der Kaiser zurückkehren würde, ich wollte es gern ertragen, daß er uns weiter mit seinen Eroberungsgelüsten malträtiert, nur für den einen kurzen Moment, wo ich zuschauen kann, wie dieses dreiste Pack schlotternd vor Angst in alle Himmelsrichtungen auseinanderstiebt!«
    Fourier sprach aus, was die Brüder – Jacques-Joseph ohnehin – empfanden und was man die Leute hinter vorgehaltener Hand auch auf den Straßen Grenobles reden hören konnte, wenn man nur die Ohren spitzte. Zugleich bot er sich an, eine anstehende Audienz beim König zu nutzen, um Jean-François’ Buch zu überreichen, wofür ihm der Autor schon im vornherein überschwenglich dankte.
    Jean-François’ Hochzeit und das Erscheinen seines Buches fielen fast auf denselben Tag. Er heiratete im kleinen Kreis in der Grenobler Kathedrale, unter den Augen eines nur mäßig begeisterten Schwiegervaters. Von den Professoren-Kollegen war niemand gekommen, Bürgermeister Renauldon hatte aus Zeitgründen abgesagt, Fourier befand sich in Paris. Dort überreichte er am 12. August 1814 im Audienzsaal der Tuilerien dem König ein Prachtexemplar das Bandes »Ägypten unter den Pharaonen«, dessen Druck die Akademie ihrem Mitglied spendiert hatte. Seine Majestät nahm das Werk huldvoll entgegen, erkundigte sich nach dem Verfasser und zeigte sich sehr erstaunt über dessen jugendliches Alter. Der »Moniteur« berichtete am nächsten Tag darüber. Ludwig versprach bei dieser Gelegenheit, künftig Mittel aus der königlichen Schatulle für den Ankauf wertvoller altägyptischer Relikte zur Verfügung zu stellen.
    Wenig später rezensierte die »Wiener Allgemeine Literaturzeitung« das Werk, und der Verfasser des Artikels nannteProfessor Champollion »den vorzüglichsten lebenden Autor, der sich mit Ägypten befaßt«. Der Grenobler habe

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