Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ramses-Code

Der Ramses-Code

Titel: Der Ramses-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Klonovsky
Vom Netzwerk:
sein Platz ist heute die Piazza Navona.«
    »Ich dachte, du arbeitest an dem Dekret von Rosette und an den Stichen der französischen Ägyptenexpedition?«
    »Langsam, mein lieber Hudson. Wie so oft hängt auch in diesem Falle eines mit dem anderen zusammen. Die Inschriften auf den Tempeln und Mumien scheinen mir lediglich von den lächerlichen Riten und Zeremonien der alten Nillandbewohner zu künden. Die Obelisken dünken mich die einzige Art von Monumenten, die wörtlich zu lesen sein könnten. Ein paar davon stehen bekanntlich seit alters her in Rom. Auf diesem Obeliskentext hier interessiert mich besonders eine Hieroglyphengruppe, die in einem der Ovale erscheint, die nach meiner – und nicht nur meiner – Meinung die Herrschernamen umgeben. Ich rede von dieser Gruppe hier:«

    »Du vermutest, daß sie einen noch unbekannten Königsnamen enthält? Oder weißt du etwa schon, was sie bedeutet?« fragte Gurney aufgeregt.
    Young lächelte vielsagend. »Der deutsche Renaissance-Gelehrte Athanasius Kircher, der ein Buch über die römischenObelisken schrieb und der – wie übrigens fast alle Gelehrten heute noch – daran glaubte, die Hieroglyphen seien eine Bilderschrift, hat diese Figurengruppe folgendermaßen übersetzt: ›Der Schöpfer der Fruchtbarkeit und der ganzen Vegetation ist Osiris, dessen zeugende Kraft aus dem Himmel gezogen wird aus seinem Reiche durch den heiligen Mophta.‹ Der Mann besaß wahrlich eine blühende Phantasie. An anderer Stelle las er zum Beispiel die Hieroglyphe der Wellenlinie als ›die Feuchtigkeit der Natur‹ oder die Hieroglyphe des Auges als ›die Wachsamkeit des Anubis‹.«
    »Und das ist falsch?«
    »Na ja, vielleicht haben die Hieroglyphen in grauer Vorzeit mal etwas Derartiges bedeutet. Unser Landsmann William Warburton, der vor hundert Jahren ein sehr gescheites Buch über die Schrift der Ägypter verfaßt hat, mutmaßte darin, ein lange an Hieroglyphen gewohntes Volk werde bei der Umstellung auf ein Alphabet, wie es in der Spätzeit des Pharaonenreiches vielleicht geschah, die berühmtesten der Hieroglyphen zu Buchstaben gemacht haben. Es spricht für ihn, daß er, ganz ein Kind der Vernunft, diesem Geheimschrift-Brimborium keinen Glauben schenken wollte.«
    »Ich verstehe nicht ganz, was du mir sagen willst.«
    »Ich versuche, dir meine Gedankengänge plausibel zu machen. Was die Hieroglyphen bedeutet haben, als sie noch eine reine Malereischrift waren, werden wir wohl nie erfahren. Mir scheint evident, daß sie aus einer Bilderschrift entstanden sind, deren Reste in diesen Charakteren irgendwie noch drinstecken. Ich denke aber, sie haben sich im Laufe der Jahrtausende zu einer Schrift gewandelt, die auch Laute ausdrücken konnte. In Ägyptens Spätzeit kamen fremde Eroberer – Perser, Griechen und Römer – ins Land. Meine erste These heißt: Wenn ein fremder Eroberer Gedenkinschriften in der Landessprache hinterläßt und diese Landessprache bildschriftlich ist, dann müssen für die Schreibung des fremden Namens eine Reihe der sonst bildlichen Symbole lautlich verwendet werden. Als Parallele dient mir die chinesische Eigenart, Fremdnamen mit Zeichen zu schreiben, die eigens dafür ihre ursprüngliche Bedeutung verändern, undzwar, indem die Chinesen einige ihrer Symbole als alphabetische Buchstaben verwenden. Irgendwie muß man den ausländischen Namen schließlich schreiben. Ich vermute, daß der Ring um gewisse Hieroglyphen nicht nur ausdrückt, daß hier der Name eines Königs oder einer Königin steht, sondern daß die Zeichen, wenn sie in einem solchen Ring auftauchen, durchaus nicht dasselbe bedeuten müssen, als wenn sie außerhalb des Ringes stehen. Meine zweite These lautet deshalb: Der Namensring verändert die Bedeutung der Hieroglyphen, die er umschließt. Ergo: In den Ringen stehen die Namen der Herrscher, und zwar auf eine Art und Weise geschrieben, die sich von der sonst üblichen unterscheidet. Kannst du mir folgen?«
    »Voll und ganz«, erklärte Guerney und dachte an die tausend Pfund Wetteinsatz. »Weißt du auch schon, wodurch sie sich unterscheiden?«
    »Ich glaube, ja.«
    Young zeichnete die Ptolemaios-Kartusche auf.

    »Ich behaupte«, fuhr er fort, »daß die Zeichen, die du hier siehst, lautlich zu lesen sind, weil sie in einem Namensring stehen.«
    »Lautlich? Du meinst, der Löwe etwa ist kein Symbol, sondern ein Buchstabe?«
    »Genau das.«
    »Aber woher willst du wissen, in welcher Richtung diese Lautschrift verläuft?«
    »Eine

Weitere Kostenlose Bücher