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Der Ramses-Code

Der Ramses-Code

Titel: Der Ramses-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Klonovsky
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sogar verboten, derweil Young, Sacy, Jomard inmitten archäologischer Schätze thronen. Eine einzige weitere Namenskartusche, von der durch die parallele Übersetzung eindeutig bekannt ist, welchen Herrschernamen sie enthält, würde mir schon genügen. Die Schreibweise auf der Rosettana könnte ja völliger Zufall sein.«
    Jacques-Joseph war irritiert. Vielleicht hatte der Bruder doch recht?
    »Ich will dir etwas verraten«, fuhr Jean-François fort, »auch wenn du mir anscheinend nicht mehr glaubst. Es dürfte dir bekannt sein, daß ich seit Jahren unendlich viele Lautwert-Gleichungen zwischen den beiden ägyptischen Schriften und dem Koptischen anstelle. Ich weiß, daß hieroglyphische Buchstaben existieren, so wie Plutarch geschrieben hat und wie Young es jetzt entdeckt zu haben glaubt, denn ich habe diese Erkenntnis durch Lautwert-Gleichungen gesichert. Ich weiß, wie man einen demotischen Text in Hieroglyphen übersetzt, denn, nebenbei gesagt – und das weiß außer mir kein Mensch auf der Welt –, sind die demotischen Zeichen nichts anderes als abgekürzte Hieroglyphen, eine Art Schreibschrift. Ich habe bloß noch nicht herausgefunden, welchen Laut diese Zeichen darstellen.«
    »Dann bist du also so weit, wie Young mit seiner ›Mutmaßlichen Übersetzung‹?« gab Jacques-Joseph zu bedenken.
    »Ich glaube nicht, daß er Demotisch in Hieroglyphen transkribieren kann. Auf diese Weise habe ich entdeckt, wie sich der Name der Kleopatra, wenn man den Gesetzen des Demotischen folgt, in Hieroglyphen schreiben müßte.«
    Jean-François nahm ein Blatt Papier und schrieb:

    Jacques-Joseph machte große Augen, sah abwechselnd auf das Papier und in das Antlitz seines Bruders und sagte schließlich: »Verzeih meine Skepsis, doch woher hast du diese Schreibweise?«
    »Ich habe sie so noch nie zuvor gesehen. Ich bin lediglich vor Jahren in einem demotischen Papyrus auf eine Zeichengruppe gestoßen, von der ich inzwischen zu wissen glaube, daß sie den Namen der Königin darstellt, und diese Zeichen habe ich jetzt, unter Verwendung meiner Erfahrungen aus den Lautwert-Gleichungen, in Hieroglyphen übertragen.«
    »Nun ja …«
    »Irgendwann wird man in Ägypten Inschriften finden, auf denen der Name der Kleopatra verewigt ist, denn sie war eine bedeutende Herrscherin. Eine Stele etwa, auf der sie ihre Verbindung mit Gaius Julius Cäsar bekanntgibt – in Hieroglyphen, auf demotisch und auf lateinisch. Dann, mein Lieber, magst du sehen, ob ich recht habe. Und wenn nicht, kannst du mich getrost für einen Irren halten.«
    Mit diesem Satz beendete er die Unterhaltung und kehrte an seine Arbeit zurück. Wenig später mußte er sich aber kopfschmerzgeplagt ins Bett legen.
    Jacques-Joseph grübelte noch lange über die Worten des Bruders nach. Fast schien es, als habe Jean-François seine Bedenken zerstreut – aber der Zweifel hatte sein nagendes Werk in Jacques-Josephs Brust begonnen.

Vierter Teil
KLEOPATRA

41
    Der 1. Mai 1821 sollte ein besonderer Tag für Baron Ravenglass werden. Giovanni Belzoni, der in Ägypten sensationelle Entdeckungen gemacht hatte, war nach London zurückgekehrt, um seine Funde der Öffentlichkeit zu präsentieren. Nun wurde die denkwürdige Schau eröffnet. Der Alte war aufgeregt wie ein kleiner Junge, als er frühmorgens in seine Kutsche stieg und zum Picadilly Circus fuhr.
    Egyptian Hall hieß der Ort, an welchem das kunstssinnige England das pharaonische Ägypten wiedererstehen lassen wollte: ein zwischen dreistöckige Adelshäuser gepreßter Museumsbau, der pittoresk von seiner Umgebung abstach. Sein Portal flankierten ägyptisierende Säulen, darüber erhoben sich zwei Karyatiden, zu deren Häupten voneinander fortblickende Sphingen lagerten. Trapezförmige Fenster, nach dem Muster ägyptischer Tempelportale gestaltet, sowie gewölbte Simse mit schilfblattartigen Motiven, deren oberster die Fassade auf ihrer gesamten Breite abschloß, verliehen dem Bau ein exotisches Gepräge. Hier erwartete die Öffentlichkeit nun ein Spektakel, wie es das christliche Abendland noch nicht gesehen hatte.
    Als Ravenglass eintraf, fiel die Morgensonne auf die Fassade von Egyptian Hall, und Belzoni war eben damit beschäftigt, ein Spruchband über dem Eingang zu befestigen, auf welchem in großen Lettern »Betreten Sie die Grabkammern des Pharao Psammetich!« zu lesen stand. Sein Geldgeber fand das marktschreierisch, und ein wenig störte es ihn schon, daß nun selbst der Pöbel, sofern er ein paar Pennys

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