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Der Ramses-Code

Der Ramses-Code

Titel: Der Ramses-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Klonovsky
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Zeichnung. »Es handelt sich doch wohl um eine Prozession, nicht wahr, und zwar um eine militärische. Alle Figuren schreiten in Reih und Glied und blicken starr auf einen Mann, der wesentlich größer ist als sie. Das ist Pharao. Am Ende der Prozession befinden sich Angehörige verschiedener Völker. Du siehst Neger, hinter ihnen Männer in bunten Kleidern mit Spitzbärten und Schläfenlöckchen, dahinter wiederum Vollbärtige mit Haarbändern: Äthiopier, Juden, Babylonier. Sie kommen als Gefangene oder zumindest als Unterworfene zu Pharao.«
    Gurney blickte den Physiker fragend von der Seite an. »Und du meinst, dieses Bild stellt genau denselben Sachverhalt dar, den Herodot beschreibt? Mein Gott, das ist genial!«
    »Nein, nur logisch.«
    »Aber wie kommst du dann auf Psammetich? Herodot schreibt doch von Necho und seinem Sohn Psammis!«
    »Darüber, daß Psammis und Psammetich identisch sind, belehrt uns ein Blick in die Herrscherlisten des Manetho. Ichhatte also die Wahl zwischen zwei Königen, und ich habe mich für Psammetich entschieden, weil, ja weil –« Youngs Blick irrte über die Hieroglypheninschriften, »weil in dieser Herrschernamens-Kartusche« – er wies mit der Hand auf sie:

    – »ein Zeichen am Anfang steht, das wir aus der Ptolemaois-Kartusche kennen und das ich als P identifiziert habe, nämlich das Quadrat oder der Würfel. Und wessen Name fängt, wie der des Ptolemaios, mit P an? Der des Psammetich. Außerdem ist Necho zu kurz, um dieser Gruppe zu entsprechen. Also, schlußfolgere ich, befinden wir uns im Grab des Psammetich.«
    Gurney holte tief Luft und sagte: »Du schaffst es immer wieder, mich sprachlos zu machen. Kein Mensch außer dir hätte das feststellen können! – Aber«, wandte er ein, während er forschend auf die Hieroglyphen blickte, »wenn ich mich richtig entsinne, hattest du noch drei weitere Symbole, die in diesem Namensring erscheinen, als Buchstaben entziffert: die Wellenlinie als N, die Schilfblätter als I und den Halbkreis als T. Nun beginnt der Name, den du als Psammetich liest, genauso wie der des Ptolemaios mit den Zeichen P und T. Ein I kommt darin vor, allerdings kein N. Thomas, verzeih mir, deine Lesung leuchtet mir nicht ganz ein, vor allem ihr Anfang nicht. Müßte es dann nicht Ptammetich heißen? Und wo ist das zweite T?«
    Youngs Blick verschleierte sich, während er erklärte: »Ich weiß es nicht, Hudson. Mein System ist noch nicht perfekt. Vieles bleibt mir rätselhaft. Ich bin der Meinung, daß die Ägypter ihre Hieroglyphen vor allem nach ästhetischen Prinzipien anordneten, das heißt, die Gestaltung der Fläche war ihnen am wichtigsten. Möglicherweise stehen die einzelnen Laute nicht in der Reihenfolge, in welcher sie gesprochen werden. Vielleicht hätten sie dich nicht Gurney geschrieben, sondern Yengur, weil das in Hieroglyphen reizvoller aussieht. Mir ist auf Hieroglyphentexten immer wieder aufgefallen,daß sie identische Zeichengruppen mitunter verschieden kombiniert haben. Bedenke doch, daß diese Leute nicht in einem Tempo gelesen haben wie wir, sondern unendlich viel Zeit in die Herstellung und die Betrachtung ihrer Texte verwenden konnten.«
    Gurney nickte. »Das leuchtet mir ein. Also Psammetich.«
    »Nun laß uns weitergehen«, schlug Young vor. »Im letzten Ausstellungsraum liegt noch ein interessanter Obelisk, den ich mir genau anschauen möchte.«

42
    Paris hatte ein Tagesgespräch. »Haben Sie den Tierkreis schon gesehen?« Allerorten konnte man diese Frage hören, in den Büros der Börsenmakler und auf dem Geflügelmarkt, in den Tavernen der Vorstadt und auf den großen Boulevards. Lange genug hatten die Zeitungen dieses Ereignis angekündigt, und seit dem 15. Januar 1822 lag das mysteriöse Rundrelief aus dem Deckengewölbe des Tempels von Dendera im Louvre, ein phantastisches Bildwerk, das man gesehen haben mußte. Menschen, die bis dahin das Wort Zodiakus nicht aussprechen konnten, warteten stundenlang im fürchterlichsten Gedränge, um das tonnenschwere Wunderding bestaunen zu dürfen.
    Auch die Gebrüder Champollion befanden sich in der Menge. Seit einem halben Jahr hielten sie sich in Paris auf, nachdem sie in Grenoble, wohin sie nach dem Ende ihrer Verbannung zurückgekehrt waren, nicht mehr hatten Fuß fassen können. Die Isère-Stadt war zu klein, sie waren dort als Hochverräter gebrandmarkt, den Anfeindungen des Adels sowie der Mißachtung all jener ehrbaren Bürger ausgesetzt, die sich früher wohl allzu heftig für

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