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Der Rattenfänger

Der Rattenfänger

Titel: Der Rattenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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hineingeworfen. Die Anstrengung, wieder ans Ufer zu gelangen, hat ihn dann umgebracht.«
    »Sind Sie zu derselben Schlussfolgerung gekommen?«, fragte James Read den Arzt.
    McGregor, sichtlich verärgert, weil Hawkwood ihm die Pointe gestohlen hatte, nickte. »Ja.«
    Dann herrschte Schweigen, bis Hawkwood schließlich fragte: »Können Sie uns zur Tatwaffe Auskunft geben?«
    Der Arzt, noch immer über Hawkwoods Anwesenheit und dessen mangelndes Taktgefühl gekränkt, atmete tief ein, ehe er dozierte: »Der Schlag wurde mit exzessiver Wucht ausgeführt. Die Tatwaffe muss spitz und schwer gewesen sein. Vielleicht war es ein Pickel oder ein Meißel gewesen. Mehr kann ich dazu nicht sagen.«
    »Herrgott noch mal!«, platzte Hawkwood heraus. »Gibt es überhaupt irgendetwas, dessen Sie sich sicher sind? Außer Ihrem verdammten Honorar!«
    McGregors Kopf zuckte zurück, als wäre er geohrfeigt worden. »Wie können Sie es wagen, Sir! Ich …«
    »Jetzt reicht’s!«, explodierte der Oberste Richter. Seine Stimme klang wie ein Peitschenknall.
    Der Arzt sah aus, als wollte er gleich wieder lospoltern, doch ein Blick in James Reads Gesicht hielt ihn davon ab. Hawkwood merkte, dass er die Hände zu Fäusten geballt hatte.
    James Read erhob sich. »Ich danke Ihnen, Doktor. Wie immer waren Sie uns eine große Hilfe. Mein Sekretär wird Sie hinausbegleiten.«
    Wie auf ein Stichwort hin wurde die Tür geöffnet, und Ezra Twigg tauchte im Rahmen auf. »Hier entlang, Herr Doktor, bitte«, sagte er höflich.
    Der Oberste Richter wartete, bis die Tür wieder geschlossen war. Dann fixierte er Hawkwood mit einem strengen Blick und wies ihn zurecht: »Das war unnötig.«
    »Er ist ein aufgeblasener Dummkopf.«
    »Aufgeblasen mag er wohl sein. Und er hat eine beneidenswerte Art, jeden auf die Palme zu bringen. Aber ein Dummkopf? Nein, Dr. McGregor ist ein ausgezeichneter Arzt. Ich darf Sie daran erinnern, Hawkwood, dass wir wohl mehr auf seine Kenntnisse angewiesen sind als er auf unsere.«
    »Das heißt noch lange nicht, dass ich ihn mögen muss«, sagte Hawkwood.
    »Stimmt«, bestätigte James Read müde. »Obwohl ich Ihre Gefühle wegen des gewaltsamen Todes Ihres Kollegen achte, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie es unterlassen würden, den Arzt zu beleidigen. Vor allem in meiner Gegenwart.«
    Das warnende Glitzern in den Augen des Obersten Richters war so eindeutig, dass Hawkwood einlenkte. »Ja, Sir.«
    James Read nickte zufrieden. »Kommen wir zur Sache. Haben Sie sich Gedanken über die Ursache von Warlocks Mord gemacht?«
    »Meiner Meinung nach war er entweder Opfer eines Raubüberfalls oder eines Racheakts. Ein anderes Motiv halte ich nicht für wahrscheinlich«, antwortete Hawkwood.
    »Die Gegend ist als Schlupfwinkel für Straßenräuber bekannt«, sagte der Richter. »Allerdings …«
    Hawkwood nickte. »Ich weiß. Je mehr ich mich damit befasse, umso unwahrscheinlicher halte ich einen Raubüberfall. Warlock war ein zu erfahrener Polizist, um sich von einem Taschendieb überrumpeln zu lassen. Und dass seine Taschen leer waren, hat nichts zu bedeuten. Hätte er noch eine Stunde länger dagelegen, wäre nichts mehr von seiner Kleidung übrig geblieben. Nur wenige lassen sich die Chance entgehen, umsonst zu einem Rock und einem Paar Stiefel zu kommen. Nein, ich schätze, es war ein Racheakt. Warlock war ein guter Runner und hat viele Verbrecher festgenommen. Dabei hat er sich eine Menge Feinde gemacht. Viele mögen ihm den Tod gewünscht haben.«
    James Read wirkte niedergeschlagen und fügte nachdenklich hinzu: »Falls es ein Racheakt war, kann es lange dauern, bis wir den Mörder fassen. Als würden wir eine Stecknadel in einem Heuhaufen suchen.«
    »Das kommt auf die Größe der Nadel an«, sagte Hawkwood. »Am besten sehen wir uns zuerst die Fälle an, bei denen Warlock zuletzt ermittelt hat.«
    Hawkwood ging durch den Kopf, dass Warlock den Auftrag bekommen hatte, einer ziemlich harmlosen Geschichte nachzugehen. Bestimmt kein Fall, bei dem es zu Gewalttätigkeiten hätte kommen können. Was war es nur gewesen? Dann fiel ihm sein Gespräch mit James Read ein. Der Richter hatte ihm aufgelistet, welche Fälle die einzelnen Runner bearbeiteten. Und plötzlich erinnerte er sich: Es handelte sich um einen vermissten Uhrmacher. Oberflächlich betrachtet nichts Aufregendes.
    Als er den Richter darauf ansprach, erntete er nur einen skeptischen Blick.
    »Wir können genauso gut damit anfangen«, schlug Hawkwood vor.
    James Read

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