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Der Rattenfänger

Der Rattenfänger

Titel: Der Rattenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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schwieg eine Weile und nickte dann widerstrebend. »Meinetwegen«, sagte er. »Wie mir scheint, haben wir ja sonst keine Anhaltspunkte.« Stirnrunzelnd fügte er hinzu: »Und die Kinder haben wirklich nichts beobachtet?«
    »Das haben sie mir zumindest versichert.«
    »Glauben Sie ihnen?«
    »Ja.«
    Wieder musterte der Oberste Richter Hawkwood skeptisch. »Ich wünschte, ich könnte Ihr Vertrauen in diese kleinen Streuner teilen. Natürlich zweifle ich nicht daran, dass Sie Ihre Informanten gut kennen. Gerade deshalb verlasse ich mich auf Ihr Urteilsvermögen. Und weil Sie der einzige mir zur Verfügung stehende Runner sind, beauftrage ich Sie mit den Ermittlungen. Ich hatte gehofft, Lightfoot von seiner Aufgabe, Begleitschutz zu leisten, abziehen zu können, aber die Bank braucht ihn noch mindestens einen Tag. Ich habe auch mit Laceys Arzt gesprochen und erfahren, dass Officer Lacey in frühesten zwei Tagen in den Innendienst zurückkehren kann. Bis dahin sind Sie leider auf sich allein gestellt. Ich habe bereits dafür gesorgt, dass Belohnungen ausgeschrieben und ein paar zusätzliche Constables eingesetzt werden, die sich in der Gegend umsehen und umhören. Obwohl ich, ehrlich gesagt, nicht mit irgendwelchen aufschlussreichen Erkenntnissen rechne. Ich kann Ihnen auch einen der Constables als persönlichen Assistenten zur Verfügung stellen, sollten Sie das für nötig halten.«
    »Nein«, sagte Hawkwood schnell, denn er wusste aus Erfahrung, dass bis auf wenige Ausnahmen Constables bei Ermittlungen ebenso wenig nützlich waren wie Wachmänner, was bedeutete, überhaupt nicht. Er behielt diese Meinung jedoch für sich und war erleichtert, als sich der Oberste Richter über seine Entscheidung nicht erstaunt zeigte.
    »Wie Sie wünschen«, sagte James Read und rieb sich die Schläfe. »Ach, übrigens, da mir noch kein Bericht über den Überfall auf die Kutsche vorliegt, gehe ich davon aus, dass Sie mit Ihren Ermittlungen noch nicht vorangekommen sind.«
    »Bisher nicht.«
    »Ich verstehe«, sagte der Oberste Richter etwas geistesabwesend. »Das ist sehr bedauerlich.«
    »Ich brauche detaillierte Informationen über alle Fälle, an denen Warlock gearbeitet hat«, entgegnete Hawkwood unverzüglich.
    »Wie bitte?« Der Richter schien mit seinen Gedanken ganz woanders zu sein. »Ach, ja, natürlich. Reden Sie mit Mr. Twigg. Er ist bestens unterrichtet.« Dann schnitt James Read eine Grimasse und fügte hinzu: »Wenigstens wissen wir jetzt, warum Warlock neulich abends nicht zum Rapport erschienen ist.«
    Hawkwood war schon auf dem Weg zur Tür, als ihn der Richter zurückrief. »Einen Augenblick, bitte. Da ist noch eine Sache, die mich beunruhigt.«
    Der kalte Unterton in der Stimme des Richters ließ Hawkwood innerlich erstarren. Er wusste sofort, was jetzt kommen würde. Er straffte die Schultern, drehte sich um und sah, dass James Read wieder hinter seinem Schreibtisch Platz genommen hatte, die Hände flach auf die Platte legte und sichtlich bemüht war, gelassen zu wirken. »Sagen Sie, Hawkwood, haben Sie sich eigentlich überlegt, mit welchen Konsequenzen Sie hätten rechnen müssen, wenn Sie den jungen Rutherford erschossen hätten?«
    Das Ticken der Standuhr in der Ecke klang plötzlich unnatürlich laut. Aus Sekunden wurden Minuten.
    Hawkwood fühlte, wie sich seine Bauchmuskeln verkrampften und seine Wunde zu schmerzen begann.
    Der Oberste Richter schüttelte verzweifelt den Kopf. »Ihr Verhalten hat mich – gelinde gesagt – erstaunt. Als ich erfahren habe, was heute Morgen geschehen ist, habe ich versucht, eine Erklärung dafür zu finden – vergeblich. Wären Sie bitte so nett, mir zu verraten, was Sie sich in Gottes Namen dabei gedacht haben?« James Reads Stimme bebte vor Zorn.
    Hawkwood hielt es für das Beste, die Wut des Richters vorerst schweigend über sich ergehen zu lassen, und fixierte einen Punkt oben an der Wand hinter dem Schreibtisch.
    James Read stand auf und machte mit weit ausgebreiteten Armen eine den Raum umfassende Geste. »Haben Sie sich etwa eingebildet, dass Ihre Zugehörigkeit zu dieser Behörde Ihnen strafrechtliche Immunität verleiht? War es das? Dann lassen Sie sich von mir gesagt sein, dass dem nicht so ist, Sir!«
    Der Richter schwieg kurz, ehe er fortfuhr: »Zu den Grundregeln dieser Behörde gehört die absolute Wahrung eines einwandfreien Rufs. Gegen diese Regel haben Sie verstoßen. Ich weiß nicht, was mich mehr bekümmert: die Tatsache, dass Sie sich in eine derartige

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