Der Rausch einer Nacht
Geld zur Verfügung gestellt hat.
Ich will dir mal ein paar Beispiele für seine übertriebene Sparsamkeit' geben: Trotz seines Wohlstands schneidet er immer noch Einkaufsgutscheine aus den Zeitungen aus. Mit den Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerken streitet er sich um jede fünf Cent, die er seiner Ansicht nach zuviel bezahlen muß. Und seine Kleidung kauft er immer noch bei Montgomery Ward. Wenn sein Telefon nicht funktioniert, was in West-Texas mehrere Male im Jahr vorkommt, zieht er den Gegenwert eines Tages von den Gebühren ab.«
»Ich wußte gar nicht, daß man das machen kann!« entfuhr es Diana.
»Na ja, das kann man schon«, entgegnete Cole trocken, »nur schaltet einem dann die Telefongesellschaft den Apparat ab, bis auch der Rest bezahlt ist.«
Diana lächelte angesichts der farbigen Beschreibung dieses sturen und kauzigen alten Mannes mit dem großen Herzen. »Aber ich verstehe immer noch nicht, was dein Problem mit ihm zu tun hat.«
»Nun, wie ich eben schon erwähnte, habe ich den Onkel zu meinem Partner gemacht, und ich konnte es nie über das Herz bringen, ihn darum zu bitten, mir seine Anteile an meinem Unternehmen zurückzugeben. Damit hätte ich ihn bestimmt verletzt oder beleidigt. Auch damals, als ich alle Schulden bei ihm beglich, konnte ich mich nicht dazu überwinden. Davon abgesehen habe ich ihm meinen ganzen Erfolg zu verdanken und würde ihm bedenkenlos mein Leben anvertrauen. Wer hätte denn auch schon ahnen können, daß er die Rückgabe seiner Anteile mit bestimmten Bedingungen verknüpft - und sogar damit droht, sie jemand anderem zu überlassen, wenn ich seinen Forderungen nicht nachkäme?«
Diana ahnte als erfahrene Geschäftsfrau natürlich gleich, welche verheerenden Folgen das für Coles Konzern haben konnte. Dennoch konnte sie nicht so recht glauben, daß dieser im Grunde doch liebenswerte Onkel seinem Neffen, den er immer so unterstützt hatte, mit ei-nemmal so übel mitspielen sollte. »Hast du ihn denn ganz offen aufgefordert, dir seine Anteile zu überlassen?«
»Ja.«
»Und was hat er gesagt?«
Harrison verzog das Gesicht. »Er ist bereit, sie auf mich zu übertragen, wenn ich ein kleines Problem bewältige. Er meint, das sei ich ihm schuldig, um mich guten Gewissens in den Alleinbesitz meiner Firma zu versetzen.«
Als er nicht fortfuhr, fragte Diana, die diese Geschichte immer mehr zu interessieren begann: »Und was ist das für ein kleines Problem?«
»Die Unsterblichkeit.«
Sie starrte ihn an und wußte nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. »Unsterblichkeit?«
»Ja, genau. So ungefähr seit sechs oder sieben Jahren und nachdem Cal siebzig geworden ist und es mit seiner Gesundheit stetig bergab ging, verspürt mein Onkel immer stärker den Wunsch, sich eine Quasi-Unsterblichkeit in Form einer weiteren Generation von Nachkommenschaft zu verschaffen. Außer mir hat er leider nur noch einen weiteren Blutsverwandten, Cousin Travis. Er ist mit Elaine verheiratet, und beide sind sehr nett, aber nicht übermäßig mit Intelligenz und Geschäftssinn gesegnet. Sie haben zwei Kinder, die man weder als nett noch als helle bezeichnen kann. Cal kann die beiden Kids nicht ausstehen. Und deswegen verlangt er, daß ich mich verheirate, kluge Kinder in die Welt setze und so die Familientradition fortsetze.«
Diana begriff immer noch nicht so recht, worauf das alles hinauslief. »Und wenn du nicht heiratest, was geschieht dann?«
»Dann überschreibt er seine Anteile an die Kinder von Travis und Elaine.« Er leerte sein Glas auf einen Zug, so als müsse er einen schlechten Geschmack runterspülen.
»Elaine und Travis würden als Treuhänder des Vermögens ihrer Kinder in mein Unternehmen eintreten und besäßen genügend Anteile daran, um bei jeder Entscheidung ein gewichtiges Wort mitzureden. Und wenn ihre Kinder volljährig sind, treten sie an deren Stelle...
Cousin Travis arbeitet bereits für mich, als Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Er verhält sich mir gegenüber sehr loyal und gibt auch sicher sein Bestes, aber es fehlt ihm einfach an Fantasie, Durchsetzungsvermögen und Weitblick, um einen Konzern wie Unified führen zu können. Selbst wenn ich gewillt wäre, ihm den ganzen Laden zu überlassen, würde sein Unvermögen auf diesen Gebieten das von selbst verbieten. Gar nicht erst zu reden von seinen Kindern. Die sind nämlich nicht nur ähnlich ungeeignet für eine Unternehmensleitung wie er, ihnen mangelt es auch an seiner Loyalität, und von
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