Der Rausch einer Nacht
in Richtung Ausgang.
»Vielen Dank«, sagte Diana erleichtert und reichte ihm die Hand. »Ich bin Diana Foster.« Er schüttelte ihre Rechte rasch und stellte sich als Ernest Taylor vor. Sein Kavaliertum reichte aber nicht bis zum Koffertragen. Er warf nur einen Blick auf ihr Gepäck und sagte dann: »Wir treffen uns draußen. Ich fahre mit dem Wagen heran, damit Sie die Sachen da nicht über den ganzen Parkplatz schleppen müssen.«
»Das ist wirklich sehr nett von Ihnen«, entgegnete Diana mit unüberhörbarem Sarkasmus und machte sich daran, den ersten ihrer drei Koffer nach draußen zu befördern. Als sie den dritten fast soweit hatte, schob sie sich die Haare aus dem Gesicht, weil sie nicht glauben konnte, was sie dort zu sehen bekam. Wenn Diana nicht so müde und erledigt gewesen wäre, hätte sie sich jetzt auf den ersten ihrer Louis-Vuitton-Koffer gesetzt und gelacht, bis ihr die Tränen gekommen wären.
Ein rostiger dunkelblauer Pick-up mit einem Aufkleber, Ronald Reagan zu wählen, an der Heckklappe und haufenweise Ölfässer, Angelzeug, Werkzeugkisten und Kabeltrommeln auf der Ladefläche. »Der Verschluß an der Heckklappe ist leider kaputt. Werfen Sie Ihre Sachen einfach hinten drauf«, forderte Ernest sie aus dem Mundwinkel auf, in dem der Zahnstocher gerade nicht steckte.
Diana wußte, daß ihr das unmöglich gelingen würde. »Könnten Sie mir vielleicht dabei helfen?« fragte sie ihn.
Ernest öffnete die Fahrertür, schob einen Fuß hinaus und hielt dann inne. »Wieviel wäre Ihnen meine Mühe denn wert? Sagen wir, fünf Dollar?«
Ursprünglich hatte sie vorgehabt, ihm für die Fahrt einen Zwanziger zu geben. Doch mittlerweile war ihre Großzügigkeit doch deutlich geschrumpft. »Gut.«
Der Mann schob sich aus seinem Wagen und warf die drei Louis-Vuitton-Stücke, die zusammen etwa fünftausend Dollar wert waren, zwischen die Kisten und schmutzigen Lappen. Als er dann den dritten zwischen zwei Kanister schieben wollte, stieß Diana einen Schrei aus. »Könnten Sie damit bitte etwas vorsichtiger umgehen? Die Koffer waren sehr teuer.«
»Was, das hier?« fragte er kopfschüttelnd, hob den Koffer hoch und betrachtete ihn sich aus der Nähe. »Kann ich mir nicht vorstellen. Für mich sieht das aus wie Segeltuch mit Plastikverstärkung an den Seiten.«
Diana wußte, daß es zwecklos war, über solche Dinge mit einem Mann zu debattieren, dem nicht einmal der Zustand seines Wagens etwas auszumachen schien. Deshalb beschloß sie, gar nichts dazu zu sagen.
Ernest aber mißverstand ihr Schweigen und glaubte, ihr sei gerade erst klargeworden, auf was für einen Ramsch sie sich da eingelassen hatte. So entschloß er sich, ihr die weiteren Nachteile aufzuzählen. »Allein schon diese Farbzusammenstellung. Richtig krank. Braun mit grünlichen Buchstaben überall auf dem Stoff. LV, wohin man sieht, nichts anderes.« Er legte aber den dritten Koffer nicht zwischen, sondern auf die Kanister und kehrte hinter sein Lenkrad zurück. Dort wartete er, bis Diana den Beifahrersitz von Straßenkarten, Angelzeug und einer Öldose befreit hatte. »LV«, meinte er dabei, »das ist doch nicht einmal ein Wort.«
Die junge Frau gewann den Eindruck, daß er den Motor erst dann anlassen würde, wenn diese Frage endgültig geklärt war. So antwortete sie mit Vorbehalt: »Das sind Initialen.«
»Haben Sie wohl Secondhand gekauft, was?« schloß er, warf den Gang ein und steuerte den Wagen vom Flughafen auf die Landstraße. »Jetzt möchten Sie sicher wissen, wie ich darauf gekommen bin, was?«
Dianas Irritation legte sich und machte Heiterkeit Platz. »Wie haben Sie das bloß erraten?«
»Weil Ihre Initialen nicht LV sind.«
»Ja, das stimmt.«
»Und wem haben diese furchtbaren Dinger gehört, bevor Sie damit gestraft worden sind?«
»Louis Vuitton.«
»Kein Scheiß?«
»Bei meiner Ehre.«
Er trat das Bremspedal durch und legte einen niedrigeren Gang ein, als sie vor ein Stoppschild gerieten. »Ist das vielleicht ein Verflossener von Ihnen?«
Vielleicht lag es an der klaren Bergluft, vielleicht aber auch daran, Cole schon so nahe gekommen zu sein, jedenfalls hatte Diana plötzlich nicht mehr die geringste Lust, sich von irgend etwas ärgern zu lassen. »Nein.«
»Das freut mich aber echt für Sie.«
Diana drehte den Kopf und betrachtete Ernests Profil. Seine Haut wies die Farbe und die Beschaffenheit von gegerbtem Leder auf, und dazu paßten die braunen Augen, die eingefallenen Wangen und der Zahnstocher in
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