Der Rausch einer Nacht
entgegnete er hart. »Cole war an besagtem Abend außer sich vor Wut. Und ich habe ihm dein Bild in der Zeitung gezeigt, um ihm einen Stoß zu versetzen. Ich glaube, er hat ihn mir zurückgegeben, als er dich dann heiratete, um sein Aktienpaket zu bekommen. Doch er erklärte mir, du wärst das junge Mädchen, mit dem er sich in seiner Collegezeit oft unterhalten habe. Mir fiel dann ein, daß er früher von einer Diana Foster gesprochen hatte. Daher weiß ich, daß er mir in diesem Punkt nichts vorgemacht hat. Kannst du mir so weit folgen?«
»Bis jetzt noch, ja.«
»Gut. Ich habe mir also gesagt, ihr beide seid alte Freunde. Nun fügte es sich, daß du gerade verlassen worden bist und er dringend eine Ehefrau brauchte. Weil ihr zwei euch anscheinend immer noch gut versteht, habt ihr euch zusammengetan und einen Handel abgeschlossen. Na, wie hört sich das für dich an?«
Diana starrte ihn an und gab dann zu: »Nicht schlecht.« Ihr Lächeln hatte alle Selbstsicherheit verloren.
»Gut. Ich weiß auch, daß Cole sich um mein krankes Herz sorgt. Nachdem sein Zorn über meine Bedingungen verraucht war, sagte er sich wohl, meiner Gesundheit sei es förderlicher, wenn ihr zwei vor mir so tätet, als wäret ihr euch von Herzen zugetan. Kannst du mir immer noch folgen?«
Diana wagte nur noch zu nicken.
»Gut, denn jetzt kommen wir zu dem Teil, der mir wirklich angst macht.«
»Was meinst du damit?«
»Gestern ist Cole wie eine aufgescheuchte Raubkatze hier herumgelaufen und hat alle in den Wahnsinn getrieben, weil er hier alles für dich so schön wie möglich herrichten wollte. An jeder Kleinigkeit hat er herumzumäkeln gehabt, und niemand konnte es ihm recht machen. Mein Neffe kam mir dabei tatsächlich wie ein Mann vor, dem seine Frau sehr viel bedeutet. Mich hat er damit angesteckt, und je näher der Zeitpunkt rückte, an dem du kommen würdest, desto nervöser wurde ich. Gestern abend konnte Cole die Augen nicht von dir lassen.
Aber ich will dir eines gleich geradeheraus sagen, Diana, ich habe bei unserem Abendessen nicht zwingend den Eindruck gewonnen, als würdest du seine Gefühle teilen. Doch heute morgen war mein Neffe wie ausgewechselt. Er scheint sein Herz an dich verloren zu haben. Und jetzt denke ich mir, letzte Nacht muß irgend etwas geschehen sein.«
Der Onkel legte eine Kunstpause ein, um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen, ehe er auf das zu sprechen kam, was ihm anscheinend wirklich auf der Seele brannte: »Mädchen, du darfst nicht mit seinen Gefühlen spielen, niemals. Entweder nimmst du sein ganzes Herz oder gar nichts. Aber nicht hiervon etwas und davon etwas, ganz wie es dir gerade in den Sinn kommt - falls du überhaupt etwas von ihm willst. Ich glaube nicht, daß es dir besonders liegt, grausam oder gemein zu sein, aber manchmal passiert so etwas eben, vor allem dann, wenn eine Frau nicht weiß, wie der Mann wirklich fühlt.«
Diana lachte so sehr, daß sie sich kaum noch aufrecht halten konnte, und preßte dabei Coles Bild an ihre Brust. Danach drehte sie sich zu dem Mann um, der ihren Gatten so sehr liebte, und erklärte ihm ohne falsche Scham: »Ich muß sein Herz nehmen, denn immerhin hat er meins schon ganz und gar im Besitz.«
Cal wirkte mit einemmal fünfzehn Jahre jünger ... und plötzlich sehr verlegen. Er suchte nach einer Möglichkeit, aus der Situation herauszufinden, die er selbst heraufbeschworen hatte. Schließlich erhob er sich und trat zum Kaminsims. »Das Bild, das du da in Händen hältst, zeigt ihn mit sechzehn Jahren. Hier sind zwei andere Aufnahmen von ihm.«
Er reichte ihr die beiden Fotos, als handele es sich dabei um große Kostbarkeiten, und Diana nahm sie ebenso vorsichtig entgegen. Schon beim Blick auf den ersten Schnappschuß verging ihr das Lächeln und wurde ihr das Herz schwer. Während ihrer Herausgebertätigkeit hatte Diana genug Bilder zu sehen bekommen, um einen Blick für das Wesentliche zu entwickeln. So fiel ihr gleich der Gesichtsausdruck des kleinen Jungen auf, der da seine Rechte in das dichte Fell eines kaum reinrassig zu nennenden Collies geschoben hatte: sehr ernst. Eigentlich viel zu ernst für einen Sechs- oder Siebenjährigen. Sie warf einen Blick auf das zweite Foto.
»Da war er neun«, teilte der Onkel ihr mit. Wieder war der Collie zu sehen und daneben ein Hund von undefinierbarer Rasse. Cole versuchte hier zu lächeln, doch in seiner Miene und in seinen Augen war keinerlei Heiterkeit zu entdecken. Auf beiden Bildern trug er
Weitere Kostenlose Bücher