Der Rausch einer Nacht
blieb nur eines übrig, um seinem Onkel Lebensfreude für dessen letzte Zeit zu verleihen.
»Mistkerl!« schimpfte der junge Mann, aber mehr aus Resignation statt aus Trotz. Er würde also jemanden heiraten müssen, und in Texas mit seiner gesetzlich vorgeschriebenen Gütergemeinschaft brachte eine Vermählung zahllose bislang unbekannte finanzielle Risiken für ihn mit sich.
Wer immer die >Glückliche< sein würde, sagte sich Cole sarkastisch, sie würde eine gehörige Portion Humor und Gelassenheit besitzen müssen. Andernfalls stand ihm eine heftige Szene bevor, wenn er ihr eröffnete, daß er auf einem Ehevertrag bestand.
Der Neffe erwog kurz den Gedanken, eine Schauspielerin dafür zu bezahlen, seine Ehefrau zu geben. Aber nein, Cal war viel zu clever und mißtrauisch. Das ließ sich ja auch schon daraus entnehmen, daß er die Heiratsurkunde vorgelegt bekommen wollte. Glücklicherweise bestand der alte Mann nicht auch noch darauf, daß Cole mit einem männlichen Säugling aufwarten mußte, ehe er ihm seine Firmenanteile überschrieb. Er lächelte in sich hinein. Sein Onkel hatte das nicht verlangt, und das bewies, daß sein Verstand nicht mehr so scharf arbeitete wie früher.
Aber auch mit seiner Gesundheit stand es nicht mehr so gut wie früher.
Der junge Mann fluchte leise vor sich hin. Er streckte sich und nahm den Becher mit dem kaltgewordenen Kakao, um ihn in der Küche auszugießen. Dabei fiel sein Blick auf Dianas Bild in der Zeitung. Sie schien ihn anzulächeln.
Schon als Jugendliche hatte man ahnen können, zu welcher Schönheit sie sich einmal entwickeln würde. Doch je länger er ihre attraktiven Züge und ihr selbstbewußtes Lächeln betrachtete, desto schwerer fiel es ihm, diese auffallende Geschäftsfrau mit dem stillen und ernsten Teenager in Einklang zu bringen, den er einmal kennengelemt hatte.
Er rief sich die loyale, intelligente und bezaubernde Sechzehnjährige ins Gedächtnis zurück, die sich auf einen Strohballen gehockt und ihm bei der Arbeit zugesehen oder sich mit ihm über Gott und die Welt unterhalten hatte.
Als sein Onkel heute abend zum erstenmal von der jungen Frau aus Houston gesprochen hatte, die von ihrem Verlobten verlassen worden war, hatte er sich nicht viel dabei gedacht, weil ihm nicht klar gewesen war, um wen es sich handelte.
Aber als er dann den Artikel in der Zeitung überflogen hatte, war ihm bewußt geworden, in welch bedauernswerter Lage Diana sich befand. Er empfand Mitgefühl mit dem jungen Mädchen, das er einmal gekannt hatte, und Entrüstung darüber, wie mit ihr umgesprungen worden war. Mit ihrem Reichtum und attraktiven Aussehen, ihrer Freundlichkeit und ihrer Intelligenz hätte sie eigentlich alles genießen sollen, was das Leben zu bieten hatte. Verdient hätte sie es allemal. Und ganz gewiß sollte sie nicht durch irgendeinen Dan Penworth zum Gespött des ganzen Landes gemacht werden.
Cole seufzte, verdrängte den Gedanken an Diana und stand auf, weil die Konzentration auf das Schicksal einer ehemaligen Sechzehnjährigen mit unglaublich grünen Augen, die zur Chefin eines großen Unternehmens geworden war, ihn nicht von seinen eigentlichen Sorgen ablenken konnte. Mochte ihr auch noch so übel mitgespielt worden sein.
Er wußte, daß das Leben selten das brachte, was man sich erhofft oder ersehnt hatte. Ihm war es nicht so ergangen und Diana auch nicht... und seinem Onkel erst recht nicht!
In der Küche goß er den Kakao aus und spülte dann den Becher aus, damit Letty nicht entdecken konnte, was er von ihrer heißen Schokolade hielt.
In Wahrheit haßte er Kakao nämlich.
Marshmallows waren ihm ebenfalls zuwider.
Am allerwenigsten konnte er Ärzte ausstehen, wenn sie Krankheiten diagnostizierten, die sie nicht heilen konnten.
Und wo er schon dabei war - eine erzwungene Ehe behagte ihm ebensowenig. Eine solche Verbindung war sowieso von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
Cole hatte sich im Lauf des Abends überlegt, daß die geeignetste Kandidatin nicht die >Prinzessin< aus Europa war, die sein Onkel ins Spiel gebracht hatte, sondern Michelle. Abgesehen davon, daß er ihr wirklich am Herzen zu liegen schien, hatte sie offenbar auch keine Schwierigkeiten mit seiner vielen Arbeit und seinen häufigen Reisen. Im Gegenteil, sie war anscheinend gewillt, sich darauf einzustellen - ein Punkt, der für den jungen Mann von entscheidender Wichtigkeit war, auch wenn es sich nur um eine erzwungene Ehe handelte. Angesichts der gebotenen Eile und der
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