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Der Rebell - Schattengrenzen #2

Der Rebell - Schattengrenzen #2

Titel: Der Rebell - Schattengrenzen #2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Meurer
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betrachtete Matthias besorgt.
    Um dessen Mundwinkel zuckte es unablässig. Offenbar war gar nichts in Ordnung.
    Daniel nahm ihm die Bibel ab und hielt sie ins Licht. »Da ist eine Seite herausgetrennt worden.«
    Oliver kniff die Augen zusammen. Tatsächlich fehlte eine der Seiten. Jemand hatte das dünne Blatt mit einem scharfen Messer aus der Bibel getrennt. Feine Einschnitte ließen sich noch im Papier identifizieren. Wahrscheinlich standen hier verschiedene Geburts-, Hochzeits- und Sterbedaten, die aus irgendeinem Grund verschwinden sollten. Vielleicht waren sie zu brisant oder es hingen zu viele schmerzliche Erinnerungen daran.
    »Was da wohl mal draufstand?«
    Oliver strich über die scharfe Kante.
    Vorsichtig zog Matthias seine Hand zurück. »Du willst dich an so etwas Altem nicht schneiden, glaube mir.«
    Irritiert musterte Oliver ihn.
    Matthias machte eine Kopfbewegung zu dem Buch. »Jemand wollte jedenfalls verbergen, was da stand.«
    »Möglicherweise hatte unser Urgroßvater noch einmal Kinder?«, mutmaßte Oliver. Die Theorie war nicht abwegig. Rudolf hatte offensichtlich eine Jüdin geheiratet. Der Terror der NS-Zeit war ja bereits in den Dreißigern losgegangen. Aber warum war dann das Datum der Eheschließung nicht auch getilgt worden?
    Daniel schüttelte den Kopf. »Kann ich mir nicht vorstellen. Die Dame auf dem Foto war nicht mehr so jung. Geburten bei Frauen in fortgeschrittenem Alter konnten bis in die siebziger Jahre schief gehen, für Mutter und Kind.«
    Daniel dachte in die gleiche Richtung …
    »Helene Hirsch – wenn sie eine Jüdin war – hätte für einen Eintrag in der Bibel konvertieren müssen«, merkte Matthias an.
    Er lag vollkommen richtig. Was hätte eine Jüdin in einer Familienbibel verloren? Oliver trat von einem Fuß auf den anderen. Langsam taten sie vom langen Herumstehen weh. »Nur so ein Vorschlag: Vielleicht finden wir ein paar Anhaltspunkte, wenn wir auf dem Standesamt nachfragen.«
    Beide Beamten sahen ihn an, als habe er eine besondere Idee gehabt.
    »Jetzt sagt nur, ihr habt nicht daran gedacht?«
    Daniel lächelte.
    »Was steht denn noch in der Bibel?« Matthias fuhr mit dem Zeigefinger über die folgenden Einträge. Es handelte sich um etliche Eheschließungen. Am zweiten Eintrag blieb er hängen.
    »Roberta Markgraf, geborene Braun«, las Oliver vor. »Deine Großmutter, Matthias?«
    Er nickte. »Sie hat ihn 1950 geheiratet und ist ihm 1951 weggelaufen. Damals war sie schwanger von ihm.«
    Er klang erschöpft. Etwas schien ihn zu belasten.
    Oliver wollte nicht nachfragen. Das wäre der falsche Zeitpunkt gewesen.
    Daniel kannte keinerlei Komplexe. »Deine Mutter oder dein Vater, richtig?«
    Nachdenklich nickte Matthias. »Mein Vater. Aber er hat den Nachnamen seines Stiefvaters angenommen, Habicht.«
    Nervös befeuchtete Matthias seine Lippen. »Meine Großmutter hat damals nicht allein durch die Schwangerschaft viel Kraft verloren. Sie beschwor, dass sie langsam vergiftet wurde.«
    »Aber dein Vater scheint davon verschont geblieben zu sein.« Daniel schüttelte nachdenklich den Kopf. »Viele Giftstoffe wirken sich in der Schwangerschaft auf die Gesundheit des Kindes aus.«
    »Mein Vater kam mit etlichen körperlichen Makeln auf die Welt. Der vielleicht schlimmste war die Herzschwäche. Die wurde ihm auch vor rund zwanzig Jahren zum Verhängnis.«
    Zu der Zeit konnte Matthias kaum älter als zehn oder zwölf gewesen sein. Mitleid erwachte in Oliver als warmes aber unbehaglich stechendes Gefühl. Matthias in den Arm zu nehmen wäre sicher die bescheuertste Idee des Jahrhunderts, aber genau genommen wollte er das – ihm einfach nur zeigen, dass er nicht allein war. Den Blödsinn konnte er sich bei Matthias schenken. Der war so tough , dass er wahrscheinlich seine Cornflakes ohne Milch aß und mit Rasierklingen gurgelte.
    »Damals warst du noch ein Kind.« Daniel bewies wieder seinen Hang zu Fettnäpfchen bei Matthias.
    So, wie Matthias ihn betrachtete, war es der falsche Kommentar. »Anzunehmen.« Matthias straffte sich. »Ich ärgere mich nur darüber, dass ich bis vor einer Weile in Zweifel gezogen habe, was meine Großmutter sagte.«
    »Idiot.« Damit hatte Daniel in jedem Fall recht. Matthias überging den Kommentar mit hochgezogenen Brauen.
    Oliver entwand Daniel die Bibel. Der ewige Streit zwischen den beiden nervte. Er las die sechs aufgelisteten Frauennamen durch. Alle waren mit Walter verheiratet gewesen, bis auf Roberta schien keine sonderlich lang

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