Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Regenmacher

Der Regenmacher

Titel: Der Regenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
eine dicke Akte zum Fall Black, eine ziemlich dünne über Miss Birdie und einen wertlosen Schadenersatzfall eines Arbeiters, den Bruiser mir vorige Woche auf den Schreibtisch geknallt hat. »Drei.«
    »Holen Sie sie aus Ihrem Büro. Nehmen Sie sie mit nach Hause.«
    »Gleich?«
    »Gleich. Noch heute nachmittag. Und wenn Sie sonst noch etwas aus Ihrem Büro haben wollen, dann schaffen Sie es schnell weg. Aber lassen Sie sich nicht erwischen, okay?«
    »Werden wir überwacht?«
    Er zuckt zusammen und schaut sich um, dann nickt er bedächtig und verdreht hinter seinen dicken Brillengläsern die Augen.
    »Von wem?«
    »Von den Feds, nehme ich an. Die Kanzlei wird ständig beobachtet.«

23
    Bruisers beiläufige Bemerkung, daß er mich bei der Black-Anhörung vielleicht die Vertretung unserer Position übernehmen lassen würde, hält mich fast die ganze Nacht hindurch wach. Ich weiß zwar nicht, ob er als weiser Mentor damit nur bluffen wollte, aber ich mache mir darüber mehr Gedanken als über die Frage, ob ich mit Deck zusammenarbeiten soll oder nicht.
    Es ist noch dunkel, als ich bei Trudy’s eintreffe. Ich bin ihr erster Gast. Der Kaffee ist frisch aufgebrüht, und die Doughnuts dampfen noch. Wir plaudern ein bißchen, aber Trudy hat viel zu tun.
    Ich auch. Ich lasse die Zeitungen liegen und versenke mich in meine Notizen. Von Zeit zu Zeit schaue ich durch das Fenster auf den leeren Parkplatz und halte Ausschau nach Agenten in unauffälligen Fahrzeugen, die filterlose Zigaretten rauchen und abgestandenen Kaffee trinken, wie im Film. Manchmal kann man Deck aufs Wort glauben, dann wieder ist er so verquer, wie er aussieht.
    Auch er kommt zeitig. Ein paar Minuten nach sieben bekommt er seinen Kaffee und läßt sich auf dem Stuhl mir gegenüber nieder. Das Lokal ist jetzt halb voll.
    »Und?« ist sein erstes Wort.
    »Versuchen wir es für ein Jahr«, sage ich. Ich habe beschlossen, daß wir beide eine Vereinbarung unterschreiben, die auf ein Jahr befristet ist und außerdem eine dreißigtägige Kündigungsfrist enthält für den Fall, daß einer von uns nicht mehr mitmachen will.
    Und schon strahlen mich Decks glänzende Zähne an, er kann seine Freude nicht verhehlen. Über den Tisch hinweg streckt er mir die Hand entgegen. Dies ist ein ganz großer Augenblick für Deck. Ich wollte, ich könnte dasselbe empfinden wie er.
    Ich habe weiterhin beschlossen, daß ich versuchen werde, ihn an die Kandare zu nehmen und davon abzubringen, daß er jeder Katastrophe nachrennt. Wenn wir hart arbeiten und für unsere Mandanten tun, was wir können, werden wir gut über die Runden kommen und uns hoffentlich vergrößern. Ich werde Deck ermutigen, fürs Anwaltsexamen zu lernen, seine Lizenz zu erwerben und seine Profession mit mehr Respekt zu betrachten.
    Das muß natürlich allmählich geschehen.
    Und ich bin keineswegs naiv. Von Deck zu erwarten, daß er sich von Krankenhäusern fernhält, ist ungefähr dasselbe, wie von einem Trinker, daß er nicht mehr in die Kneipe geht. Aber ich werde es wenigstens versuchen.
    »Haben Sie Ihre Akten geholt?« flüstert er und schaut zur Tür, durch die gerade zwei Lastwagenfahrer hereingekommen sind.
    »Ja. Und Sie?«
    »Ich habe schon die ganze Woche Zeug herausgeschmuggelt.«
    Darüber möchte ich lieber nichts Genaueres hören. Ich lenke das Gespräch auf die Black-Anhörung, und Deck lenkt es wieder zurück auf unser neues Unternehmen. Um acht machen wir uns auf den Weg zu unseren Büros. Deck mustert jeden Wagen auf dem Parkplatz, als wären sie allesamt voll mit FBI-Agenten.
    Viertel nach acht ist Bruiser noch nicht erschienen. Deck und ich diskutieren über die Argumente in Drummonds Schriftsätzen. Hier, wo die Wände und die Telefone möglicherweise verwanzt sind, unterhalten wir uns nur noch über juristische Dinge.
    Halb neun, und noch keine Spur von Bruiser. Er hatte ausdrücklich gesagt, er würde um acht dasein, damit wir die Akte noch einmal durchgehen könnten. Richter Hales Gerichtssaal befindet sich im Shelby County Courthouse, eine Fahrt von etwa zwanzig Minuten, aber der Verkehr ist unberechenbar. Deck ruft widerstrebend in Bruisers Wohnung an, aber dort meldet sich niemand. Dru sagt, sie hätte ihn eigentlich so gegen acht erwartet. Sie versucht die Nummer von seinem Autotelefon, ebenfalls vergeblich. Kann sein, daß er im Gericht auf Sie wartet, sagt sie.
    Deck und ich packen die Akte in meinen Koffer, und Viertel vor neun verlassen wir das Büro. Er kennt den kürzesten

Weitere Kostenlose Bücher