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Der Retuscheur

Der Retuscheur

Titel: Der Retuscheur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dimitri Stachow
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verborgen blieb.
    »Alles wird gut!«, sagte sie.
    Da öffnete sich die Tür.
    »Bitte!« Der Besitzer der wulstigen Lippen war fast kahl geschoren. »Wollen Sie hereinkommen?« Seine eng stehenden Augen huschten von mir zu Tanja.
    »Ja, ja, natürlich!« Sie fasste mich unter.
    Und wir traten ein.
    Das Restaurant war voller Gäste, die Kellner flitzten hin und her. Der herbeigeholte Oberkellner war rothaarig, schlaff und geschäftig. Bald nach links, bald nach rechts wechselnd, führte er uns durch den ganzen Saal zu einem kleinen Tisch in der hintersten Ecke an der Wand, entfernte das »Reserviert«-Schildchen, steckte es in die Tasche seines zerknitterten Seidenjacketts und fragte hoffnungsvoll:
    »Sekt?«
    »Ja!« Tanja nickte.
    Der erfreute Oberkellner schnalzte mit den Fingern, doch niemand reagierte, niemand kam herbeigestürzt. Das Lächeln des Oberkellners erlosch, mit Entschuldigung erbittender Verbeugung huschte er zur Seite, um Kellner wegzufangen.
    »Ist das das bewusste Restaurant?«, fragte Tanja.
    »Ja«, erwiderte ich.
    »Von dem du erzählt hast?«
    »Ja.«
    Sie sah sich um, fasste an die holzgetäfelte Wand, fuhr mit der Hand darüber.
    »Wie schnell sie es instand gesetzt haben!«
    Ein Kellner kam angewetzt, dann ein zweiter. Jeder trug auf seinem Tablett einen Kübel mit einer Sektflasche: Der Oberkellner hatte ihnen offenbar Beine gemacht. Die Verlegenheitspause dauerte nur einen kurzen Moment, da Tanja gnädig gestattete, beide Flaschen auf dem Tisch zu lassen.
    »Ich habe einfach großen Durst!«, erklärte sie und griff nach meiner Hand.
    »Alles wird gut!«, wiederholte sie.
    »Das habe ich schon gehört«, sagte ich.
    »Du scheinst mir nicht zu glauben.« Sie nahm einen Schluck aus ihrem Glas, überlegte und trank es ganz aus.
    Ich schenkte ihr nach und wischte mir die Hände an der Serviette ab.
    »Doch, ich glaube dir«, sagte ich.
    »Das meine ich nicht!«
    Allem Anschein nach hatte sie tatsächlich Durst: Sie leerte das zweite Glas, die Gase schlugen ihr in die Nase, sie verzog das Gesicht.
    Ich trank auch, aber nur ein wenig. Sie deutete auf ihr Glas und die Flasche, und mir blieb nichts übrig, als wieder einzuschenken.
    »Ich meine, dass du mir in Bezug auf diesen Stinker nicht glaubst.«
    Ich lachte auf: Was diesen Stinker, Baibikow, anging, so hatte ich keinen Grund, ihr nicht zu glauben.
    »Ich habe mit ihm eine eigene Rechnung zu begleichen«, sagte ich.
    »Dann glaubst du nicht …«, setzte sie an.
    »Lass gut sein, bitte. Wahrscheinlich habe ich mich in der Wohnungsnummer und im Aufgang geirrt. Vielleicht hatte ich auch deine Telefonnummer nicht richtig notiert. Das alles hat keine Bedeutung. Du bist hier, jetzt bist du bei mir, alles andere ist ohne Belang!«
    Sie hob ihr Glas, ich das meine, wir stießen an.
    »Auf dich!«, sagte Tanja.
    Einer der Kellner trat heran und nahm unsere Bestellung entgegen. Wir aßen, leerten die eine Sektflasche, machten die zweite nieder. Dann brachte der Kellner den Kaffee. Als er schon im Begriff war davonzugehen, bat ich ihn, sich zu mir herab zu beugen.
    »Was hast du ihm gesagt?«, wollte Tanja wissen, die dem sich entfernenden Kellner nachsah.
    »Etwas zum Nachtisch bestellt«, antwortete ich.
    Wahrscheinlich war ich schon ziemlich betrunken. Der Kellner kam mit einem kleinen Tablett zurück. Darauf lag eine Tafel »Aljonka«-Schokolade.
    Tanja erblasste, presste die Fäuste zusammen, richtete sich auf, ihre Jochbeine traten stärker hervor.
    »Danke!« Sie stand auf, ihr Stuhl fiel um, die wenigen noch im Restaurant sitzenden Gäste sahen zu uns herüber.
    »Warte!« Ich stand ebenfalls auf. »Das … das war ein Zufall! Ich habe ihn einfach gebeten, Schokolade zu bringen. Keine Importware. Ich wusste nicht, was er bringen würde.«
    Sie brach in Tränen aus. Ihre Tränen waren ganz merkwürdig, klein und durchsichtig. Funkelnd rannen sie ihr die Wangen hinunter. Von den Gästen, die Ohrfeigen, Geschrei, Geschimpfe erwartet hatten, wandte sich einer nach dem anderen enttäuscht ab.
    »Bring mich nach Hause!«, sagte sie, trat zur Seite, ging zwischen den Tischen hindurch, überquerte die Fläche vor dem kleinen Podium, stieß die Tür zur Halle auf. Sie schwenkte heftig den linken Arm, strich mit der Rechten die ihr in die Augen fallende Haarsträhne zurück. Jetzt entschwand ihre Gestalt. Es war schon tiefe Nacht, und bis zum Treffen mit Bai blieben drei, vier Stunden.
     
    Sie wartete auf mich am Wagen, bewegte fröstelnd die

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