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Der Richter und sein Henker - Der Verdacht

Der Richter und sein Henker - Der Verdacht

Titel: Der Richter und sein Henker - Der Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Dürrenmatt
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der ändern, die besten Dra -
    men, die feurigsten Gedichte, die erhabensten Er-zählungen! Kartenhäuser, nichts als Kartenhäuser!
    Die Schweiz schuf mich zu einem Narren, zu einem Spinnbruder, zu einem Don Quijote, der gegen Windmühlen und Schafherden kämpft. Da soll man für die Freiheit und Gerechtigkeit und für jene ändern Artikel einstehen, die man auf dem vaterländischen Marit feilbietet, und eine Gesellschaft hochhalten, die einen zwingt, die Existenz eines Schlufis und Bettlers zu führen, wenn man sich dem Geist verschreibt anstatt den Geschäften.
    Man will das Leben genießen, aber kein Tausendstel von diesem Genuß abgeben, kein Weggli und kein Räppli, und wie man einmal in einem tausendjährigen Reich den Revolver entsicherte, sobald man das Wort Kultur hörte, so sichert man hierzulande das Portemonnaie.«
    »Fortschig«, sagte Bärlach streng, »es ist nur gut, daß Sie mit dem Don Quijote kommen, das ist nämlich ein Lieblingsthema von mir. Don Quijotes sollen wir wohl alle sein, wenn wir nur ein wenig das Herz auf dem rechten Fleck haben und ein Körnchen Verstand unter der Schädeldecke. Aber wir haben nicht gegen Windmühlen zu kämpfen wie der alte schäbige Ritter mit der blechernen Rüstung, mein Freund, es geht heute gegen ge-fährliche Riesen ins Feld, bald gegen Ungeheuer an Brutalität und Verschlagenheit, bald gegen 225
    wahre Riesensaurier, die seit jeher das Hirn eines Spatzen haben: alles Biester, die nicht in den Mär-chenbüchern stehen oder in unserer Phantasie, sondern in der Wirklichkeit. Das ist nun einmal unsere Aufgabe, daß wir die Unmenschlichkeit in jeder Form und unter allen Umständen bekämpfen. Aber es ist nun eben wichtig, wie wir kämpfen, und daß wir auch ein wenig klug dabei vorgehen. Der Kampf gegen das Böse darf nicht ein Spiel mit dem Feuer sein. Doch gerade Sie, Fortschig, spielen mit dem Feuer, weil Sie einen guten Kampf unklug führen, gleich einem Feuerwehrmann, der öl spritzt statt Wasser. Wenn man die Zeit schrift liest, die Sie herausgeben, dieses armselige Blättchen, meint man gleich, die ganze Schweiz müsse abgeschafft werden. Daß in diesem Lande vieles — und wie vieles! — nicht in Ordnung ist, davon kann ich Ihnen doch auch ein Lied singen, und ein wenig grau geworden bin ich schließlich auch darüber; aber deswegen gleich alles ins Feuer werfen, als wohne man in Sodom und Gomorrha, ist ganz verkehrt und auch nicht recht manierlich. Sie tun beinahe, als ob Sie sich schämten, dieses Land überhaupt noch zu lieben. Das gefällt mir nicht, Fortschig. Man soll sich seiner Liebe nicht schämen, und die Vaterlandsliebe ist immer noch eine gute Liebe, nur muß sie streng und kritisch sein, sonst wird sie eine Affenliebe. So soll man denn wohl hinters Fegen und Scheuern,
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    wenn man am Vaterland Flecken und schmutzige Stellen entdeckt, wie ja sogar auch der Herkules den Stall des Augias ausmistete — diese Arbeit ist mir von seinen zehn die sympathischste —, aber gleich das ganze Haus abreißen ist sinnlos und nicht gescheit; denn es ist schwer, in dieser armen lädierten Welt ein neues Haus zu bauen; da braucht es mehr als eine Generation dazu, und wenn es endlich gebaut ist, wird es auch nicht bes ser sein als das alte. Wichtig ist, daß die Wahrheit gesagt werden kann und daß man den Kampf für sie führen darf und nicht gleich nach Witzwil kommt.
    Das ist in der Schweiz möglich, wir wollen das ruhig zugeben und auch dankbar dafür sein, wir haben uns vor keinem Regierungs- und Bundesrat zu fürchten, oder wie die Räte alle heißen. Freilich, es muß mancher dabei in Lumpen gehen und lebt etwas ungemütlich ins Blaue hinein. Daß dies eine Schweinerei ist, gebe ich zu. Aber ein echter Don Quijote ist stolz auf seine armselige Rüstung. Der Kampf gegen die Dummheit und den Egoismus der Menschen war seit jeher schwer und kostspielig, mit der Armut verbunden und mit der Demütigung; aber er ist ein heiliger Kampf, der nicht mit Jammern, sondern mit Würde ausgefochten werden muß. Sie jedoch wettern und fluchen unseren guten Bernern die Ohren stürm, was für ein ungerechtes Schicksal Sie unter ihnen erleiden, und wünschen sich den nächsten Kometenschwanz
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    herbei, um unsere alte Stadt in Trümmer zu schlagen. Fortschig, Fortschig, Sie durchsetzen Ihren Kampf mit kleinlichen Motiven. Es muß einer vom Verdacht frei sein, es gehe ihm nur um den Brot-korb, wenn er von der Gerechtigkeit reden will.
    Kommen Sie wieder los von Ihrem

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