Der Ring
Verbrechens aufgegriffen zu werden, bevor das wirkliche Ding überhaupt bekannt war!
Genau genommen war es von Kleiderschrank Ed recht aufmerksam, ihn aufzusuchen und zu warnen. Jeff war wegen des Wagens zu dem Vorort Gunnardorf hinausgefahren, weil dort das Gesetz am laschesten gehandhabt wurde und die Lust-A.G. den größten Einfluß besaß; und auf dem Weg dorthin hatte er Eds Schild gesehen. Der Mann hatte ein Geschäftsgrundstück in guter Lage direkt unter der Hochstraße. Seine Geschäftsbedingungen waren einfach: ein gründlich überholter Monowagen zu einem gemäßigten Mietpreis, und Fragen wurden nicht gestellt. Ed schuldete ihm nichts weiter.
„Die bringen uns vor Gericht“, sagte Ed. „Wahr-Wahr …“ Wahr-Wahr! Die gewalttätige Verhör-Droge. Natürlich wurde der Besitzer eines gestohlenen Wagens gründlich verhört.
Ebenso natürlich hatte ein Schrottplatzbesitzer aus Gunnardorf vieles zu verbergen. Mit Gewißheit ruinierte ihn Wahr-Wahr. Ed war aus schierer Notwendigkeit hier, nicht aus Großzügigkeit.
„Ein Polibot hat mich gesehen. Ich habe ihn abgehängt, aber …“
Ed fiel eine Idee in sich zusammen. „Dann muß ich den Wagen einstampfen. Damit sie ihn nicht bei mir finden. Wo …“
„Drittes Park-Mittelgeschoß, linker Flügel, ungefähr hundert Meter tief“, sagte Jeff. Er händigte den magnetischen Schlüssel aus. Ohne die magnetischen Strom-Muster dieser flachen Scheibe konnte der Antriebsmotor nicht arbeiten. Eds Pranke schnappte danach, und er watschelte den Korridor hinunter.
Das hatte sich ja noch vorteilhaft entwickelt. Beim Verwischen seiner eigenen Spuren würde Ed auch Jeffs Spuren verwischen. Das Problem erledigte sich von selbst. Dieses eine Problem.
Das Mädchen stand verwirrt neben ihm. Er nahm sie beim Arm und führte sie in sein Zimmer. Der Gedanke kam ihm, daß sie für ihn ebenso gefährlich wie der gestohlene Wagen war. Eigentlich noch gefährlicher. Sie konnte ihn später zweifelsfrei identifizieren. Vielleicht war es am besten, wenn er sie einschloß und sich sofort aus dem Staub machte. Bevor sie ihn wirklich ansah.
Aber nein. Diese Art von Rückzug paßte nicht zu ihm, wie weise das auch gewesen wäre. Und – sie war immer noch eine Frau. Obwohl er wußte, daß die Verhältnisse auf der Erde anders waren, konnte er sich von den Vorstellungen nicht freimachen, die seine Grenzer-Erziehung ihm eingeprägt hatte. Eine Frau – jede Frau – war eine kostbare Sache.
Er schloß die Tür und schaltete das Licht ein: eine altertümliche, weißglühende Kugel. Sein Blick glitt über die schäbigen Möbel, den Waschtisch, die Bettstatt, den offenen Schrank. Er hatte die Unordnung auf ganz bestimmte Weise hinterlassen. Nichts war angerührt worden: In seiner Abwesenheit war niemand hier gewesen. Jedenfalls kein ungeschickter Nachbar.
Er brachte das Mädchen zum Bett und ließ sie sich darauf setzen. Er lehnte sich gegen die Wand, sah sie an und zögerte noch, mit dem Verhör zu beginnen.
Wie eine Kreatur der Lust-A.G. sah sie nicht aus. Ihr Gesicht war schmutzig und der Morgenmantel zerdrückt, aber abgesehen von diesen und ähnlichen Anzeichen des rauhen Weges über McKissics Mauer und quer durch die offene Landschaft machte sie den Eindruck einer unschuldigen Person. Dennoch, McKissic hatte wohl schon gewußt, was er tat, als er gerade sie benutzte. Jeff hoffte, daß das Mädchen es ebenso wußte.
Ihre Augen begannen ihn wirklich zu sehen. Ja, sie war fast klassisch schön, in der Knochenstruktur des Gesichtes und in der Hauttönung – oder war es vor wenigen Jahren gewesen. Jetzt begannen das Alter oder möglicherweise starke Gefühlsspannungen mit nicht ganz so erfreulichen Modellierungen. Vielleicht war sie eines der Hausmädchen; McKissic suchte seine Angestellten stets auch danach aus, wie sie aussahen – nicht nur, wie sie funktionierten. Ob er sie reihenweise verbrauchte?
„Mmmmm, mmmmm, mmmmm“, sagte sie mit der typischen Schlafnol-Pelzzunge.
Jeff trat in die Badenische und zog sich unter dem Umhang eine straffsitzende Hose an. Seinen Einbruch hatte er ohne sie unternehmen müssen, wegen der schwer heraustrennbaren Metallfäden; nur der Umhang war garantiert frei davon. Das Mädchen hatte sein volles Bewußtsein wieder, als er herauskam. „Sie, schöne Dame, sind in Schwierigkeiten“, sagte er und starrte in ihr Gesicht, das sich nach und nach belebte. Aber sie war immer noch besser dran als er.
2
Wir befahren, Sterbliche,
den
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