Der Ring
Durst …“
„Richtig. Sie vermehren sich sogar ziemlich rasch. Ihre Bevölkerungszahl steigt exponentiell an. Das einzig begrenzte ist der Käfig.“
Dem Ritter dämmerte es. „Wenn sie keinen Platz mehr haben …“
„Kampf, Aufruhr, Persönlichkeitsabbau, Geisteskrankheit. Babies werden zu Tode getrampelt. Manche Erwachsenen hören einfach auf zu fressen. Sie sterben. Die meisten lebenden Wesen brauchen nicht nur Nahrung und Sicherheit, sondern auch Gelände. Nimmt man ihnen das Gelände weg, können sie nicht leben.“
„Aber unsere Bevölkerungszahl ist doch konstant!“
„Konstant auf einem ziemlich ungemütlichen Niveau. Aber das ist es nicht allein. Das Leben ist komplizierter als je zuvor. Der durchschnittliche Mensch versucht Schritt zu halten, aber er kann das moderne Tempo nicht unbegrenzt durchstehen. Er verliert an Boden, wird mit allem nicht mehr recht fertig, flüchtet sich in Scheinwelten, zu Drogen. Und die Auswirkungen potenzieren sich, wie Sie wissen. In Georges Fall war die Rauschgiftsucht seiner Eltern und Großeltern …“
„Flachkopf!“
„Wie bitte?“
„Jemand, den ich kenne. Rezessive Erbschäden.“
Merlin nickte. „Ja. Aus diesem Grund würde George eine Operation auch gar nicht helfen. Seine geistige Instabilität ist angeboren. Jede Zelle seines Nervensystems ist betroffen. Es hat einige Zeit gebraucht, bis es sich bei ihm entwickelte, und in seinen Nachkommen wird es wahrscheinlich überhaupt nicht mehr auftreten, aber …“
Die Kammertür flog auf, und eine auffällig aufgemachte, wütende junge Frau stürmte über die Fliesen.
„Andererseits …“ fügte Merlin grimmig hinzu.
Die Frau übersah alle anderen. „Vatilein, du mußt den Chauffeur rausschmeißen! Er hat versucht …“
Er warf ihr einen verweisenden Blick zu. „Als Kind hab’ ich mit ihr gespielt; beim Wiedersehen denkt sie dran. Doch Mauds koketter Hintersinn betrügt mich nicht. Wenn mehr sie hielt’ von dem, was mir ihr Bild verspricht, und wenn doch mehr ihr Lächeln hätt’ von meinen Träumen, dann war’ das Leben von ihrem Lächeln süß.“
Maud blieb verblüfft stehen. „Was?“
„Pamela“, sagte Merlin, „Sie stören bei wichtigen Geschäften. Bitte warten Sie nebenan, bis wir Zeit für Sie haben.“
Sie fuhr in königlicher Wut zu ihm herum. „Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind, Crater? Ich bin keine von Ihren Beringten!“ Sie drehte sich brüsk wieder um. „ Mir zitierst du deinen albernen Tennyson nicht vor, Vatilein! Ich sage dir, jetzt eben kommt Philip in mein Schlafzimmer gepöbelt mit so einer irren Geschichte über Heiratsanwartschaft, und versucht mich …“
„Bravo, Philip!“ rief der weise Merlin überraschend aus.
„Sie meinen, Sie waren die ganze Zeit zu Hause?“ verlangte die Lady Auskunft – dem Zorn so nah, wie der Fluch, der auf ihr lag, es zuließ. „Ihr Vater dachte, Sie wären …“
„Sicher war ich zu Hause. Ich bin gestern abend ein Stück gegangen, habe es mir dann aber anders überlegt und bin zurückgekommen. Was geht das Sie an, Ring-Sträfling?“ Dann, als durchdringe ihr Blick plötzlich den Nebel ihrer Entrüstung, starrte sie Galahad an. „Was machst du denn hier? Sie hat doch gesagt, du bist tot!“
Er seufzte und ließ dem jungen Ritter keine Zeit, seine Verblüffung in Worte zu fassen. „Muß ich’s als Verachtung nicht empfinden, auf vermorschter Saite dieses Spiel? Und mich schämen, daß meine reine Liebe auf dich fiel?“
Maud stampfte mit dem Fuß auf. „Ich will, daß du ihn rausschmeißt. So etwas von Chauffeur! Laß ihn beringen. Keiner kann so zu mir reinkommen und verlangen …“
„Die Schwäche so erzürnt zu sehn der Schwäche wegen! Der Frauen Freude und der Frauen Schmerz, der Frauen blindere Bewegung, der Frauen seichtes Herz!“
Maud öffnete den Mund, doch das Wort wurde ihr von einer anderen Stimme abgeschnitten. „Genau meine Meinung, Mister McKissic“, sagte Tristan. Konnte dieser kühne Ritter nun die treulose Maud in eine liebende Isolde verwandeln, oder mußte auch er scheitern? „Wenn Sie nichts dagegen haben, befördere ich sie jetzt in die Garage und bringe die Lektion in Ruhe zu Ende, die ich ihr erteilen will.“ Tristan sprang durch den Raum und packte die Frau am Arm.
Sie war zu überrascht, um sich zu wehren. „Sie meinen, Papa weiß das? Sogar das?“
„Er hat es so eingerichtet. Jetzt kommen Sie und zeigen Sie, was Sie können.“
„Ist die Garage nicht ein etwas
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