Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Margroff und Piers Anthony
Vom Netzwerk:
den Schnitt darin. Sein Umhang hatte ähnlich gelitten; er war lang aufgeschlitzt. Außerdem hatte er sich das Bein bei dem letzten Sturz leicht verstaucht. Als ob das Übergewissen nicht schon Hemmschuh genug war! Die Erdschwerkraft war ihm noch immer etwas Ungewohntes.
    Wenigstens hatten seine automatischen Abwehrbewegungen ihn am Leben erhalten. Der Ring hatte Bewegungen nicht verhindern können, die er ohne Nachdenken gemacht hatte – obwohl er hinterher grausam bestraft worden war. Aber jetzt kannte er die Macht dieses schmalen Metallbandes. Noch einmal würde er so nicht zum Kampf antreten können. Er hinkte auf den Gehweg zurück.
     
2
     
    Ed Bladderwart hob den Kopf und richtete böse Augen durch das Fenster seiner Bruchbude, über den Schrottplatz hinweg, auf die ferne Hochstraße mit ihrem Autostrom.
    Manchmal haßte er diese Wagen und die hochnäsigen Leute, die darin saßen; und den Ausblick haßte er überhaupt immer. Seine Augen wanderten müßig an der Abfahrt-Rampe entlang, die von Gunnardorf steil zur Hochstraße anstieg. Und das haßte er an allem am meisten: daß die Wagen von der Hauptfahrspur da oben so unverschämt hier heruntergeglitten kamen, direkt an seinem Schrottplatz vorbei. Jeder dieser Wagen führte in seinem aufrechten Fahrkörper eine Ladung aufrechtes Bürgertum mit sich, und die Bürger kamen, um einen aufrechten Mordswirbel zu veranstalten.
    Oh, er hatte sie gesehen, die selbstzufriedenen, neunmalklugen Bürschchen, die angenehm furchtgekitzelten Weibsbilder, die verstohlen lüsternen älteren Männer, die dicken, pelzbehängten Frauen, die Amateurpsychologen, die behaupteten, sie wollten sich das Treiben in Gunnardorf nur mal – haha – ansehen.
    Manchmal hatte er sich fast schon gewünscht, daß eine der kleinen Fahr-Blasen von dieser steilen Ebene herunterfliegen möge, auf seinem Platz aufklatschen möge. Er konnte sich die Gesichter der Insassen vorstellen, wenn sie dann ausstiegen; oder wenn er sie halb bewußtlos herauszerrte und sie zu begreifen begannen, daß sie diesmal nicht bekamen, worauf sie so scharf waren – dieses Gefühl vollkommener Überlegenheit über den faulenden Kadaver, der Gunnardorf war, Getto der Schläger und Messerhelden. Das Gefühl ihrer Überlegenheit über die menschlichen Maden, die hier wohnten.
    „Ed“, sagte Annie über den Tisch hinweg, und ihrer Stimme war Sorge anzuhören. „Du sitzt da jetzt schon ‘ne fürchterlich lange Zeit und kuckst. Denkst du …“
    „Ich denk’ ja, Frau. Das ist das schlimme. Halt’ die Backen.“ Annie goß Kaffin ein. Ihr Auge war noch vom letzten Mal, als er es ihr blau geschlagen hatte, ein bißchen angeschwollen – es entging ihm nicht. Sie war eine gute Frau, daß sie so viel von ihm ertrug. Sie hätte es nicht gemußt. Sie waren weder verheiratet, noch hatten sie eine formelle gesetzliche Erklärung über ihr Zusammenleben abgegeben. Es grauste ihm bei dem Gedanken, daß sie ihn einmal verlassen könne. Wahrscheinlich ersäufte er sich dann in gestohlenem Bier, bis nichts mehr als eine durchweichte Außenhülle von ihm übrig war. Dann würde dieses Teufelsgericht ihm den Ring anstecken. Oh, Gott.
    Das erinnerte ihn wieder an Betty Sue. Die war schon ein Mädel gewesen; und was für ein Mädel! Ed hatte es wissen müssen. Wahrscheinlich eine Halbschwester von Annie. Sie war so heiß wie Annie gewesen, und ein bißchen jünger und ein bißchen hübscher – vorher. Aber nach dem Ring – was für ein Unterschied! Er hatte sie herumgehen sehen, nicht mehr jung und nicht mehr hübsch, mit einem Blick voll unerträglichem Ekel. Vor dem Ring war sie ein hartes Stück gewesen, die schon wußte, wie man zum Spaß und Geldverdienen mit den Männern umging. Nach dem Ring, da brüllte sie nach den Bullen, wenn ein Mann sie auch nur ein klein bißchen anders ansah. Vorher war sie in den Kneipen zu Hause gewesen; danach hatte sie überhaupt nirgendwo mehr arbeiten können. Es hieß, sie hätte den Verstand verloren, und zum Schluß war sie von den Psychobots aufgegriffen und in irgendeine Anstalt gebracht worden, die die in der Oberstadt unterhielten. Ed hoffte, sie war dort glücklich.
    Das wiederum erinnerte ihn an seine Schwester. Sie war sechzehn gewesen, als das passiert war, direkt im Haus. Hatten sie in eine Ecke gedrängt und sie von oben bis unten mit dem Zeug eingesprüht. Es hatte etwa fünf Minuten gedauert, bis das Zeug durch ihre Kleidung gedrungen und in die Haut eingezogen war. Danach

Weitere Kostenlose Bücher