Der Ring der Kraft - Covenant 06
Farbe des Steinlichts. Und es war voller sachter, heißer Glut, langsamem Wabern. Eine schweflige Absonderung entzog der Luft den Gestank.
Pechnase verließ die Treppe, gefolgt von Hohl. Linden sah Covenant an. Sein Gesicht war wachsbleich, glänzte schweißig; Höhenfurcht und Übelkeit machten ihm die Augen glasig. Linden wandte sich zur Ersten und nach Findail um, in der Absicht, eine neue Verschnaufpause zu empfehlen.
Der Elohim kam ihr zuvor. Sein Blick war verschleiert, verhüllte seine Gedanken. »Nun müssen wir für eine Weile einen allgemein genutzten Weg durch die Schrathöhlen beschreiten.« Steinlicht umrahmte seine Schultern. »Gegenwärtig steht er uns offen, doch wird er binnen kurzer Frist wieder benutzt, sein Begehen uns verwehrt sein. Wir dürfen hier nicht säumen.«
Aus bloßer Erbitterung und Hilflosigkeit wollte Linden ihm widersprechen. »Wieviel kann er deiner Ansicht nach noch verkraften?« erkundigte sie sich barsch bei der Ersten.
Die Riesin hob die Schultern. Sie mied Lindens Blick. Ihre Bemühungen, sich allen Zweifeln zu verschließen, ließen wenig Raum für Kompromisse. »Sollten ihm die Kräfte vollends schwinden, werde ich ihn tragen.«
Sofort drehte sich Findail um und betrat den Gang. Ehe Linden Einwände äußern konnte, schlurfte Covenant dem Ernannten nach. Die Erste überholte den Zweifler und schritt zu seinem Schutz vor ihm aus.
Pechnase schaute Linden mit einer Grimasse der Humorigkeit und Ermüdung an. »Sie ist meine Gemahlin«, sagte er leise, »und ich liebe sie von ganzem Herzen. Doch sie ist mir über. Wäre ich gewachsen wie andere Riesen, ich wollte mich wohl wider ihren Unverstand behaupten, statt diese Härte zu erdulden.« Aber es war ihm mit seinen Äußerungen eindeutig nicht ernst; ihm lag nur daran, Linden zu trösten.
Doch sie war über jeden Trost hinaus. Verwesungsgestank und Schwefelgeruch, Erschöpfung und Gefahren näherten sie bedrohlich den Grenzen ihrer Selbstbeherrschung. In sinnlosem Unmut setzte sie ihre unsicher gewordenen Glieder erneut in Bewegung.
Schon nach kurzer Zeit verzweigte sich der Gang zu einem Netzwerk von Korridoren; Findail jedoch führte die Gefährten unbeirrt auf die Lichtquelle zu. Die Luft erwärmte sich spürbar; zunehmende Hitze war zu bemerken. Die Brodelgeräusche ertönten lauter, gewannen den Charakter einer unterirdischen Gewalt, deren unberechenbare Schübe bis in Lindens Lungen pochten. Schließlich gelangten die Gefährten in einen Tunnel, der so breit wie eine Straße war; das Steinlicht gloste heller. Der Stein pulste von abgründigem Sieden. In der Richtung, die Findail einschlug, wich die linke Felswand in den Hintergrund; an dieser Seite stieg ätzende Hitze auf. Sie schien Linden den Atem aus der Brust zu saugen, sie selbst vorwärts zu zerren. Findail geleitete die Freunde forsch ins immer hellere Licht.
Der Tunnel verlief am Rand eines ungeheuren Abgrunds vorbei. Die senkrechten, kahlen Felswände leuchteten von harschem Steinlicht, das Hitze und Schwefeldünste verbreitete. In der Tiefe des Abgrunds loderte ein Magmasee. Sein Gebrodel ließ das Erdgestein beben. Schauderhafte Fontänen schossen mit unvorstellbarer Wucht zur Gesteinsdecke empor, sackten unter dem eigenen Gewicht zusammen, spritzten mit einer Gewaltsamkeit an die Wände, die deren Stein schmolz und umformte.
Findail strebte den Tunnel entlang, als beunruhige der nahe Abgrund ihn nicht im geringsten. Covenant dagegen tappte langsam vorwärts, blieb dicht an der anderen Felswand. Das Steinlicht schimmerte greulich auf seinem ausgemergelten Gesicht, gab ihm ein Aussehen, als wäre er verrückt aus Furcht und Lechzen nach Erlösung. Linden folgte ihm nahezu an den Fersen, um zur Stelle zu sein, falls er irgendwie ihren Beistand brauchte. Die Gruppe hatte den Schlund der Kluft halb umrundet, bevor Linden seine Emanationen deutlich genug wahrnahm, um zu erkennen, daß seine Drangsal nicht allein auf seine Höhenfurcht und die Hitze zurückzuführen war; er kannte diesen Teil des Labyrinths; Erinnerungen umflatterten seinen Geist wie das Schlagen dunkler Schwingen. Und er wußte, daß dieser Weg zum Verächter führte.
Linden hielt mit Covenant Schritt, schäumte im geheimen nutzlos vor sich hin. Er war überhaupt nicht in der geeigneten Verfassung, um sich mit Lord Foul anlegen zu können. Absolut nicht in der Verfassung. Inzwischen war es ihr gleichgültig, daß seine Schwäche ihr die Schwierigkeit der eigenen Verantwortung erleichtern
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