Der Ring von Ikribu
war auch mit Lord Olins Soldaten übersät, die von den Zombies getötet waren oder noch zum Teil aus dem Sumpf ragten. Was von den Pferden geblieben war, lag mit schäumenden Nüstern und schwer atmend, zum Teil tödlich verwundet herum. Der Geruch von Blut und Schweiß vermischte sich mit dem Sumpfgestank.
Erschöpft und völlig verschmutzt stand Olin mit dem Schwert in der Hand. Müde ging Sonja zu ihm. Sie standen keuchend nebeneinander und versuchten, ihre verkrampften Muskeln zu entspannen und tief Atem zu holen. Immer noch starben einige Männer um sie herum, die gegen die letzten Zombies kämpften.
»Wir werden von Glück reden können, wenn wenigstens noch eine Handvoll die Festung erreicht«, murmelte Olin. »Wir sind am Ende. Keine Männer, keine Pferde. Hast du noch den Ring?«
Sonja nickte.
»Dieser verdammte Ring!« fluchte Olin und schüttelte den Kopf. »Ein Ring des Wahnsinns und Unheils. Ich glaube er, nicht so sehr Asroth, ist an unserer Vernichtung schuld. So lange war er in Suthad versteckt und konnte sein teuflisches Vorhaben vorbereiten. Er hat mein Volk Ikribu geopfert – hat uns in diesen endlosen Alptraum gelockt, nur damit unsere Qualen den Appetit einiger finsterer Älteren Götter stillen konnten. Ikribu – ist er jetzt satt? Hat er sich vollgefressen mit dem Leid meines Volkes – oder haben die Schreie von Tausenden aus ihren Körpern gerissenen Seelen seinen Appetit erst richtig geweckt? Mitra! Was, zur Hölle, will Ikribu noch? Ich sollte den Ring an einen Pfeil binden und in Asroths Hand schießen. Soll er doch die Macht des Ringes haben – schließlich wird es seine Seele sein, die Ikribu zwischen den Kiefern zermalmt.«
»Olin!« rief Sonja erschrocken. »Du darfst dich von solchen Gedanken nicht unterkriegen lassen! Wer weiß, ob sie nicht von Asroth geschickt sind! Der Ring ist unsere einzige Chance!«
Olin schüttelte den Kopf. »Nein – unser Verhängnis!«
Sonja drehte sich um, als sie Geräusche hinter sich hörte. Ein Zombie schlug auf einen älteren Veteranen ein, der bis zu den Hüften in einem Tümpel stand. Sie stürmte auf den Untoten ein, berührte ihn kaum, und schon stürzte er in das modrige Wasser. Sofort streckte sie dem Soldaten den Arm entgegen, um ihn herauszuziehen – da tauchte etwas aus dem Tümpel auf: ein schleim- und schlammtriefender, fleischiger Stiel mit einem weit herausquellenden Auge.
Der Soldat spürte, wie das Wasser sich bewegte. Er schaute über die Schulter und erbleichte. Er öffnete den Mund, brüllte und stampfte verzweifelt durchs Wasser. An Schilf und Wurzeln klammerte er sich, um aus dem Tümpel zu kommen. Sonja sprang vorwärts, als sich eine Baumwurzel am Ufer wie eine Schlange vorschnellte, um die Brust des Soldaten wand und ihn unterzutauchen begann. Knietief watete Sonja durch Schlamm. Sie hieb auf die Wurzel ein, schlug tiefe Kerben, aus denen Saft spritzte. Eine unter Wasser hängende Ranke, so dick wie eine Schlange, peitschte hoch. Sonja konnte ihr gerade noch entgehen, indem sie hastig ans Ufer sprang. Nun wickelte auch die Ranke sich um den Mann, band seine Arme an den Körper und tauchte ihn, gemeinsam mit der Wurzel, unter. Die Tümpeloberfläche blubberte kurz, dann glättete sie sich wieder.
In diesem Augenblick sanken die restlichen Untoten zu Boden und wurden wieder zu den reglosen Leichen, die sie zuvor gewesen waren. Als die Überlebenden sich erstaunt umsahen, spürten sie die plötzliche unnatürliche Stille fast körperlich. Nichts regte sich, selbst das Ächzen und die Schreie der Verwundeten waren verstummt. Die Zeit schien stehen geblieben zu sein. Kein Säugetier rührte sich, kein Vogel zwitscherte, kein Insekt summte. Was noch unheimlicher war: das Laub der Bäume raschelte nicht, kein Grashalm neigte sich, kein Tautropfen fiel.
Da begann der Sumpf langsam, aber mit wachsender Stärke zu pulsieren. Es war ein gewaltiges rhythmisches Pochen, das nicht mit normalen Sinnen zu vernehmen war – wie der Herzschlag eines Gottes. Die Soldaten umklammerten ihre Schwerter fest und schauten sich verstört um. Sie verspürten eine unbeschreibliche Angst, weit schlimmer als alle bisher. Etwas wurde zusammengeschlossen, geformt, geboren. Etwas, das in sich all die verkrüppelten Pflanzen und missgestalteten Lebewesen dieses übel riechenden, bedrohenden Sumpflands aufnahm. Etwas Ungeheures, Allwissendes, Allumfassendes. Etwas Unheiliges, Unirdisches, unbeschreiblich Fremdartiges. Etwas, das ein finsteres,
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