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Der Ripper - Roman

Der Ripper - Roman

Titel: Der Ripper - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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entronnen war, wie ich auch das Massaker im Lager so gut wie ohne einen Kratzer überlebt hatte. Ziemlich erstaunlich, wenn man in Betracht zog, dass ich aufrecht dagestanden und auf jede Deckung verzichtet hatte, während Kugeln durch die Luft pfiffen und jeder außer mir ins Gras biss.
    Nennt mich Ismael.
    Ich ließ den Colt sinken und sah, wie der schwarze Stahl im Licht des Lagerfeuers funkelte.
    »Und allein ich bin entkommen …«, flüsterte ich.
    Dafür musste es einen Grund geben.
    Es musste einen Grund dafür geben, dass ich so viele lebensbedrohliche Situationen überlebt hatte.
    Der Grund konnte nur Whittle sein.
    Ich sollte zumindest so lange leben, bis ich ihn unter die Erde gebracht hatte.
    Zumindest reimte ich mir das so zusammen.
    Und das war der Grund, warum ich mich in dieser Nacht schließlich doch nicht erschossen habe.

36
    Fremde auf dem Trail
    Nachdem ich mich erst einmal entschieden hatte, meinem Leben vorerst kein Ende zu setzen, litt ich zwar noch immer unter dem Gedanken, für den Tod so vieler Menschen verantwortlich zu sein, verspürte aber plötzlich rasenden Hunger.
    General war weitergegangen, also musste ich ihn erst einfangen. Ich brachte ihn zum Lager zurück und fesselte ihm die Vorderbeine. Dann kochte ich mir einen Topf Bohnen.
    Nachdem ich sie heruntergeschlungen hatte, steckte ich ein paar Stöcke zwischen die Steine, die das Lagerfeuer umsäumten, und stellte die Konservendose darauf. Dann trat ich zurück, zog den Revolver und schoss.
    Die erste Kugel wirbelte die Büchse in die Luft.
    Ich steckte die Waffe ins Holster, zog und zielte nach den Stöcken.
    Als der Colt leergeschossen war, übte ich mit dem anderen weiter. Und zwar linkshändig. Eine Zeit lang ließ der Erfolg zu wünschen übrig, aber schließlich wurde ich besser.
    Während ich ununterbrochen meine Übungsschüsse abfeuerte, dachte ich an einen Jungen, den man Willy genannt hatte. Willy hatte es für ein großartiges Abenteuer gehalten, an der Seite von Desperados zu reiten; er fand es toll, blitzschnell den Colt zu ziehen und auf Baumstümpfe,
Stöcke, Konservendosen und dergleichen zu schießen.
    Willy fehlte mir irgendwie.
    Er war tot.
    Er war mit McSween und dem Rest der Bande gestorben.
    Er starb jung, und ihm blieb die Chance verwehrt, zu seiner Mutter zurückzukehren oder seine Jugendliebe Sarah zu finden.
    Ein hartes Schicksal.
    Ich weiß wirklich nicht, wen ich mehr vermisste: Willy oder McSween.
    McSween, schätze ich.
    Ich verbrauchte eine Menge Munition, übte mit beiden Händen und schoss eine Menge Feuerholz zu Spänen.
    Dann legte ich mich schlafen.
     
    Am nächsten Morgen stieß ich auf einen Wagenpfad, der sich durch die Prärie zog. Allem Anschein nach führte er nach Westen. Ich war versucht, ihn zu meiden, denn die Idee, Fremden zu begegnen, sagte mir wenig zu. Aber General würde es auf dem Trail einfacher haben als in dem unwegsamen Terrain, durch das wir bis jetzt geritten waren. Darüber hinaus schien es der bessere Weg, um zügig nach Tombstone zu gelangen.
    Also nahmen wir den Trail.
    Kurz darauf kamen uns Reisende entgegen. Als sie noch ein gutes Stück entfernt waren, spielte ich mit dem Gedanken, General vom Pfad zu lenken und ihnen auszuweichen. Aber so würde ich vermutlich erst recht ihre Aufmerksamkeit wecken. Es war vernünftiger, sich ganz normal zu benehmen und an ihnen vorbeizureiten.

    Eine Sache war allerdings schon seltsam: Obwohl ich den Fremden einerseits aus dem Weg gehen wollte, hatte ich doch keine Angst vor ihnen. Nicht einmal dann, als sie nahe genug waren, dass ich erkennen konnte, wie zweifelhaft sie aussahen. Der eine hatte ein verkniffenes, spitzes Gesicht, das mich an Snooker erinnerte. Dem anderen hing ständig ein Augenlid herunter. Beide starrten mich auf die gleiche hinterhältige Weise an.
    »Howdy«, sagte ich und tippte an die Hutkrempe.
    »Selber Howdy«, sagte der Kerl mit dem Hängelid. Ich wollte General um ihn herum lenken, aber er hob die Hand. »Bleib mal da stehen.«
    Ich gehorchte. Dann schlang ich die Zügel um den Sattelknauf, damit ich die Hände frei hatte. »Ja, Sir?«, fragte ich.
    Der mit dem spitzen Gesicht lachte. »Ja, Sir . Hat er nicht prima Manieren?«
    »Und er ist richtig hübsch. So hübsch wie ein Mädchen.«
    »Ich wette, er ist ein Mädchen.«
    Sie schienen das sehr spaßig zu finden.
    »Hast du unter dem Hemd kleine Titten versteckt?« Der Kerl mit dem schlimmen Auge grinste. »Lass doch mal sehen.«
    »Jungs, reitet

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