Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der rollende Galgen

Der rollende Galgen

Titel: Der rollende Galgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Eintritt die Tür nicht verschlossen. Aus dem normalen Keller wehte es kühl herein.
    »Wir werden jetzt gehen«, flüsterte er, »wir…«
    »Nein!« keuchte Suko. »Die Peitsche, die… die Lampen.« Er sprach mit schwerer Zunge, als würde diese noch am Gaumen kleben. Sein Gesicht glänzte, müde wirkten die Augen.
    Joseph hob die Peitsche auf. Er trieb Suko an, und gemeinsam verließen sie den Keller, wobei der Inspektor wie ein Greis ging, gebückt und schlurfend.
    Endlich frei!
    Suko merkte es kaum, und Joseph wunderte sich über sich selbst, daß es ihm gelang, den schweren Mann die Treppe hinaufzuschleifen, ohne daß beide fielen.
    Im Flur war es mittlerweile noch düsterer geworden. Draußen versickerte das letzte Tageslicht.
    Die Menschen im Haus hatten nichts gesehen, dennoch wußten sie Bescheid. Es war einfach ihr Instinkt, der ihnen das Wissen gab. Etwas Unheimliches war im Keller vorgegangen, die Vergangenheit hatte sich wieder gezeigt.
    Die Bewohner gaben sich nach außen hin keine Blöße. Noch immer hockten zahlreiche von ihnen draußen im Hof. Vor allen Dingen hatten die Frauen dort ihre Plätze gefunden. Die Männer standen in den Fluren. Sie wirkten angespannt, horchend und nur darauf lauernd, daß etwas geschah.
    Noch tat sich nichts, sie schauten nur und sahen zu, wie sich Joseph abmühte.
    Einer von ihnen streckte einen Arm aus. »Laß es lieber bleiben«, sagte er, »laß es bleiben. Du schaffst es nicht. Die alten Kräfte sind mächtiger.«
    »Halt den Mund!« Joseph keuchte die Antwort und zog Suko weiter zu seiner kleinen Wohnung. Mit der Schulter rammte er die Tür nach innen, dann endlich konnte er Suko über die Schwelle schleifen. Jetzt war auch seine Kraft am Ende. Joseph konnte Suko nicht mehr halten. Der schwere Körper rutschte ihm aus dem Griff. Suko konnte noch Halt finden. Er stemmte sich an der Wand ab, riß dabei einige Gegenstände herunter und fiel auf einen der Korbsessel, der unter seinem Gewicht ächzte.
    Joseph schaltete das Licht ein. Keine strahlendhelle Beleuchtung, eher eine trübe Funzel, über der fingerdick ein Staubfilm lag. »Ich gebe dir etwas zu trinken.«
    Suko nickte apathisch. Er strich mit einer müden Bewegung über sein Gesicht. Die letzten Ereignisse hatten ihn fertiggemacht. Er hatte die harten Schläge einstecken müssen, war groggy gewesen und hatte zudem noch mit ansehen müssen, wie die Geister der Toten aus dem Jenseits gestiegen waren und sich der Lebenden angenommen hatten. Sie befanden sich jetzt in ihnen und hatten die Kontrolle über sie bekommen. Suko wußte auch, was es bedeutete.
    Die Hemmschwelle existierte nicht mehr. Sie war ihnen genommen worden. Sie konnten nicht mehr unterscheiden, was richtig oder falsch war. Jetzt folgten sie allein dem Racheweg aus der Vergangenheit. Joseph kehrte zurück. Seine Schritte schlurften über den Boden. In der rechten Hand hielt er ein halbgefülltes Glas, das im Fakt mitzitterte. Joseph sah schlecht aus. Auch er hatte es noch nicht richtig geschafft, sich zu erholen.
    Suko nahm das Glas. »Was ist es?«
    »Wasser!«
    Der Inspektor probierte und schüttelte sich, obwohl er nur einen kleinen Schluck genommen hatte. »Das… das ist nicht nur Wasser.«
    Joseph lachte und setzte sich ebenfalls. »Ich habe etwas hineingemixt. Einige Tropfen einer Tinktur, deren Rezept noch aus einer Zeit stammt, wo kaum Weiße unser großes Land betreten hatten. Es ist eine Naturmedizin. Trink es bitte, trink es leer, Suko.«
    »Ja, danke, ja…«
    Suko mußte seinen Mut zusammennehmen, um das Zeug zu schlucken. Jetzt war es nicht mehr so schlimm. Er spürte es in seinen Magen eindringen, wo es auch die Wirkung entfaltete. Ein wohliges Gefühl durchströmte ihn. Gleichzeitig gab es ihm auch die Kraft, die nötig war, damit es ihm besserging und er wieder der alte wurde.
    »Manchmal wirkt es Wunder«, sagte Joseph und schaute zu, wie Suko das Glas abstellte.
    Der Inspektor nickte. Zwar hielt sich die Wirkung in Grenzen, aber der Erfolg konnte sich ja noch später einstellen. »Ich habe ihn gesehen«, sprach er mit langsamer Stimme. »Ich… ich habe den Galgen gesehen, als ich auf dem Boden lag. Er befindet sich ebenfalls in der Vergangenheit, und er wird seinen Weg finden.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Wann können wir ihn sehen? Wann wird er durch die Straße rollen?«
    »Um Mitternacht.«
    Suko schaute auf die Uhr. Er hatte Mühe, die Zeit abzulesen. »Noch etwas über eine Stunde«, sagte er. »Mehr nicht.«
    »Kann das

Weitere Kostenlose Bücher