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Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition)

Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition)

Titel: Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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man auf einen solchen Traum etwas geben sollte. Aber Du siehst, die bange Sorge um das künftige Geschick der Stadt rührt die Herzen sogar bis hierher.
    Der Traum von Ruth über ihren Tod ist eigenartig. Er gibt mir viel zu denken. Auf der einen Seite spricht sich darin vielleicht ein unterbewußtes Reife- Erlebnis aus, die Mignon in ihr stirbt. Andererseits mag auch eine Vorahnung ihres Schicksal darinnen sein.
     
    über Dresden Ein RAF-Bomberschütze
    Dresden. Keine Abwehr, sechs rote Zielmarkierer und vier Fünfhundertpfund-Sprengbomben an Bord; der Rauch vom ersten Angriff verhinderte die Markierung des Zielpunktes.
     
    über Dresden Ein RAF-Bomberpilot
    Der Masterbomber flog viel niedriger als wir. Er leitete jede Angriffswelle einzeln und legte großen Wert darauf, daß wir unsere Bomben nicht unnötigerweise auf Gebiete abwarfen, die bereits in hellen Flammen standen.
     
    Dresden Eine Schülerin
    Ich weiß nicht, wie lange wir in dem fremden Keller gesessen hatten, es mögen so zwei Stunden gewesen sein. Plötzlich kam mein Onkel atemlos angestürzt und sagte uns, daß er eine Sirene von weitem gehört hätte. Ich konnte vor Entsetzen kein Wort mehr hervorbringen. Kaum hatten wir unseren Keller erreicht, fielen schon wieder die Bomben, wir mußten wieder dieselbe qualvolle Zeit durchstehen. Jedesmal das Zusammenzucken, wenn wieder eine Bombe fiel. Jede Sekunde schien eine Ewigkeit zu werden. Aber durch eine glückliche Fügung überstanden wir alle den zweiten Angriff, der fast noch schlimmer erschien.
     
    (Dresden) Der Soldat Eduard Lenz, März 1945
    An Dr. Sophie Freudenberg
    Bei dem Angriff auf Dresden am 13.2.1945 kamen unsere beiden geliebten Töchter Sophie und Ruth umsLeben. Auch wenn wir trotz unablässigen Suchens seit vierzehn Tagen keine Spur von ihnen entdeckten, müssen wir doch ihren Tod annehmen. Sie waren am Tage zuvor aus Bautzen hierher nach Dresden gekommen, um den vorrückenden Russen etwas weniger nahe zu sein. Hier ereilte sie nun das tödliche Geschick. Sei es im Feuersturm oder im Bombenregen. Meine Frau wollte in ein paar Tagen nachkommen. Sie konnte nur noch in Schutt und Asche nach ihren sterblichen Überresten suchen.
    Es ist uns unvorstellbar, wie wir das fröhliche Lachen, die Zärtlichkeiten und den geistsuchenden Sinn der beiden entbehren sollen. Aber angesichts der Größe der Katastrophe verstummt das eigene Leid.
     
    Dresden Die Hauswirtschaftslehrerin Herta Daecke
    Als ich noch überlege, wie es wohl am nächsten Tag wird, da tönt wiederum Alarm, und kaum komme ich die Eisentreppe vom Dach herunter in meine Wohnung, da fallen schon die ersten Bomben. Noch steht meine Wohnung – ein Blick hinein, und es ist mir klar, du siehst alles zum letzten Mal. Dieses Mal kann ich nichts mehr mitnehmen – im Feuerwehrhelm sause ich hinunter in den Keller, und schon prasselt es erneut von allen Seiten. Die Hölle ist los, es ist noch 1000 mal schlimmer als das erste Mal. Dicht über unserm Dach fliegt Flugzeug über Flugzeug, ein ganzes Netz – es ist taghell durch all die Brände – und keine Flak versucht die Flieger zu vertreiben. Man hat einige Tage zuvor die Flak von Dresden anderswohin geholt, wo es »wichtiger« ist. Man ist allein auf weiter Flur, wie eseinem schon auf dem Dach klar wurde – nirgends kann mehr eine Hilfe herkommen – verraten und verkauft sind wir – nur die Hausgemeinschaft kann sich untereinander helfen. Schlag auf Schlag kommt – ein Volltreffer geht neben unserm Keller in die Hausmannswohnung – neben mir sind meine Luftschutzkoffer verschüttet. Wir müssen die Hamburgerin verbinden, die blutüberströmt ist. Ein weiterer Volltreffer geht in unser Haus und trennt es in zwei Teile, dicht hinter unserm Luftschutzkeller. Welch ein Wunder! Der Luftdruck wird unerträglich – wir liegen meist auf dem Boden und halten die Ohren zu – Staub, Asche, Rauch sind bald undurchdringlich und nur unsere Mund- und Nasenschleudern, die wir immer neu anfeuchten, lassen uns noch atmen. Ich hole mit Frl. Neumann noch Süßmost aus unserm Kellerverschlag – und gebe allen zu trinken – welch eine Erquickung! Dazwischen heult der Sturm, und er und die Bomben erschüttern die letzten übriggebliebenen Mauern. Werden wir noch lebend hier herauskommen oder wird das unser Grab sein? Der Hausmann faltet die Hände und betet laut – alle sind sonst still und stumm, nur Frau Bunger weint und schreit, aber sie kann kaum das Getöse übertönen.
     
    Dresden-Klotzsche

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