Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition)
unterwegs war. Handgreiflicher konnte man Gottes wunderbare Führung nicht vor Augen geführt bekommen!
Ich schritt mit ihnen langsam zur Elbe und wusch ihnen den Ruß ab und die Wunden aus. Dann suchten wir unser Haus auf der Wintergartenstraße 67 auf. Dieses schöne, völlig in Ordnung befindliche Grundstück meiner Eltern, über das unser Vater in seiner Sorgfalt alle Hände hielt, war von Brandbomben getroffen worden. Das 4stöckige Haus mit 1 1 Mietwohnungen war schon bis zum 1. Stock heruntergebrannt. Von unserer Wohnung im 2. Stock war nichts mehr da. – Aus der Gartenlaube rettete ich noch den Handwagen und was ich im Keller an Wertgegenständen noch finden konnte. Dann brachte ich die Eltern inden Luftschutzkeller des nahegelegenen Postamtes; denn inzwischen gab es erneut Fliegeralarm, und weitere anglo-amerikanische Bombengeschwader warfen ihre Tod und Verderben bringenden Lasten über das brennende Dresden.
Als das Motorengebrumme etwas nachließ und man in der Nähe keine Einschläge mehr hörte, machte ich mich auf den Weg nach dem Dürerplatz, um nach meinen Schwiegereltern zu sehen. Auch die Nummer 20, Dorotheas Geburtshaus, war schon heruntergebrannt, und ich fand beide Schwiegereltern auf dem Dürerplatz vor und brachte sie zu meinen Eltern in die Post. Als die Luft einigermaßen rein war – wenn man das überhaupt sagen konnte – zogen wir durch die brennende Neustadt nach Trachau auf die Böttgerstraße 33 zu den Schwiegereltern meiner Schwester, Ehepaar Döring, denn dieser Stadtteil blieb verschont.
Als ich meine Lieben fürs Erste untergebracht hatte, fuhr ich mit Döringvaters Fahrrad in Richtung Ponickau. Noch nie war ich diesen Weg mit dem Fahrrad gefahren. In stockfinsterer Nacht, ohne Taschenlampe und ohne Streichhölzer konnte ich in der Nähe von Thiendorf einen Wegweiser nicht entziffern. Um mich nicht zu verlaufen, mußte ich warten bis der Morgen graute.
Der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes 1985 Kindersuchdienst UK – 06123 – männlich
Familienname: unbekannt
Vorname: unbekannt
angenommenes Geburtsdatum: Juli 1943Fundort: Hauptbahnhof Dresden, nach dem Bombenangriff in der Nacht vom 13. auf 14.2.1945. Die Leiche einer alten Frau lag über dem Kind. Beim Auffinden sagte das Kind stets Mamutschka
Bekleidung: nicht bekannt
Personenbeschreibung: blaue Augen, dunkelbraunes Haar, in Ohrhöhe am rechten Teil des Hinterkopfes kleine Warze, ebenso an der rechten Unterlippe und an der Außenseite des rechten Augenlides
Ponickau Der Unteroffizier Gerhard Gretzschel 1909–1984
Am frühen Vormittag langte ich in Ponickau an. Ich konnte gerade noch sagen, was in Dresden passiert war, daß ich Eltern und Schwiegereltern retten konnte, daß sie über Nacht in Trachau geblieben wären und sich zu Fuß auf den Weg nach Ponickau begeben hätten. Zum Glück war meine Schwester Gerda mit ihren beiden Jungen schon eine Woche zuvor nach Ponickau übersiedelt gewesen. Dorothea richtete ein Fuhrwerk aus und fuhr unseren Ausgebombten entgegen. Ich selber aber war völlig am Ende meiner Kräfte und wurde gewaschen, gefüttert und ins Bett gesteckt.
Dorotheas Fahrt mit Nachbar Pönitzens Fuhrwerk war wegen Tiefflieger keineswegs ungefährlich. In Moritzburg hatten sie vergeblich gehofft, die Dresdener zu treffen. Aber sie trafen sie erst am Boxdorfer Berg. Von diesem 14. Februar ab wohnten unsere beiden Eltern für immer bei uns, denn eine Rückkehr nach Dresden war ausgeschlossen.
Dresden Liesbeth Flade
Vati drängte in seiner gewissenhaften Pflichterfüllung zum Dienst. Er ging gegen 6 Uhr aus dem Haus, um seine Dienststelle zu suchen, hinein in die fürchterlichen Schrecknisse (die äußeren Konturen sind in dem beiliegenden Brief aufgezeichnet, der zusammen mit meiner bleistiftgekritzelten Antwort ein wertvolles Dokument ist, das nicht verloren gehen möchte. Die furchtbaren Eindrücke, wie er auf dem Pirnaischen Platz die verkohlten Leichen sehen mußte, wie Menschen ihre Angehörigen suchten usw. hat er mir nur geschildert, ebenso wie den dritten Angriff, den er im Großen Garten erlebte, wo er als Samariter unter den schlesischen Flüchtlingen tätig sein konnte. Sie waren schutzlos im Freien dem Inferno preisgegeben. Wie ein Wunder blieb Vati dort verschont). Ich machte mich indessen daheim ans Aufräumen.
bei Radebeul Eine Chemikerin
Unser Haus war stark beschädigt, alle Fenster und Türen herausgerissen und kaputt, ein toller Scherbenhaufen. Durch den
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