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Der Rote Mond Von Kaikoura

Der Rote Mond Von Kaikoura

Titel: Der Rote Mond Von Kaikoura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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und begann, ihn abzuhorchen. Anschließend fühlte er seinen Puls, drückte an seinen Schläfen herum und überprüfte erneut die Augen, bevor er noch einmal nach dem Herzschlag horchte.
    Schließlich richtete sich Dr. Corben wieder auf und legte das Stethoskop beiseite. »Ihr Großvater hat entweder eine Hirnblutung oder einen leichten Schlaganfall erlitten«, konstatierte er. »In ersterem Fall haben wir Glück, denn wenn der Körper das Blut abgebaut hat, wird er sich wieder erholen. Aber wenn es ein Schlaganfall war …«
    »Gibt es keine Methode, um das genau festzustellen?«
    »Nein, ich fürchte, wir werden abwarten müssen. Ich nehme aber an, dass sich bei seinem Beinbruch ein Blutgerinnsel gebildet hat, das in irgendeiner kleinen Ader stecken geblieben ist.«
    »Lillian«, ertönte Georgs schwache Stimme hinter ihm. »Wo bist du?«
    Nachdem sie einen kurzen Blick mit dem Arzt gewechselt hatte, trat sie neben ihren Großvater und ergriff seine Hand.
    »Hier bin ich, Großvater«, antwortete sie, mit den Tränen ringend. »Es wird alles gut.«
    »Er spricht recht deutlich«, sagte Dr. Corben aus dem Hintergrund. »Wenn wir Glück haben, ist es nicht allzu schlimm.«
    Lillian überhörte seine Worte, während das Bild ihres Großvaters hinter einem Tränenschleier verschwand.
    »Was ist passiert?«, fragte Georg ein wenig verwirrt.
    »Du bist aus dem Bett gefallen«, antwortete Lillian, während sie um Beherrschung kämpfte. »Es tut mir leid, dass ich einfach so weggelaufen bin.«
    »Du bist weggelaufen?« Sein Blick wanderte ins Leere, als gäbe es hinter ihr irgendwas zu sehen.
    »Am liebsten würde ich ihn ins Krankenhaus bringen, allerdings sind bei uns alle Betten belegt, und so muss ich Sie wohl bitten, heute Nacht genau auf ihn achtzugeben.«
    »Das mache ich, Doktor!«, versprach Lillian.
    »Ich werde ihm ein paar Medikamente zur Stärkung aufschreiben, und sobald sich irgendetwas verändern sollte, melden Sie sich bei mir.«
    Lillian nickte, und während der Arzt ein paar Notizen machte, strich sie ihrem Großvater übers Haar. »Gibt es irgendwas, was ich für ihn tun kann? Umschläge vielleicht oder etwas anderes?«
    »Sorgen Sie nur dafür, dass er viel trinkt und das Blut dadurch verdünnt wird. Wenn Sie ihn dazu bekommen, soll er auch essen. Alles Weitere müssen wir in Gottes Hände geben; entweder spült das Gerinnsel, das den Anfall verursacht hat, wieder heraus oder nicht.«
    Nachdem der Arzt versprochen hatte, eine Krankenschwester vorbeizuschicken, die die Medikamente bringen würde, verabschiedete er sich wieder.
    Lillian setzte sich neben das Bett und betrachtete ihren Großvater. Mehr denn je war sie überzeugt, dass es ein Fehler gewesen war, herzukommen. In Köln hätte er sich zwar ebenfalls das Bein brechen können, doch dort kannten ihn die Ärzte und die Umgebung war vertraut …
    Was hatte er gesagt? Er hatte ein Versprechen gegeben? In ihrer Wut über Ravenfields Behauptung und Caldwells Vorhaben, Henare rauszuwerfen, hatte sie es fast überhört. Was für ein Versprechen konnte er gemeint haben?
    Ein leises Seufzen riss sie aus ihren Gedanken. Ihr Großvater war wieder eingeschlafen, seine Brust hob und senkte sich zwar schwach, aber regelmäßig.
    Vielleicht wird es wirklich nicht so schlimm, dachte Lillian und ließ den Blick aus dem Fenster schweifen, wo die letzten Sonnenstrahlen den Schatten des Hauses lang auf den Hof fallen ließen.
    Noch am gleichen Abend tauchte Henare bei ihnen auf. In der Annahme, dass es die Krankenschwester sei, war Lillian zum Fenster geeilt, wo sie nun sah, dass tiefe Verärgerung auf seinem Gesicht stand.
    Obwohl das schlechte Gewissen sie plagte und die Angst in ihr tobte, öffnete sie, noch bevor er anklopfen konnte.
    »Lillian!«, sagte er überrascht, als er ihr tränennasses Gesicht sah. »Was ist passiert?«
    »Mein Großvater …«, presste sie hervor. »Er hat wahrscheinlich eine Hirnblutung oder einen Schlaganfall; Genaueres konnte der Arzt nicht sagen.«
    Henares Augen weiteten sich, und seine Verärgerung schwand ein wenig. »Kann ich irgendwas für ihn tun?«
    Lillian schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, nein, es sei denn, Sie kennen ein Wundermittel. Aber kommen Sie doch rein.«
    Ein wenig verlegen standen sie sich in der Küche gegenüber, dann sagte Lillian: »Caldwell hat mit Ihnen gesprochen, nicht wahr?«
    Henare presste die Lippen zusammen und nickte.
    »Ich habe es erfahren, als ich herkam, er war auch bei Großvater. Hat er

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