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Der Rote Mond Von Kaikoura

Der Rote Mond Von Kaikoura

Titel: Der Rote Mond Von Kaikoura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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Zweifel gehabt und sich gefragt, wie Lillian es verkraften würde, die Habseligkeiten ihres Großvaters wiederzusehen. Doch Lillian nahm es überraschend gefasst auf, besser noch als den Anblick des ziemlich ramponierten Turms.
    »Ein schöneres Geschenk hättest du mir nicht machen können«, sagte sie und küsste ihn zärtlich, als sie außer Sichtweite der Arbeiter waren.
    Tatsächlich war das Zelt recht bequem, und dass ihr Großvater hier Spuren hinterlassen hatte, war für sie sehr tröstlich. Liebevoll strich sie über den Seesack, der noch immer einen leichten Tabakgeruch verströmte.
    Großvater hatte von einem Tagebuch gesprochen, ging es ihr durch den Sinn. Sie war nicht ganz sicher, ob sie bereit war, seine Worte zu lesen und dabei innerlich seine Stimme zu vernehmen; dennoch öffnete sie den Seesack und durchwühlte die Sachen, die darin waren.
    Natürlich bestand auch die Möglichkeit, dass es in der Hektik verloren gegangen war, doch nachdem sie wirklich alles ausgeräumt hatte, fand sie es. Es sah ziemlich mitgenommen aus, doch schon beim ersten Aufschlagen erkannte sie, dass die Schrift ihres Großvaters die Zeit gut überdauert hatte.
    Fasziniert strich sie über die Seiten, und da sie darauf brannte, die Aufzeichnungen zu lesen, setzte sie sich auf den Stuhl ihres Großvaters und begann zu lesen.
    Die bemerkenswerte Reise des Georg Ehrenfels
    Hier sitze ich nun, von der Zeit an Geist und Körper verwundet, und versuche mich an die Geschehnisse meiner Reise durchs Leben zu erinnern. Jener Reise, die mir zeigte, dass es nicht alle Träume im Leben wert sind, gelebt zu werden. Mich hat der Traum von der Freiheit beinahe mein Leben gekostet. Nicht, weil ich mich vielleicht in unbekanntes Terrain oder vor das Maul eines wilden Tieres begeben hätte, nein, es war wie so oft menschliche Niedertracht, die ein anderes menschliches Wesen in größeres Verderben führte, als es eine wilde Bestie je vermocht hätte.
    Aber lass mich von vorn beginnen. Auf dem Schiff, auf dem ich eines sonnigen Tages kurz nach meiner Rückkehr aus Amerika anheuerte, wollten sich drei Naturforscher auf den Spuren von James Cook nach Neuseeland wagen, einem noch wenig erschlossenen Gebiet auf der Südhalbkugel, das, wie man hörte, einige naturwissenschaftliche Wunder zu bieten hatte.
    Ich hätte auf meine Vernunft hören sollen, die mir riet, meine Freiheit auf dem Festland eine Weile zu genießen, ja, vielleicht einen Abstecher nach Hause zu machen, um zu sehen, wie es Mutter und Vater ging. Doch ich war damals jung, voller Tatendrang und auch zu feige, um mich den traurigen Blicken meiner enttäuschten Eltern zu stellen. So stand ich denn bald vor dem Quartiermeister und unterzeichnete meine Papiere. Anschließend brachte ich meinen Seesack, der nicht einmal die Zeit gehabt hatte, ganz zu trocknen, unter Deck.
    Schon vor der Abfahrt lernte ich die drei Männer kennen, die in seltsamem Aufzug, mit einer Unmenge an Käfigen und Schachteln, an Bord gingen. Sanderson, der Kapitän, begegnete ihnen freundlich, ja, beinahe hündisch ergeben. Später erfuhr ich, dass die drei Herren Förderung von der Royal Academy erfuhren und obendrein aus adeligem Hause stammten, sodass sie nicht nur Titel, sondern auch ein erkleckliches Vermögen vorweisen konnten. Wer vor solchen Leuten nicht den Rücken beugte, würde es wahrscheinlich nie zu etwas bringen.
    Ich, der ich eigentlich das Deck mit Sand abschrubben sollte, starrte die Männer an, als kämen sie von einem anderen Stern. Zwar hatte mein Vater mir ständig in den Ohren gelegen, dass ich studieren sollte, allerdings hatte er dabei mehr die Rechtswissenschaft im Sinn gehabt. Doch in diesem Augenblick, als ich diese lächerlichen Gestalten mit ihrem bizarr wirkenden Gepäck sah, als ich die schweren Folianten erblickte, die ihre Diener hinter ihnen hertrugen, und die Kisten, in denen es blechern rumpelte, erwachte in mir eine Flamme, der ich damals noch keinen Namen geben konnte. Heute weiß ich, dass es Wissensdrang war. Das Verlangen, herauszufinden, wie diese Welt funktioniert.
    Natürlich konnte ich den Anblick und meine Gedanken nicht lange genießen, denn Adams, der Sklaventreiber des Schiffs, tauchte wie aus dem Nichts hinter mir auf und versetzte mir einen Stüber. »Du kriegst deine Heuer nicht fürs Gaffen.«
    Während der Schmerz noch in meinem Hinterkopf nachhallte, ließ ich mich wieder auf die Knie nieder und schrubbte weiter. Doch mein Blick wanderte immer wieder zu diesen

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