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Der Rote Mond Von Kaikoura

Der Rote Mond Von Kaikoura

Titel: Der Rote Mond Von Kaikoura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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gar nicht. Er wirkte wie jemand, der etwas von ihm wusste, was ihm selbst bisher noch verborgen geblieben war. Etwas, was er nutzen konnte, um sein Ziel zu erreichen. In der Hinsicht war sein Vater immer noch ganz der listige Krieger.
    »Wie ich schon sagte, ich hatte den Eindruck, dass du dich sehr gut mit diesem Mädchen verstehst. Sie hat sehr große Ähnlichkeit mit den Frauen unseres Stammes. Wahrscheinlich werde ich es nicht mehr erleben, dass du eine Frau wählst, aber dieses Mädchen würde selbst mir als Schwiegertochter gefallen.«
    »Sie ist eine pakeha!«, entgegnete Henare verwirrt. »Du würdest doch keine von ihnen zur Schwiegertochter haben wollen.«
    Wieder trat dieser rätselhafte Ausdruck in die Augen seines Vaters. Oder verlor er jetzt, da sein Ende nahte, allmählich den Verstand? Nein, seine Augen mochten vielleicht fiebrig wirken, aber sie verrieten immer noch einen wachen Geist.
    Auf einmal dämmerte es Henare. Er hatte ganz vergessen, wie listenreich sein Vater einst gewesen war! Nichts würde ihn davon abhalten, eine Bedingung zu stellen. Eine ganz besondere, die ihn mehr kosten würde als alles andere.
    »Ich könnte meine Zustimmung an die Bedingung knüpfen, dass du nach meinem Tod meine Nachfolge antrittst«, bestätigte der Häuptling Henares Vermutung nur einen Atemzug später. »Du könntest dieses Mädchen heiraten, und schon würde zwischen ihrem Großvater und mir ein Bündnis bestehen, das niemand mehr brechen könnte.«
    »Das geht nicht«, entgegnete Henare kopfschüttelnd. »Das Mädchen liebt mich nicht. Und ich glaube auch kaum, dass sie zu solch einer Ehe bereit wäre. Außerdem …«
    Sein Vater machte eine Handbewegung, die ihn zum Schweigen brachte. »Bleib ruhig, mein Sohn, ich habe nur gesagt, dass ich diese Bedingung stellen könnte. An deinen Augen kann ich sehen, dass du selbst daran gedacht hast.«
    Beschämt senkte Henare den Blick. Es war eine sehr schlechte Idee gewesen, hierherzukommen.
    »Aber wie du siehst, bin ich ein alter, kranker Mann, und denen fällt manchmal wirres Zeug ein. Ich weiß, dass du um keinen Preis hierher zurückkommen willst, jetzt, wo du vom bequemen Leben der Weißen gekostet hast. Und ich weiß auch, dass die Zeiten vorbei sind, in denen ein Mann sein Kind verheiratete, nur um einen persönlichen Vorteil zu erringen. Du kannst deinen weißen Freunden sagen, dass ich dem Pakt zustimme, zu den Bedingungen, über die bei unserem Treffen gesprochen wurde. Wenn sie mein Volk nicht behelligen und uns weiterhin zu unseren heiligen Orten gehen lassen, soll mir das genügen.«
    Damit hatte Henare nicht gerechnet. Verwirrt schüttelte er den Kopf. »Ist das dein Ernst?«
    »Du bist mit diesem Ansinnen zu mir gekommen, was soll ich also tun? Dich warten lassen, bis ich tot bin und du bei einem anderen Häuptling vorsprechen musst?« Der ariki schüttelte den Kopf. »Du hast mich mit deinem Weggang sehr enttäuscht, und diese Enttäuschung werde ich mitnehmen zu den Ahnen. Aber ich will nicht, dass wegen dir diese Weißen leiden, die offenbar vorhaben, friedlich mit uns zu leben und den Kindern des Lichts zu dienen.«
    Henare nickte, dann erhob er sich. Es fiel ihm schwer, die Angewohnheit der Weißen zu unterdrücken, mit Worten zu danken. Das war eines der wenigen Dinge, die er an der Kultur der pakeha nicht mochte, denn ein Dankeswort wurde vom Wind verweht wie Rauch, während eine Tat länger nachwirkte.
    »Ich verspreche, dass ich alles tun werde, um meinem Volk auf die eine oder andere Art von Nutzen zu sein«, sagte er also, was noch keine Tat war, aber auch kein leeres Dankeswort.
    Sein Vater verzog dazu keine Miene. Er senkte den Blick, und Henare sah ein, dass es besser sein würde, zu gehen. Langsam wandte er sich um, froh darüber, die Hütte verlassen zu können.
    Doch bevor er die Tür erreichte, hielt sein Vater ihn noch einmal zurück.
    »Eines muss ich dir noch mit auf den Weg geben. Du solltest die Tragweite deiner Taten gut bedenken. Es könnte sein, dass das, was du jetzt für richtig erachtest, deinen weißen Freunden später zum Verhängnis wird.«
    Henare wandte sich um. »Wie meinst du das?«
    »Nicht alle in unserem Stamm sind noch dafür, dass Frieden mit den pakeha gehalten wird. Besonders einige junge Krieger wollen die Weißen wieder bekämpfen, wie es früher der Fall war. Von der Wahl des Häuptlings könnte es abhängen, ob sie in Sicherheit sind oder einem Überfall zum Opfer fallen.«
    »Wenn es zu Übergriffen auf

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