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Der Rote Mond Von Kaikoura

Der Rote Mond Von Kaikoura

Titel: Der Rote Mond Von Kaikoura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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wissen, was sie beim nächsten Mal zu sehen bekommen würde …
    »Ich glaube, da haben Sie recht. Da Mr Caldwell so freundlich ist, mir das Pferd bis auf Weiteres zu überlassen, werde ich die Zeit nutzen und ein wenig üben. Am Strand hier lässt es sich bestimmt herrlich reiten!«
    »Nun, wenn das so ist, werden wir beim nächsten Mal ein kleines Wettrennen veranstalten. Wenn Sie mich mit dem Pferd schlagen, haben Sie etwas bei mir gut.«
    »Seien Sie nicht albern!«, lachte Lillian. »Die Beine Ihres Pferdes sind einen halben Arm länger als die meiner kleinen Stute. Und wie Sie selbst sagten, ist das Tier bisher nur von Kindern geritten worden. Es wird wohl kaum das Feuer Ihres Hengstes besitzen.«
    »Sagen Sie das nicht; manchmal sind auch kleine Pferde zäh und ausdauernd und überraschen ihre Besitzer sogar mit ihrem Temperament.«
    »Ist bei Ihnen alles klar, Henare?«, tönte Caldwells Stimme zu ihnen herüber, worauf der Maori bedauernd mit den Schultern zuckte.
    »Die Pflicht ruft. Aber ich bin sicher, dass wir uns bald wiedersehen werden.«
    »Das hoffe ich«, entgegnete Lillian und reichte ihm dann die Hand. »Machen Sie es gut, Mr Arana.«
    »Sie auch.« Noch einmal zwinkerte er ihr zu, dann wandte er sich um und gesellte sich zu seinem Boss.
    Nachdem sich die beiden offiziell von Georg und Lillian verabschiedet hatten, schwangen sie sich auf ihre Pferde. Großvater und Enkelin sahen ihnen von der Gartenpforte aus nach, während sie der Main Street zustrebten.
    »Ich glaube, mit den beiden haben wir einen guten Fang gemacht«, sagte Georg, während er den Arm liebevoll um die Schulter seiner Enkelin legte. »Mr Caldwell erscheint vielleicht ein wenig schwierig, aber er ist absolut auf unserer Seite. Und sein Assistent ist ein wirklich netter Bursche.«
    Lillian bemerkte, dass ihr Großvater sie bei den letzten Worten musterte, doch sie tat so, als würde sie es nicht mitbekommen.
    »Ja, er ist sehr nett und hilfsbereit. Er wird gut mit dir zusammenarbeiten.«
    Georg lächelte in sich hinein. »Das glaube ich auch, jedenfalls so lange, bis es ihm zu viel wird, von dir Löcher in den Bauch gefragt zu bekommen.«
    »Das habe ich doch gar nicht getan!«, protestierte Lillian. »Ich habe nur meinem Forscherdrang nachgegeben. Du selbst hast immer gesagt, dass ein Wissenschaftler allen Dingen auf den Grund gehen sollte.«
    »Das habe ich gesagt, und es ist auch richtig so.«
    »Dann darf ich ihm also weiterhin Löcher in den Bauch fragen?«
    »Selbstverständlich! Solange er nicht die Flucht ergreift …« Georg lächelte versonnen in sich hinein. Ein Gedanke schien ihn zu beschäftigen, denn für einen Moment schweifte sein Blick in die Ferne. Dann wandte er sich wieder Lillian zu. »Aber jetzt sollten wir ins Haus gehen, etwas essen und uns dann eine große Mütze voll Schlaf gönnen. In den kommenden Tagen haben wir viel vorzubereiten.«
    Anstatt, wie er es mit Caldwell vereinbart hatte, zwei Tage freizumachen, ritt Henare in der kommenden Nacht in den Busch. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals.
    Eigentlich hatte er keinen Grund, das zu tun. Sein Boss würde sich wohl oder übel damit abfinden müssen, dass die Verhandlungen bei den Maori nicht übers Knie gebrochen werden konnten. Caldwell war kein schlechter Mann, immerhin hatte er ihn als seinen Assistenten angestellt. Auch konnte man nicht behaupten, dass er den Maori gegenüber feindlich gesinnt war. Doch er war Engländer, und obwohl er sich bemühte, sich das nicht allzu sehr anmerken zu lassen, war er im Grunde seines Herzens doch der Überzeugung, dass die Maori weniger wert waren als seine Landsleute.
    Dieser alte Mann und seine Enkelin waren anders. Nicht nur, dass er Lillian mochte, vielleicht mehr, als es ihm zustand; er hatte auch beobachtet, wie die beiden vor dem heiligen Ort gestanden und den Berg betrachtet hatten. Es hatte fast den Anschein gehabt, als würden sie verstehen, warum die Maori dieses Stück Land so sehr in Ehren hielten. Und er war auch fest überzeugt, dass der alte Deutsche nichts tun würde, um seinem Volk zu schaden.
    Mein Volk, dachte er spöttisch. Wie lange ist es her, dass ich in Gedanken die Maori mein Volk genannt habe? Hat das Gerede des alten Mannes mich letztlich doch weichgemacht?
    Doch vielleicht war es nützlich, wenn er sich die frühere Zeit wieder ins Gedächtnis rief. Vielleicht würde es ihm helfen, seinen Vater zu überzeugen und die Verhandlungen zu beschleunigen. Umso weniger würde er genötigt sein,

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