Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Rote Mond Von Kaikoura

Der Rote Mond Von Kaikoura

Titel: Der Rote Mond Von Kaikoura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
Vom Netzwerk:
Gesellschaft von Kaikoura sicher etwas an ihr auszusetzen haben würde. In Köln war das nicht anders gewesen.
    »Ich fresse einen Besen, wenn du nicht mindestens an jedem Finger einen Verehrer hast heute Abend.«
    »Dann sollte ich mir wohl überlegen, wie ich den Besen am besten zubereite, damit du ihn auch hinunterbekommst«, entgegnete Lillian. Dann lauschte sie: War das Hufgetrappel?
    Als sie zum Fenster eilte, fuhr eine offene Kutsche vor dem Gartenzaun vor. Samantha war da!
    »Das ist sie!«, rief Lillian, dann richtete sie noch einmal ihre Haare und strich ihr Kleid glatt.
    »Amüsier dich gut«, sagte ihr Großvater, als er sie zum Abschied umarmte. »Und sollte einer der Burschen frech werden, weißt du, was du zu tun hast.«
    »Ja, ich werde ihn mit Sterntabellen langweilen, bis er von selbst wieder verschwindet.«
    »Und wenn er das dann immer noch nicht tut, solltest du dir die Sache noch mal überlegen, denn wahrscheinlich hast du dann den Mann fürs Leben gefunden.«
    Würde sich Jason Ravenfield von Sterntabellen abschrecken lassen?, fragte sich Lillian, während sie mit Mantel und Täschchen zur Tür eilte. Der Kutscher war inzwischen abgestiegen und kam den Weg hinauf. Bevor er die Tür erreichte, trat Lillian ihm entgegen.
    »Sie sind Miss Ehrenfels?«, fragte er mit einer leichten Verbeugung, und Lillian staunte nicht schlecht, dass dieser Mann eine Livree trug. Nicht einmal in Köln waren Kutscher wohlhabender Familien so gekleidet gewesen, dort trugen sie meist schwarze Kutschermäntel und Zylinder.
    »Ja, die bin ich«, entgegnete Lillian, worauf der Mann auf die Kutsche deutete.
    »Miss Carson hat mir aufgetragen, Sie abzuholen. Sie erwartet Sie in der Kutsche.«
    Als Lillian über die Schulter des Mannes blickte, winkte ihr Samantha schon fröhlich zu. Ihr Kleid verbarg sie unter einem braunen Taftmantel; Lillian war gespannt, für welches von Mrs Billings Modellen sie sich heute Abend entschieden hatte.
    Der Kutscher begleitete sie zu seinem Gefährt, und Lillian stieg ein. Erleichtert stellte sie fest, dass sie allein waren. Keine Eltern, keine Freundinnen.
    »Guten Abend, meine Liebe!« Samantha streckte ihr zur Begrüßung die behandschuhten Hände entgegen. »Was für ein wundervolles Kleid! Wo hast du das nähen lassen?«
    »Ich habe es gekauft. In einem Laden in der Stadt.« Lillian presste die Lippen zusammen, als ihr wieder einfiel, wie abschätzig Rosie und die anderen geschaut hatten, als sie aus dem Schneidersalon gekommen war.
    »In welchem Laden bekommt man so etwas?« Samantha befühlte die Spitze und schob bewundernd die Unterlippe vor. Ihre Bewunderung schien echt zu sein, was den Mut gab, zuzugeben: »Ich habe es aus dem Schneiderladen von Mrs West.«
    Samanthas perfekt gezupfte Augenbrauen schnellten nach oben. »Alle Achtung, das hätte ich nicht gedacht«, sagte sie dann. »Aber ich bleibe dabei, dieses Kleid ist wunderschön; vielleicht unterschätze ich Mrs Wests Künste.«
    Erleichtert ließ sich Lillian auf dem Sitz zurücksinken. Ich mache mir selbst mehr Angst, als ich haben müsste, dachte sie, während der Kutscher die Peitsche über die Köpfe der Pferde knallen ließ.
    »Na, was sagst du?«, fragte Samantha mit leuchtenden Augen, während die Kutsche anruckte. »Mein Vater hat den Kutscher eigens für den Ball angemietet; er möchte, dass ich wie Cinderella zum Ball fahre. Und nebenbei auch noch den Prinzen kennenlerne. Kennst du das Märchen?«
    »Bei uns heißt es Aschenputtel«, entgegnete Lillian lächelnd. Samanthas Fröhlichkeit wirkte ansteckend. »Glaubst du denn wirklich, es gibt Prinzen auf dem Ball?«
    »Sicher, so einige. Mr Ravenfield zum Beispiel.«
    Eine Hitzewelle überlief Lillian. Jason Ravenfield – konnte Samantha Gedanken lesen? Auf jeden Fall schien sie Verlegenheit auf Lillians Gesicht zu sehen, denn sie lächelte breit.
    »Er scheint dich sehr zu mögen, jedenfalls hatte ich bei der Teestunde den Eindruck.«
    »Er hat versucht, mir peinliche Fragen zu stellen, das lege ich nicht unbedingt als Sympathie aus«, verteidigte sich Lillian rasch, obwohl sie Samantha recht geben musste. Auch sie hatte gespürt, dass Ravenfield Gefallen an ihr fand. Aber seine Gegenwart machte sie mehr als nervös. Nervös auf eine andere Art als in dem Moment, als sie Henare Arana ohne Hemd gesehen hatte – eine Geschichte, die sie Samantha nicht anvertraut hatte, weil sie nicht wollte, dass sie es herumerzählte.
    »Wenn ein Mann das tut, mag er dich ganz

Weitere Kostenlose Bücher