Der rote Salon
Madame de Grève. Sie lachten, denn Göttler sagte, es habe gut gebrannt, das Haus, es sei eine rechte Bruchbude gewesen.«
»Alphonse Dampmartins Haus?«
»Ja.«
»Es ist zwar gotteslästerlich, sich am Schaden anderer zu belustigen, aber kein Verbrechen. Was noch?«, mischte sich nun Wöllner ein.
»Ich sah, wie sie die Krone an ihren neuen Ort brachten.«
Alles sperrte die Augen auf, und ich fragte:
»Wer waren
sie
?«
Distel fasste Groth beim steifen Kragen, der König ihn bei seiner Ehre:
»Es kann Ihr Gewissen entlasten und Sie davor bewahren, zum Wiedergänger zu werden!«
Groth senkte den Blick und sagte:
»Meister Göttler, den Herrn Kompositeur und Madame de Grève!«
Beatrice de Grève sprang auf. Sie lachte schrill, sah de Paul mit schreckgeweiteten Augen an und schrie:
»Verleumder! Wie können Sie es wagen, so einen haarsträubenden Unsinn zu erzählen?«
»Madame de Grève? Ich dachte, die Duchesse ...«, ächzte Distel und wandte sich an mich: »Sagen Sie, Marquise: Von welchem Verbrechen sprechen wir jetzt eigentlich?«
»Nehmen Sie Platz, Madame!«, beschwichtigte der Prinz von Preußen die erboste Hausherrin.
Widerstrebend ließ sie sich wieder auf den Sitz ziehen.
»Anne de Pouquet war nicht sehr helle, wenn sie sich einbildete, in Monsieur de la Maupadé einen tatkräftigen Helfer zu finden«, sagte ich. »Ein verschuldeter Komponist, der überdies nur einer Frau hörig war: Beatrice de Grève, einer Royalistin und Harfenistin von Format ...«
Ich sah sie zittern und erklärte:
»Wir sprechen von dreifachem Mord, zum Zwecke der Entwendung und gemeinschaftlichen gewinnbringenden Veräußerung eines Juwels von nationaler Bedeutung für Frankreich, von der Dame dort drüben und gemeinschaftlich begangen von dem Mann, der neben ihr sitzt, Monsieur de la Maupadé, ihrem Geliebten, sowie dem Harfenbauer Valentin Göttler!«
»Ha! Aus welchem Grund denn? Sie delirieren ja!«, hauchte die de Grève in böser Wut erstarrt, und ihr Blick war ein zielloses Flammenzüngeln.
»Zweck dieses Raubmords«, fuhr ich ungerührt fort, »war die private Sanierung der Lebensverhältnisse dieser Dame und dieses Herrn. Ironie des Schicksals, dass Ew. Majestät der harfenspielenden Auftraggeberin der Harfenmorde auch noch kostenlos das Haus renovieren ließen.«
»Das beweisen Sie mir!«, loderte sie herüber.
»Ich werde Ihnen zeigen, was für ein Unsinn es wäre, sichnoch zu wehren oder zu leugnen!«, sagte ich und genoss die Blässe in ihrem Gesicht. »Bitte helfen Sie mir!«, wandte ich mich an Distel und ging zur Harfe hinüber.
Wir drehten das Instrument herum.
Ich deutete auf die klemmende Lade im Fuß und bat den Polizeichef, sie herauszuziehen. Das schwere Instrument hatte ein wenig geschwankt beim Konzert, das war mir durchaus nicht entgangen. Das konnte nur heißen, dass es am Standgewicht haperte. Nach einiger Mühe hatte Distel Erfolg, und ins Quietschen des verkanteten Holzes mischte sich sein Aufschrei:
»Mon d... Pard... Äh! Da hol mich doch ...!«
Wir waren wie geblendet. Wo normalerweise nur Gewichte steckten, war er hineingezwängt: ein Reif aus Weißgold mit siebzehn daumennagelgroßen Diamanten. Es war das Kostbarste, was ich jemals in Händen hielt, als Distel es mir gab, damit ich es betrachten konnte. Es gleißte und glitzerte im warmen, sanften Kerzenschein.
»Was ist ... Wie kommt das ... Wer hat mir das ...?«
Beatrice de Grèves Versuch zu leugnen war so erbärmlich, dass ich ihn am liebsten überginge. Ich hielt ihr die Krone vor die Augen, und wie wahnsinnig schnellte sie hoch, um sie mir zu entreißen. De la Maupadé sank in sich zusammen. Beiden wurden die Hände gebunden.
»Warum?«, rief der König, während ich der Kronprinzessin den Diamantreif anvertraute, die mir ein
Touché!
zuraunte, bevor sie das Schmuckstück ihrem Mann gab, der es dem König überreichte.
»Einzig und allein des Geldes wegen, Majestät! Wegen nichts sonst ...«, sagte ich, und es schauderte mich mehr vor dem schnöden Mammon und seiner verderblichen, todbringenden Dimension als vor jedem altpreußischen Schreckgespenst.
»Dies Verbrechen färbt die Vorsatzblätter ihrer Notenwerkeblutrot«, sagte die Kronprinzessin und hielt die Partitur der ihr gewidmeten Kammermusik mit spitzen Fingern hoch.
»Ich glaubte stets, ein guter Menschenkenner zu sein, doch das ... doch das ...«, stammelte der König.
»Ich glaubte stets, ein guter Menschenkenner zu sein, doch das … doch das
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