Der rote Tod
fortschickte, entschädigte ich ihn mit einem großzügigen Trinkgeld, da ich es mir zur Gewohnheit gemacht hatte, mit jedem Mann stets gut auszukommen, der sich mit einem Rasiermesser an meinem Hals zu schaffen machte.
Crispin war seinem Ruf gerecht geworden. Alle meine Kleider waren gereinigt, gelüftet und vorbereitet worden und wirkten, als seien sie neu. Nach sorgfältiger Überlegung wählte ich meine dunklen Sonntagskleider, glich aber das strenge Schwarz durch ein kunstvoll geknüpftes Halstuch und gut polierte Schuhe mit den neuen Silberspangen aus. Einer der jüngeren Lakaien war als mein zeitweiliger Diener abkommandiert worden, und seine Sorgfalt gefiel mir, auch wenn ich wenig sagte, weil er sich keine übertriebene Vorstellung von der Größe seines Trinkgeldes am Ende meines Aufenthaltes machen sollte.
»Himmel!«, rief Tony aus, als er und Oliver kamen, um mich abzuholen. »Sie werden glauben, Sie seien irgendein Quäker, der aus Versehen hergekommen sei.«
»Das, oder ein ernsthafter Jurastudent«, gab ich würdevoll zurück.
Oliver stimmte mir zu. »Ich finde, er hat eine weise Wahl getroffen. Alle werden erwarten, dass er entweder ein unzivilisierter Wilder oder ein Rebellenflegel ist. Wenn er so gekleidet ist, sieht er wie keiner von beiden aus; sie müssen sich schon bemühen, zuerst seine Bekanntschaft zu machen, alleine aus reiner Neugierde angesichts des Mangels an Flitter.«
»Danke, Vetter.«
»Keine Ursache«, sagte er fröhlich und ging voran nach unten.
Da Lakaien vor und hinter unserer Kutsche herrannten, wobei ihre Fackeln in der Dunkelheit ein wundervolles Licht warfen, gab es keine Störung durch kriminelle Elemente auf unserer Kutschfahrt zum Haus der Bolyns. Es war ein großes Haus, und obwohl es der Welt wohl ein angenehmes Aussehen bot, bemerkte ich das wegen all der Leute kaum. Es schienen Hunderte zu sein, die hier herumliefen, was mich an die Menschenmassen erinnerte, die wir zuvor auf den Straßen gesehen hatten, aber sie waren unendlich viel besser gekleidet, weniger zweckmäßig und mehr zum Posieren bestimmt. Oliver wollte anhalten und reden, wann immer er ein vertrautes Gesicht erblickte, aber Tony trieb uns an, da er begierig darauf war, seine Miss Jones wieder zu sehen und sie uns vorzustellen.
Wir hielten lange genug an, um unseren Gastgeber und unsere Gastgeberin zu begrüßen, und Olivers Vorhersage, dass meine Aufmachung einen guten Eindruck machen würde, erwies sich als wahr, zumindest bei ihnen. Mir wurden viele Fragen über die Kolonien gestellt, auf die ich nur ziemlich unzureichende Antworten geben konnte aufgrund der Tatsache, dass ich nur in einem kleinen Teil davon lebte. Die meisten der interessanten Neuigkeiten hatten sich nicht in meiner Heimatstadt ereignet, obwohl ich in der Lage war, einige Informationen bezüglich Philadelphia zu liefern. Dafür war ich Dr. Theophilous Beldon zu Dank verpflichtet, der in seinen Bemühungen, vor meiner Abreise freundschaftlichen Verkehr mit mir zu suchen, die Neuigkeit des Themas ziemlich erschöpft hatte.
Er hätte dies hier geliebt, denn ich sah viele Dandys seines Typs im Haus und auf dem Grundstück umherwandern, sich vor höher Gestellten nach Herzenslust verbeugend und bei ihnen Speichel leckend. Einige stachen so deutlich aus dem Rest hervor, dass ich anhalten und sie anstarren musste. Elizabeth beschuldigte mich oft, ein eitler Pfau zu sein, aber sie hatte diese Prachtexemplare noch nicht gesehen. Ihre Perücken waren so weiß, als ob sie den Beobachter blenden sollten, und so hoch, dass sie den Türsturz berührten. Anstelle von Schuhen schienen sie Pantoffeln zu tragen; ein silberner Kreis diente ihnen als Spange. Sie waren angemalt und gepudert und so reich geschmückt, dass ich mich einen Moment lang fragte, ob versehentlich Angehörige des Hofes hier hereingeraten seien.
Ich habe ganz bestimmt einige Gedanken auf das Aussehen meiner eigenen Garderobe während meines Aufenthaltes in London verwandt, aber wenn dies typische Beispiel für die Mode hier galt, würde ich lieber nackt herumlaufen und sagte dies auch zu Oliver.
»Oh, das sind Mitglieder des Macaroni-Clubs«, informierte er mich.
»Eine Theatergruppe, nicht wahr?«
»Nein, Abkömmlinge wohlhabender Häuser. Sie haben eine Kavaliersreise durch Europa gemacht und den Namen aus Italien mitgebracht.«
»Den Namen?«
»Macaroni.«
Das Italienisch, das ich gelernt hatte, enthielt dieses spezielle Wort nicht, also bat ich um eine
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