Der Ruf der Finsternis - Algarad 2
besten dein Handwerk, bevor du weiteren Unsinn redest – und ich rate dir um deines eigenen armseligen Lebens willen: Tue es gut! Versiegle den Kristall, damit die Schattenwesen keine Macht mehr haben und nicht die Grenze nach Algarad überschreiten können!«
Der Zauberer warf ihm einen verständnislosen Blick zu und ordnete seine verrutschten Kleider. »Sehr wohl, mein Herr. Beruhigt Euch wieder, ich werde alles zu Eurer Zufriedenheit erledigen.«
Thut Thul Kanen runzelte verärgert die Stirn. »Es war schwer genug, in den Straßen Meledins einen Zauberer aufzutreiben. Ich bezweifle allerdings, dass du der Richtige für diese Aufgabe bist.«
Der Alte setzte ein keckes Gesicht auf. »Ihr werdet mit meiner Arbeit zufrieden sein. Ich wurde von Sftaka ausgebildet, einem Meister in der Kunst des magischen Versiegelns. Wenn jemand hier den Stein versiegeln kann, dann ich. Oder aber Ihr sucht einen der Erzmagier von Dan auf; sie verstehen sich auf alle Gebiete der Großen Magie ...« Der Alte sah, dass Thut Thul Kanens Gesichtsausdruck noch grimmiger wurde, als er die Ritter von Dan erwähnte, und verstummte augenblicklich. Eilig öffnete er den Ledersack, der zu seinen Füßen lag, und kramte nach seinen magischen Utensilien, während er unverständliche Worte vor sich hin murmelte und seltsame Gesten machte. Thut Thul Kanen verschränkte die Arme vor der Brust und schaute ihm skeptisch zu. Der Zauberer holte einen Gegenstand hervor, der aus einem rötlich schimmernden Metall gefertigt war. Unterschiedlich lange Stäbe und Rohre ragten in verschiedene Richtungen.
»Mit diesem Kondur kann ich jeden Zauber neutralisieren und magische Wirkungen zunichtemachen«, erklärte er. »Es ist ein alter Trick, den mir schon mein Meister beigebracht hat. Ihr müsst nämlich wissen, werter Herr ...«
»Mach deine Arbeit und verschone mich mit deinem Geschwätz!«, fuhr ihm Thut Thul Kanen ungehalten über den Mund.
»Sehr wohl, mein Herr.« Der Alte verbeugte sich unterwürfig und rieb sich diensteifrig die Hände. Er griff nach dem Kondur, legte ihn auf einen Mauervorsprung, kniff ein Auge zusammen und richtete das lange Hauptrohr des Gegenstands so aus, dass es direkt auf den Kristall wies. Die übrigen Metallstäbe verbog er derart, dass sie in verschiedene Richtungen zeigten. Dann forderte er Thut Thul Kanen auf, sich an einer Stelle am Rand der Halle zu postieren, wo keiner der Stäbe auf ihn zeigte. »Man kann nie wissen, wohin die Kräfte schießen, die der Kondur umleiten wird«, kicherte er und wurde schnell wieder ernst, als er die strengen Züge des Südländers sah.
Thut Thul Kanen stellte sich an die Mauer und beobachtete den Zauberer aus schmalen Augen.
Der Alte holte aus einer der vielen Taschen, die er am Leib trug, eine silberne Münze hervor. »Das ist die Siegelmünze meines Meisters«, erklärte er stolz und näherte sich langsam dem Tuch, aus dessen Falten das unheimliche rote Leuchten drang. »Mit dieser Münze werde ich zunächst ein vorläufiges Siegel über den Stein legen, das uns vor einem unkontrollierten Ausbruch schützt«, sagte er. »Danach wird der Kondur seine volle Wirkung entfalten.«
Als der Zauberer vor der Holzkiste mit dem Kristall stand, hielt er die silberne Münze wie einen Talisman vor sich und zog das Tuch zur Seite. Augenblicklich flutete das rote Licht in jeden Winkel der Kontorhalle. Der bucklige Alte wich erschrocken einen Schritt zurück. Gespenstische Schattenbilder tanzten in bizarren Verrenkungen an den Steinwänden.
Thut Thul Kanens Hand zuckte unwillkürlich zu dem kurzen Dolch an seinem Gürtel – das waren die Dämonen, die damals sein Volk bedroht hatten! In ihm wallte Wut gegen die Schattenwesen auf, seine Faust ballte sich um den Griff der Waffe.
Der Alte hob die Münze mit beiden Händen über seinen Kopf und schloss die Augen. »Ich werde nun den Zauber des Versiegelns sprechen, den mir mein Meister beigebracht hat«, eröffnete er feierlich.
»Rede nicht so viel, fang endlich an!«, fauchte Thut Thul Kanen.
Der bucklige Zauberer sprach ein paar unverständliche Worte und strich mit der Rechten beschwörend über die Münze, dann legte er sie vorsichtig auf die Oberfläche des Kristalls. Kaum hatte sie den Stein mit einem leisen Klirren berührt, sprühten grün-gelbe Funken hervor und jagten durch die Halle. Als sie auf die Wand trafen, fraßen sie sich tief ins Gestein und hinterließen schwarze Brandspuren und Löcher. Einige Funken versetzten den Umhang
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