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Der Ruf der Finsternis - Algarad 2

Der Ruf der Finsternis - Algarad 2

Titel: Der Ruf der Finsternis - Algarad 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Reichard
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seine Angst und begibt sich mitten ins Zentrum des Leuchtens. Das dunkelrote Licht beginnt zu flackern und verändert sich zu einem helleren Rot, als er eine unsichtbare Grenze überschreitet, es zieht ihn in einen Tunnel aus wirbelnden Strahlen, deren Sog ihn vorwärtsreißt... Dann, so unvermittelt, wie alles begonnen hat, steht Tenan auf einer düsteren Ebene. Nirgendwo ist ein Lebewesen zu sehen, er ist vollkommen allein. Grauer Nebel wabert um eine Ansammlung von Felsen, die weit verstreut auf der endlosen Ebene stehen. Der Wind, der über ihre zerklüftete Oberfläche weht, erzeugt ein unheimliches Heulen, das wie ein immerwährender Klagelaut in der Luft liegt.
    Tenan erinnert sich: Schon einmal weilte er an jenem Ort, als er nach der Verletzung durch das Schwert des Bash-Arak im Delirium lag. Amberon, der Erzmagier, rettete ihn damals und brachte ihn in die Welt der Sterblichen zurück. Also befindet er sich abermals in den Grauen Sphären.
    Er lässt den Blick über die trostlose Ebene schweifen. Kein Baum, kein Strauch, kein einziges Lebewesen ist zu sehen. Der Anblick erzeugt eine tiefe Traurigkeit in seiner Seele, er weiß nicht warum. Doch obwohl er niemanden in seiner Nähe wahrnehmen kann, hat er plötzlich das Gefühl, beobachtet zu werden, erfühlt die Anwesenheit anderer Wesen, die sich nicht weit entfernt von ihm aufhalten. Ist nicht hinter jenem Felsen dort eine schattenhafte Bewegung zu sehen? Und dort hinten – ein loser Stein rollt einen Abhang hinab.
    Vorsichtig pirscht sich Tenan an den Felsen heran, hinter dem er den geheimen Beobachter vermutet. Während seine Hand nach dem Schwert an seiner Seite tastet, wird ihm klar, dass er in dieser Ebene des Seins zwar einen Körper besitzt und all seine Sinne vorhanden sind, dass er jedoch keine Waffe bei sich trägt. Wahrscheinlich wäre sie ohnehin nutzlos.
    Vorsichtig nähert er sich dem Felsen, hinter dem er die Bewegung wahrgenommen hat, beugt sich vor – und weicht erschrocken zurück. Eine schattenhafte Gestalt lauert dort in geduckter Haltung, zum Sprung bereit. Eine Weile starren sich die beiden wortlos an, die lichtlosen Augen des Schattens fixieren ihn argwöhnisch, doch die Gestalt macht keine Anstalten, ihn anzugreifen. Tenan kann die Gesichtszüge in dem diffusen grauen Licht nicht klar sehen, aber er glaubt eine Vielzahl von Regungen in ihnen zu erkennen: Wut und Hass, Angst und Trauer, aber auch zaghafte Hoffnung und – am deutlichsten – eine ungestillte Sehnsucht.
    Langsam erhebt sich der Schatten und verneigt sich vor Tenan. »Sei willkommen, Linethar.« Seine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern. »Wir erwarten dein Erscheinen schon lange. Endlich bist du unserem Ruf gefolgt.«
    Tenan weiß zunächst nicht, was er antworten soll. »Ihr ... habt mich erwartet?«, stammelt er überrascht.
    Der Schatten verbeugt sich abermals. »Uns, den Kindern der Grauen Sphären, wurde das Kommen des Linethar schon vor langer Zeit vorhergesagt. Es heißt, der Linethar wird uns aus dem Bann befreien, der vor tausend Jahren über uns gelegt wurde und uns in den Grauen Sphären festhält. Dann endlich werden wir auch dem Herrn der Schatten nicht mehr gehorchen müssen.«
    »Du sprichst vom Bash-Arak? Bist du ihm nicht treu ergeben?«, fragt Tenan verwundert.
    Der Umriss des Schattens flackert. »Blind waren wir, als wir ihm folgten, blind und gierig, das zu bekommen, was uns nicht zustand, nur so konnte er uns an sich binden. Doch manche von uns haben im Lauf der Zeit erkannt, dass wir einem falschen Pfad folgten. Bereits am Anfang der großen Trennung, als die Unai am Scheideweg standen, entschieden sich einige von uns dagegen, dem Herrn der Schatten zu folgen. Sie wurden bitter vom Bash-Arak bestraft. Ich kann nicht sagen, wen das schlimmere Los getroffen hat: uns, die wir seitdem in der Ödnis der Grauen Sphären leben müssen, oder unsere Brüder und Schwestern, die in einem dunklen Labyrinth tief unter dem Meer ihr Dasein fristen.«
    »Die Grauen Flüsterer!«, ruft Tenan aus.
    »Du kennst das verlorene Volk?«, fragt der Schatten erfreut. »Dann bist du wahrhaft der Linethar!« Wieder verbeugt er sich vor ihm.
    Tenan versteht den Grund für diese Ehrerbietung nicht. »Ich kenne dieses Wort nicht und weiß nicht, was es bedeutet. Warum nennst du mich so?«
    »Der Erlöser ist dazu auserkoren, unsere getrennten Stämme wieder zu vereinen und uns in die Freiheit zuführen«, antwortet der Schatten geheimnisvoll. »Deswegen haben wir dir

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