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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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Sobald die Sterne ihr blauweißes Licht auf die Landschaft warfen, erhob sich der Buschmann und blickte nach oben. Ein zufriedenes Lächeln legte sich über sein Gesicht; dann lief er weiter
in südlicher Richtung. Im Morgengrauen hatte er sein Ziel erreicht. Das Sanddünenmeer hörte plötzlich auf und ging in eine flache Ebene über, die von spinnennetzartigen Rissen überzogen war. Sie bildete einen Teil des Deltas eines Riviere, der mitten in der Wüste endete. Von oben betrachtet erinnerte er an eine verkrüppelte Hand. Bei Regen füllte sich die Senke und bildete einen reißenden Fluss, doch jetzt war er knochentrocken und hart wie Stein. Skelettreste von Tieren, die hin und wieder eingeschlossen aus dem erhärteten Morast lugten, zeugten von der tückischen Gefahr, die von dem Trockenfluss ausging. Wenn das Wasser nach einem Regenfall verdunstet war, blieb ein schlammiger Rest von Sedimentgesteinen in seinem Flussbett liegen. Er war tief genug, um darin zu versinken. Sobald die Sonne es austrocknete, verhärtete sich das Sediment und wurde hart wie Stein. Wehe dem Lebewesen, das sich dann noch in dem Flussbett befand. Es wurde bei lebendigem Leib darin festgetrocknet. Debe durchquerte das Bett des Riviere und hielt nach dem Felsen Ausschau, den die Buschmänner »Buschmannskopf« nannten. Etwas südlich von ihm erhob sich ein seltsamer Monolith, der wie ein überdimensionaler Kinderkopf aussah. In der weiten, flachen Kalaharilandschaft wirkte er wie ein Fremdkörper. Doch dieser Fels war älter als Afrika. Wer sein Geheimnis kannte, kam zu den Tränen im Bauch der Erde.

Verrat

    Jellas Traum war wie eine Vision.
    Sie befand sich allein in der Wüste, weit draußen in der Einsamkeit der Omaheke. Eine Frauenstimme rief immer wieder ihren Namen und lockte sie mit sich fort. Jella hatte sie schon einmal gehört. Es war dieselbe Stimme, die sie damals auf dem Baum in der Wüste daran gehindert hatte, ihrer Mutter in den Tod zu folgen. Die Sprache war fremd und klang seltsam, weil sie durch Klicken und Schnalzen immer wieder unterbrochen wurde. Trotzdem verstand sie jedes Wort. Sie konnte nicht anders, als dieser Stimme zu folgen. Sie lief durch Trockensavanne und Buschland hinein in die Dünenlandschaft der Kalahari. Es strengte sie nicht an, denn im Traum war sie von der Last ihres Körpers befreit. In gewisser Weise schwebte sie wie ein Geist über der Erde, bis sie einen Buschmann entdeckte, der an einem seltsam geformten Felsen hinaufkletterte. Jella wollte ihn rufen, aber der Mann hörte sie nicht. In ihrer Traumwelt war sie offensichtlich unsichtbar und stumm. Mühelos gelang es ihr, dem Buschmann zu folgen, der sich durch eine schmale Ritze im Fels zwängte. Im Inneren des Felsens war es dunkel und angenehm kühl. Der Spalt setzte sich als Gang fort und führte hinab zu einer Felsenhalle, durch die etwas Wasser lief. Der Buschmann kniete nieder und trank davon. Dann richtete er sich auf und stimmte einen besänftigenden Gesang an, wobei er immer abwechselnd von einem Fuß auf den anderen stampfte. Obwohl keinerlei Tageslicht in die Halle strömte, war es
nicht dunkel darin. Die Wände glitzerten und strahlten in überirdischem Glanz. Helles, kristallines Funkeln umgab Jella und den tanzenden Buschmann. Der Buschmann besänftigte die Geister, die um ihn herum waren. Immer wieder attackierten wilde Wirbel den kleinen Mann und machten ihm schwer zu schaffen. »Hilf mir, sie zu vertreiben«, forderte die Stimme. »Es sind Llangwasi, die ihm Böses wollen.«
    Jella dachte nicht groß nach. Melodie und Text sprudelten wie von selbst aus ihr heraus, als sie in den Gesang des Buschmannes mit einstimmte. Obwohl sie die Sprache nicht kannte, kamen ihr die Worte leicht über die Lippen. Sie waren uralt und weise. Tatsächlich beruhigten sich die Wirbel und ebbten ab. Und dann fühlte Jella, wie sie von einer ungeheuren Kraft aus der Höhle gesogen wurde, hinaus in das unerbittliche Licht der Sonne.
    Schweißgebadet wachte Jella auf. Der Traum saß ihr in den Knochen, als wäre er Realität gewesen. Ihre Glieder schmerzten, als wäre sie wirklich in der Wüste gewesen. Sie schauderte. Ihr Blick wanderte zum Fenster. Sarah stand davor und starrte sie an. Jella erschrak erst, aber dann winkte sie ihr zu. Ohne zu reagieren, verschwand die Himbafrau aus ihrem Blickfeld. Jella wollte sie aufhalten, aber als sie am Fenster stand, war weit und breit nichts mehr von ihr zu sehen. In welcher Beziehung hatte diese Eingeborene zu

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