Der Ruf der Pferde
kämpfte.
Um Himmels willen, das kann nicht gut gehen, dachte sie.
Auch Damian hatte Michelle entdeckt.
»Michelle, was machst du denn da?« Seine Stimme klang resigniert, Patricia vermutete, dass er die meiste Zeit des Ausrittes damit verbringen musste, sich um das Mädchen zu kümmern.
»Er will nicht stehen bleiben«, jammerte Michelle und verkrampfte sich noch mehr.
»Kein Wunder, du machst ihn ja auch komplett verrückt mit deinem Gehampel!« Damian ritt an ihr Pony heran und griff hinüber.
»So hältst du jetzt die Zügel, Schenkel ran und lass gefälligst die Mähne los! Du tust deinem Pferd weh!«
Michelle gehorchte zögernd und versuchte, die Zügel so aufzunehmen, wie Damian es ihr zeigte, doch als der Wallach eine Bewegung machte, klammerte sie sich sofort wieder fest.
»Ich fall runter!«
»Blödsinn, du fällst nicht runter!« Damian schien nun wirklich verstimmt und Patricia hörte, wie eines der anderen Mädchen ebenfalls genervt aufstöhnte.
Patricia konnte es nicht mehr mit ansehen.
»Möchtest du denn überhaupt galoppieren?«, fragte sie und trat zu Michelle hinüber.
Michelle blickte sie an, blanke Panik in den Augen. »N-nein, eigentlich nicht«, brachte sie leise heraus und holte angstvoll Luft, als der Sandfarbene sein Gewicht auf ein anderes Bein verlagerte.
»Ich dachte, du wolltest galoppieren?« Damian sah sie ärgerlich an. »Deine Eltern sagten mir, du wärst ganz wild drauf.«
Michelle gab keine Antwort, aber Patricia ahnte schon, dass es offenbar eher die Eltern waren, die wollten, dass Michelle galoppierte.
»Was ist jetzt, können wir?« Tommy sah ungeduldig zu ihnen hinüber.
»Du wirst es schon noch abwarten können«, gab Patricia gereizt zurück. Der Kerl ging ihr auf die Nerven, während ihr Michelle leidtat.
Damian guckte zwar ein wenig erstaunt wegen Patricias unvermittelter Einmischung, aber zu ihrer Erleichterung wies er sie nicht zurecht. Im Gegenteil: Er schien froh zu sein, dass ihm jemand bei Michelle zu Hilfe kam.
Patricia, davon ermutigt, wandte sich wieder an das verängstigte Mädchen.
»Hör mal, du musst doch nicht galoppieren, wenn du nicht möchtest. Keiner zwingt dich dazu!« Sie sprach sanft und hoffte, es würde zu Michelle durchdringen.
»Aber ich dachte...« Michelle stockte und sah zu den anderen Reitern hinüber.
»Unsinn«, sagte Patricia und legte ihre Hand auf den Hals des Sandfarbenen. »Es hat doch keinen Zweck, wenn du Angst hast. Du fühlst dich halt noch nicht sicher genug auf dem Pferd – das ist doch keine Schande!«
»Meinst du wirklich?« Michelles Stimme zitterte, doch auf ihrem Gesicht erschien ein kleiner Ausdruck von Hoffnung.
Damian verlor die Geduld.
»Dann reitest du eben langsam im Schritt hinterher, wenn du partout nicht willst.« Er drehte sich zu den anderen um. »Also, wie besprochen – Sitz, Kreuz, Schenkel, und los!«
»Jippieeeeeh!«, schrie Tommy und trieb sein Schimmelpony an. Es sprang los, wohl eher aus Schreck über seinen Schrei, als dass es irgendwelchen Hilfen Folge leistete, aber das Ergebnis schien Tommy zu genügen.
»Verdammter Idiot!«, murmelte Damian und gab seinem Pferd die Zügel frei, um hinterherzukommen. Auch die anderen setzten nun ihre Ponys in Gang, es gab ein kurzes Getümmel, nachdem nicht alle Tiere so wollten wie ihre Reiter, aber nach einigen Momenten waren alle losgeritten.
Noch während Tommys Kavalierstart reagierte Patricia blitzschnell und griff nach der Trense des Sandfarbenen. Michelle quietschte entsetzt auf, als der Wallach sich anschickte, seinen davongaloppierenden Kameraden zu folgen, doch Patricia, die genau das vorausgesehen hatte, hielt ihn eisern fest. Das Pony zerrte ärgerlich am Zügel, es wollte den anderen Pferden hinterher. Patricia sprach beruhigend auf es ein und streichelte seinen Hals. Sie verspürte Wut auf Damian, er hätte schließlich wissen müssen, dass Michelles Pony bestimmt nicht ruhig stehen bleiben würde, während die anderen davonrasten.
»Keine Sorge, ich hab ihn fest«, sagte sie zu Michelle, die vor Entsetzen wimmerte. »Pferde sind Herdentiere, sie fühlen sich nur zusammen mit anderen Pferden sicher. Und er hat jetzt Angst, weil er alleine zurückbleibt, deswegen will er hinterher.« Sie fuhr fort, das erregte Pony zu tätscheln, und hoffte, dass Michelle nicht doch noch die Nerven verlor. Solange der Wallach nicht anfing zu steigen, weil ihn seine Reiterin vollends verängstigte, würde sie ihn halten können.
»Bitte lass
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