Der Ruf der Pferde

Titel: Der Ruf der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Beyrichen

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Steuerberater.«
    Ethan sah sie ernst an. »Patricia, der Typ ist ein Versicherungsfuzzi. Und eine echte Ratte obendrein.«
    Patricia starrte ihn entsetzt an.
    Oh Gott, war ihr erster Gedanke. Was haben die mit Dallis vor?
    Ethan wusste, was ihr durch den Kopf ging, und legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. »Ganz ruhig, Patricia, das muss gar nichts bedeuten. Vergiss nicht, es gab gestern hier auf dem Hof einen Unfall. Und ganz egal, wie der nun passiert ist, wer schuld war oder was die Folgen waren – der erste Weg führt bei so was immer über die Haftpflichtversicherung.«
    Patricia starrte vor sich hin. »Ich hab ein ganz blödes Gefühl dabei«, sagte sie.
    Ethan sah zu Mr Gaillard hinüber. »Ich auch, um ehrlich zu sein.« Seine Stimme war leise, aber Patricia konnte die Zweifel heraushören. »Ich weiß, dass Silas auf jeden Fall mit der Versicherung Kontakt aufnehmen musste. So weit wär ja alles normal.« Er schüttelte nachdenklich den Kopf. »Aber Gaillard macht mir Sorgen. Wo der auftaucht, bleibt in der Regel verbrannte Erde zurück. Ich hätte nie gedacht, dass Silas seine Versicherungen ausgerechnet bei ihm abgeschlossen hat...« Seine Stimme erstarb und er versank in Nachdenken. Sein Gesicht wurde immer düsterer.
    Patricia achtete nicht darauf. Sie blickte ebenfalls zu den beiden Männern hinüber, zu denen gerade auch noch Damian dazustieß.
    Aha, Mittagspause, dachte Patricia.
    Sie konnte nicht hören, was gesprochen wurde, aber nach dem kurzen, begrüßenden Händeschütteln nahm Damians Gesicht einen verschlossenen Ausdruck an, der das ganze Gespräch über vorhielt. Silas stand mit dem Rücken zu Patricia, seine Miene war daher nicht zu sehen, aber sie hatte den Eindruck, seine wettergegerbte Gestalt beugte sich noch merklicher als sonst.
    Mr Gaillard hingegen schien nicht unter gedrückter Stimmung zu leiden. Soweit Patricia aus seinem ihr zugewandten Profil erkennen konnte, trug er ein verbindliches Gesicht zur Schau und redete beinahe ununterbrochen. Seine Augen blickten allerdings unbeteiligt, seine Mimik wirkte seltsam starr und sein regelmäßig aufgesetztes Lächeln strahlte keinerlei Humor aus.
    Ich kann verstehen, dass Ethan ihn als Ratte bezeichnet, dachte Patricia. So wie der aussieht, geht er über Leichen, wenn er damit Geld machen kann.
    Ein eisiger Lufthauch schien sie zu berühren, als ihr klar wurde, was sie da gerade gedacht hatte. Ja, er würde über Leichen gehen, wusste Patricia mit erschreckender Klarheit. Dallis!
    Das Gespräch schien nun beendet. Ein kühles Händeschütteln und Mr Gaillard wandte sich zum Gehen. Silas und Damian sahen ihm nach, in ihren Gesichtern war nichts zu erkennen.
    Patricia hielt es nicht mehr aus, sie musste erfahren, was da los war.
    Damian setzte eine unbeschwerte Miene auf, als sie herantrat. »Na, kein Reitunterricht für Michelle heute?«
    Silas nickte ihr ebenfalls lächelnd zu und begann dann, seine Pfeife zu stopfen.
    Spontaner Ärger erfasste Patricia. Reitunterricht, um Himmels willen, wen interessierte das im Moment! Ganz abgesehen davon, dass Damian ganz genau wusste, dass Michelle längst aufgehört hatte! Na toll, er beabsichtigte also, ihr gegenüber so zu tun, als sei alles ganz normal! Für wie naiv hielt er sie eigentlich?
    Ihr Ton fiel daher ein wenig heftiger aus als eigentlich beabsichtigt.
    »Was war denn gerade, was wollte der Typ? Ich weiß, er war von der Versicherung. Es ging um Dallis, richtig?«
    Patricia war so aufgeregt, dass sie kaum registrierte, wie Ethan neben sie trat.
    Damians Miene fiel bei ihren Fragen schlagartig in sich zusammen und Silas warf ihm einen lächelnden Seitenblick zu. Offenbar hatte er Damian prophezeit, dass Patricia nicht so leicht für dumm zu verkaufen war.
    Patricia schaute von einem zum anderen. »Jetzt sagt schon, was wird mit ihr geschehen?«
    Silas hatte seine Pfeife fertig und räusperte sich nun. Sein faltiges Gesicht, das sonst immer so lebendig war und so viel Frieden und Humor ausstrahlte, sah auf einmal sehr alt aus.
    Damian legte ihm die Hand auf den Arm.
    »Lass nur, Silas. Ich werde es ihr erklären.«
    Silas nickte. »Ja, das wird wahrscheinlich besser sein.« Er sah niemanden an, als er sich umdrehte und mit schwerfälligen Schritten zurück ins Haus ging.
    Er sieht aus wie ein steinalter Mann, dachte Patricia flüchtig.
    Doch sie vermochte nicht weiter über Silas nachzudenken – sie fühlte nur kalte Angst.
    »Komm, wir laufen ein paar Meter«, schlug Damian