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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Schwarze Streifen verzierten mein Dekolleté, als ich Jamie zu dem kleinen Sklavengrüppchen folgte, das in einer verwirrenden Mischung aus Gälisch, Englisch und diversen afrikanischen Sprachen durcheinanderredete.
    Wir fanden Ian bei einem der Fähnriche. Sie blickten interessiert in die geschwärzte Grube, die jetzt da war, wo zuvor der Hügel gewesen war.
    »Es kommt häufig vor, habe ich gehört«, sagte der Fähnrich gerade, als wir dazukamen. »Ich habe es allerdings noch nie gesehen - erstaunlich kraftvoller Stoß, nicht wahr?«
    »Was passiert oft?« fragte ich und sah an Ian vorbei. Die Grube war mit geschwärzten Kiefernbalken gefüllt, die durch die Wucht der Explosion kreuz und quer übereinandergeflogen waren. Das Fundament des Hügels war noch da und ragte wie der Rand einer Backform um die Grube herum auf.
    »Eine Explosion beim Teerschwelen«, antwortete der Fähnrich. Er war klein und rotwangig, ungefähr in Ians Alter. »Man schwelt Kienholz unter einem luftdichten Mantel aus Erde und Rasenstücken, damit die Hitze nicht entweicht. Dabei muß noch so viel Luft hereinströmen, daß das Feuer anbleibt. Der Teer fließt dann durch einen ausgehöhlten Baumstamm in das Teerfaß - seht Ihr?« Er zeigte auf einen gespaltenen Baumstamm, der über den Überresten eines zerschmetterten Fasses hing, aus dem klebriges Schwarz sickerte. Die Luft war vom Geruch verbrannten Holzes und dicken Teeres erfüllt, und ich versuchte, nur durch den Mund zu atmen.
    »Das Problem ist, die Luftzufuhr zu regeln«, fuhr der kleine Fähnrich fort, der sich ein wenig mit seinem Wissen brüstete. »Bei zu wenig Luft geht das Feuer aus; bei zu viel Luft entwickelt es so viel Energie, daß man es nicht mehr kontrollieren kann, und dann können sich die Schweldämpfe entzünden und aus ihrem Gefängnis ausbrechen. Wie Ihr seht, Ma’am.« Er wies mit wichtiger Miene auf einen Baum in unmittelbarer Nähe. Eins der Rasenstücke war mit solcher Wucht dagegengeflogen, daß es sich um den Stamm gewickelt hatte und nun wie ein zottiger gelber Pilz dort klebte.
    »Es erfordert höchste Präzision«, sagte er, während er sich auf die Zehenspitzen stellte und sich mit Interesse umsah. »Wo ist der Sklave, dessen Aufgabe es ist, sich um das Feuer zu kümmern? Ich hoffe, der arme Kerl ist nicht umgekommen.«
    Er war nicht umgekommen. Ich hatte die Menge während unseres
Gespräches prüfend gemustert und nach Verletzten gesucht, doch alle schienen unversehrt davongekommen zu sein - diesmal.
    »Tante Jocasta!« erinnerte Jamie sich plötzlich. Er fuhr zu den Hütten herum, entspannte sich dann aber. Dort stand sie ja, deutlich erkennbar in ihrem grünen Kleid. Ihre Haltung war stocksteif.
    Stocksteif vor Wut, wie wir feststellten, als wir sie erreichten. Wir alle hatten sie im Durcheinander nach der Explosion vergessen, und blind, wie sie war, mußte sie hilflos dastehen und sich den Tumult anhören, ohne eingreifen zu können.
    Mir fiel wieder ein, was Josh über Jocastas Wutausbrüche gesagt hatte, doch sie war zu sehr feine Dame, um in der Öffentlichkeit mit den Füßen zu stampfen und ausfallend zu werden, so aufgebracht sie auch sein mochte. Josh entschuldigte sich in schönstem Aberdeener Dialekt dafür, daß er von ihrer Seite gewichen war, doch sie winkte in freundlicher, wenn auch energischer Ungeduld ab.
    »Spar dir die Wort, Junge, du hast getan, was ich dir aufgetragen hatte.« Sie wandte den Kopf ruhelos von einer Seite zur anderen, als versuchte sie, durch ihre Augenbinde zu sehen.
    »Farquard, wo bist du?«
    Mr. Campbell ging zu ihr, schob ihre Hand durch seinen Arm und tätschelte sie kurz.
    »Es ist nicht viel passiert, meine Liebe«, versicherte er ihr. »Keine Verletzten, und nur ein Teerfaß verloren.«
    »Gut«, sagte sie, und ihre Anspannung ließ ein wenig nach. »Aber wo ist Byrnes?« fragte sie. »Ich kann ihn nicht hören.«
    »Der Aufseher?« Leutnant Wolff tupfte sich mit einem großen Leinentaschentuch ein paar Schmutzflecken aus dem schweißbedeckten Gesicht. »Das habe ich mich auch schon gefragt. Heute morgen war niemand da zu unserem Empfang. Glücklicherweise ist Mr. Campbell kurz darauf gekommen.«
    Farquard Campbell räusperte sich leise und spielte seine Rolle herunter.
    »Ich vermute, daß Byrnes in der Sägemühle ist«, sagte er. »Einer der Sklaven hier hat mir gesagt, daß es dort Schwierigkeiten mit dem großen Sägeblatt gibt. Wahrscheinlich kümmert er sich darum.«
    Wolff machte ein aufgeblasenes

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