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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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erklärt ist, und dein Tag war sicher anstrengend, oder?« Ulysses war mit einem Leinentuch über dem Arm aus dem Nichts erschienen; er breitete es mit einer ausladenden Armbewegung über einen der Stühle und lud Jamie mit einer Geste ein, sich hinzusetzen.
    Jamie sah den Butler mit zusammengekniffenen Augen an, doch es war wirklich ein anstrengender Tag gewesen. Unter dem Ruß sah ich Blasen an seinen Händen, und der Schweiß hatte helle Linien in den Schmutz auf seinem Geicht und Hals gegraben. Er sank langsam in den angebotenen Stuhl und ließ es geschehen, daß man ihm einen Silberbecher in die Hand drückte.
    Auch in meiner Hand erschien wie durch Zauberei ein solcher Becher, und ich lächelte den Butler dankbar an; ich hatte keine Baumstämme durch die Gegend geschleift, doch der lange Ritt in der Hitze
hatte mich geschafft. Ich tat einen tiefen Zug - ein schöner, kühler, trockener Cidre, der sofort den Durst löschte.
    Jamie trank einen großen Schluck und sah ein wenig ruhiger aus.
    »Also, Mr. Campbell?«
    »Es hängt mit der Marine zusammen«, begann Campbell, und Jocasta schnaubte verächtlich.
    »Mit Leutnant Wolff, meinst du«, verbesserte sie.
    »Das ist doch für deine Zwecke dasselbe, Jo, das weißt du ganz genau«, sagte Mr. Campbell ein wenig scharf. Er wandte sich wieder an Jamie, um ihm die Sache zu erklären.
    Der Großteil der Erträge von River Run stammte, wie Jocasta uns gesagt hatte, aus dem Verkauf von Holz- und Terpentinprodukten, und die britische Marine war die beste und gewinnträchtigste Kundin.
    »Aber die Marine ist nicht mehr das, was sie einmal war«, sagte Mr. Campbell und schüttelte bedauernd den Kopf. »Während des Krieges mit den Franzosen kamen sie kaum nach mit der Versorgung der Flotte, und wer eine Sägemühle besaß, war reich. Aber in den letzten zehn Jahren ist es hier friedlich gewesen, und sie lassen die Schiffe verrotten - die Admiralität hat seit fünf Jahren keinen Stapellauf mehr gefeiert.« Er seufzte über die unglücklichen ökonomischen Folgen des Friedens.
    Die Marine benötigte immer noch Güter wie Pech, Teer, Terpentin und Spieren - solange es galt, eine lecke Flotte über Wasser zu halten, gab es auch einen Markt für Teer. Doch dieser Markt war ernstlich geschrumpft, und die Marine konnte sich jetzt aussuchen, mit welchen Grundbesitzern sie Geschäfte machte.
    Da es der Marine vor allem auf Zuverlässigkeit ankam, wurden ihre begehrten Verträge vierteljährlich erneuert, und zwar nach der Inspektion und Genehmigung durch einen höheren Marineoffizier - in diesem Fall Wolff. Es war immer schon schwierig gewesen, mit Wolff zu verhandeln, doch Hector Cameron war bis zu seinem Tod gut mit ihm zurechtgekommen.
    »Hector hat mit ihm getrunken«, warf Jocasta geradeheraus ein. »Und wenn er abreiste, war immer eine Flasche in seiner Satteltasche, und noch ein bißchen extra.« Doch Hector Camerons Tod hatte den Geschäften der Plantage schwer geschadet.
    »Und das nicht nur, weil es weniger Bestechungsgelder gibt«, sagte Campbell mit einem Seitenblick auf Jocasta. Er räusperte sich vielsagend.
    Leutnant Wolff, so schien es, war hier aufgekreuzt und hatte der
Witwe Cameron sein Beileid zum Tod ihres Gatten ausgesprochen, ordnungsgemäß uniformiert und in Begleitung seiner beiden Fähnriche. Am nächsten Tag war er allein zurückgekehrt - und hatte ihr einen Heiratsantrag gemacht.
    Jamie, der gerade trank, verschluckte sich.
    »Natürlich hat er sich nicht für mich interessiert«, sagte Jocasta scharf, als sie ihn hörte, »sondern für mein Land.«
    Jamie beschloß klugerweise, sich jeden Kommentars zu enthalten. Statt dessen betrachtete er seine Tante mit neuem Interesse.
    Da ich nun den Hintergrund kannte, glaubte ich, daß sie wahrscheinlich recht hatte - Wolff war daran interessiert, eine profitable Plantage zu erwerben, die durch die Verträge mit der Marine, die sein Einfluß ihm garantierte, noch profitabler werden konnte. Doch gleichzeitig war auch Jocasta Cameron selbst ein Anreiz, der nicht zu verachten war.
    Blind oder nicht, sie war eine außergewöhnliche Frau. Über ihre körperliche Schönheit hinaus strahlte sie eine solch sinnliche Vitalität aus, daß selbst ein Stockfisch wie Farquard Campbell in ihrer Nähe Feuer fing.
    »Das erklärt dann ja wohl das unverschämte Verhalten des Leutnants beim Essen«, sagte ich interessiert. »Die Höll’ kennt keine Wut gleich der eines verschmähten Weibes, aber die Kerle sind auch nicht

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