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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Rauch.
     
    »Stille Nacht, Heilige Nacht«, sang Brianna leise vor sich hin, während sie den River Walk entlanggingen, »alles schläft, einsam wacht - hast du eigentlich das Gas ausgemacht?«
    »Ja«, versicherte er ihr. »Keine Sorge; wenn das Pfarrhaus bei diesem Herd und diesem Durchlauferhitzer bis jetzt noch nicht in Flammen aufgegangen ist, dann muß es der Beweis himmlischen Schutzes sein.«
    Sie lachte.
    »Glauben Presbyterianer eigentlich an Schutzengel?«
    »Ganz bestimmt nicht. Papistischer Aberglaube, aye?«
    »Na, dann hoffe ich nur, daß ich dich nicht zu ewiger Verdammnis verurteilt habe, indem ich dich zu der Messe mitgenommen habe. Glauben Presbyterianer überhaupt an die Hölle?«
    »Oh, das tun wir«, versicherte er ihr. »So fest wie an den Himmel, wenn nicht fester.«
    Hier am Fluß war es noch nebliger. Roger war froh, daß sie nicht gefahren waren, man konnte in der dichten, weißen Suppe kaum weiter als vielleicht anderthalb Meter sehen.
    Sie gingen Arm in Arm am Ness entlang; ihre Schritte klangen gedämpft. In den Nebel gehüllt, hätte die unsichtbare Stadt, die sie umgab, genausogut nicht vorhanden sein können. Sie hatten die anderen Kirchengänger hinter sich gelassen, sie waren allein.
    Jetzt, wo die Wärme und Sicherheit, die er in der Kirche gespürt hatte, von ihm abgefallen waren, fühlte sich Roger seltsam bloßgestellt, unterkühlt und verwundbar. Nur die Nerven, dachte er und umfaßte Briannas Arm fester. Der Moment war gekommen. Er holte tief Luft, und kühler Nebel füllte ihm die Brust.
    »Brianna.« Er zog sie am Arm, so daß sie ihn ansah, noch bevor sie stehengeblieben war, und ihr Haar schwang dabei langsam durch den gedämpften Lichtbogen der Straßenlaterne.

    Ein feiner Nebel aus Wassertröpfchen glitzerte auf ihrer Haut, glühte wie Perlen und Diamanten in ihrem Haar, und durch das Futter ihrer Jacke spürte er in der Erinnerung ihre bloße Haut, nebelkühl unter seinen Fingern, körperheiß in seiner Hand.
    Ihre Augen waren so groß und dunkel wie ein schottischer See, unter dessen Wellen sich Geheimnisse bewegten, halb gesehen, halb gespürt. Ein Kelpie , ja. Each urisge , ein Wasserpferd mit wehender Mähne und glänzender Haut. Und der Mann, der eine solche Kreatur berührt, ist verloren, für immer an sie gebunden, wird hinabgezogen, ertränkt in dem See, in dem es zu Hause ist.
    Plötzlich hatte er Angst, nicht um sich selbst, sondern um sie; als könnte etwas aus dieser Wasserwelt auftauchen, um sie zurückzureißen, fort von ihm. Er nahm ihre Hand, als wollte er sie zurückhalten. Ihre Finger waren kalt und feucht.
    »Ich will dich, Brianna«, sagte er leise. »Ich kann es nicht deutlicher ausdrücken. Ich liebe dich. Willst du mich heiraten?«
    Sie sagte nichts, doch ihr Gesicht veränderte sich - wie Wasser, wenn man einen Stein hineinwirft. Er sah es so klar wie sein Spiegelbild in einem Bergsee.
    »Du wolltest nicht, daß ich das sage.« Der Nebel hatte sich auf seine Brust gesenkt; er atmete Eis ein, und Kristallnadeln durchbohrten Herz und Lungen. »Du wolltest es nicht hören, oder?«
    Wortlos schüttelte sie den Kopf.
    »Aye. Gut.« Mühsam ließ er ihre Hand los. »Schon gut«, sagte er, überrascht über den ruhigen Klang seiner Stimme. »Mach dir nur keine Gedanken darüber, aye?«
    Er wandte sich zum Gehen, als ihre Hand auf seinem Ärmel ihn aufhielt.
    »Roger.«
    Es kostete ihn große Mühe, sich umzudrehen und ihr ins Gesicht zu sehen; er verspürte keinen Wunsch nach leeren Tröstungen, kein Bedürfnis zu hören, wie sie ihm halbherzig anbot, »Freunde zu bleiben«. Er glaubte nicht einmal, daß er es ertragen konnte, sie anzusehen, so niederschmetternd war das Gefühl des Verlustes. Doch er drehte sich dennoch um, und dann war sie plötzlich bei ihm, ihre Hände kalt auf seinen Ohren, als sie seinen Kopf nahm und ihren Mund fest auf den seinen preßte, weniger ein Kuß als blindes Wüten, ungeschickt und verzweifelt.
    Er ergriff ihre Hände, zog sie herab und schob Brianna weg.
    »Himmel, was ist das für ein Spiel?« Wut war besser als Leere, und er schrie sie auf der verlassenen Straße an.

    »Es ist kein Spiel. Du hast gesagt, du willst mich.« Sie schluckte Luft. »Ich will dich auch, weißt du das nicht? Habe ich das heute nachmittag im Flur nicht gesagt?«
    »Ich glaube es gehört zu haben.« Er starrte sie an. »Was zum Teufel meinst du?«
    »Ich meine - ich meine, ich will mit dir schlafen«, platzte sie heraus.
    »Aber du willst

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