Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
einen Bauernmarkt und ein Trockendock, sondern auch diverse Läden, wo Luxusgüter aus Europa genauso wie die vor Ort erzeugten Gebrauchsgüter feilgeboten wurden.
    »Bohnen, gut«, sagte Fergus. »Ich mag Bohnen, sogar in Massen.« Er schulterte den Jutesack und balancierte die sperrige Last aus. »Und Brot, natürlich brauchen wir Brot - und Mehl, Salz und Schmalz. Pökelfleisch, getrocknete Kirschen, frische Äpfel, alles schön und gut. Fisch, sicher doch. Ich sehe ein, daß Nadel und Faden ebenfalls vonnöten sind. Selbst die Haarbürste«, fügte er mit einem Seitenblick auf mein Haar hinzu, das, angestiftet von der Feuchtigkeit wüste Anstrengungen unternahm, meinem breitkrempigen Hut zu entfliehen. »Und die Arzneimittel aus der Apotheke, selbstverständlich. Aber Spitze ?«
    »Spitze«, sagte ich nachdrücklich. Ich steckte das kleine, in Papier gewickelte Paket mit drei Metern Brüsseler Spitze in den großen Korb. »Und breite Seidenbänder, jeweils einen Meter«, sagte ich zu dem schwitzenden Mädchen hinter der Ladentheke. »Rot - das ist für dich, Fergus, also beschwer dich nicht -, grün für Ian, gelb für Duncan und das ganz dunkle Blau für Jamie. Und es ist keine Extravaganz. Jamie will nicht, daß wir wie Lumpengesindel aussehen, wenn wir uns seinem Onkel und seiner Tante vorstellen.«
    »Was ist mit dir, Tante Claire?« fragte Ian grinsend. »Du willst doch bestimmt nicht als graue Maus gehen, während wir Männer die Dandys spielen, oder?«
    Halb entnervt, halb amüsiert stieß Fergus die Luft aus.
    »Das da«, sagte er und zeigte auf eine große Rolle in dunklem Rosa.
    »Aber das ist eine Farbe für ein junges Mädchen«, protestierte ich.
    »Eine Frau ist nie zu alt, um Rosa zu tragen«, erwiderte Fergus bestimmt. »Das habe ich die Damen oft genug sagen hören.« Ich hatte die Ansichten dieser Damen schon öfter zu hören bekommen, denn Fergus hatte seine Kindheit in einem Bordell verbracht - und seinen Erzählungen nach auch einen beträchtlichen Teil seines späteren Lebens. Ich hoffte sehr, daß er sich das jetzt, wo er mit Jamies Stieftochter verheiratet war, abgewöhnen würde, aber da Marsali auf Jamaika war, wo sie die Geburt ihres ersten Kindes erwartete, hatte ich meine Zweifel. Fergus war schließlich durch und durch Franzose.
    »Die Damen müssen es ja wissen«, sagte ich. »In Ordnung, das rosafarbene auch.«

    Schwer beladen mit Körben und Lebensmittelsäcken, bahnten wir uns einen Weg nach draußen. Es war heiß und drückend vor Feuchtigkeit, doch es kam ein Luftzug vom Fluß, und nach der Enge des Ladens erschien mir die Luft süß und erfrischend. Ich blickte zum Hafen, wo die Masten einiger kleiner Schiffe aufragten und sich sanft in der Strömung wiegten, und sah Jamie zwischen zwei Gebäuden hervortreten, dicht gefolgt von Rollo.
    Ian rief: »Hallo« und winkte. Rollo stürmte die Straße entlang und wedelte beim Anblick seines Herrn wie wild mit dem Schwanz. Um diese Tageszeit waren nur wenige Leute unterwegs, und die paar, die in der engen Straße zu tun hatten, preßten sich in weiser Voraussicht an die nächste Wand, um dem leidenschaftlichen Wiedersehen nicht im Weg zu sein.
    »Meine Güte«, sagte eine gedehnte Stimme irgendwo über mir. »Das ist der größte Köter, den ich je gesehen hab’.« Als ich mich umdrehte, sah ich einen Mann, der sich von der Vorderwand einer Kneipe löste und höflich den Hut vor mir zog.
    »Zu Euren Diensten, Ma’am. Ich will doch hoffen, daß er sich nichts aus Menschenfleisch macht, oder?«
    Ich sah zu dem Mann auf, der mich angesprochen hatte - und noch weiter auf. Ich verkniff mir die Bemerkung, daß er ja wohl der letzte sein dürfte, der Grund hatte, sich von Rollo bedroht zu fühlen.
    Der Fragesteller war einer der größten Männer, die ich jemals gesehen hatte, er war etliche Zentimeter größer als Jamie. Außerdem war er schlaksig und knochig, seine riesigen Hände baumelten in Höhe meiner Ellbogen, und der perlenverzierte Gürtel um seine Mitte war direkt vor meiner Brust. Ich hätte meine Nase in seinen Nabel stecken können, hätte ich das Bedürfnis verspürt, doch glücklicherweise war das nicht der Fall.
    »Nein, er frißt Fische«, versicherte ich meinem neuen Bekannten. Als er sah, wie ich den Hals reckte, ging er zuvorkommend in die Hocke, wobei seine Kniegelenke wie Gewehrschüsse knackten. Zwar hatte ich jetzt sein Gesicht vor mir, doch ich mußte feststellen, daß seine Gesichtszüge immer noch nicht zu sehen

Weitere Kostenlose Bücher